Hanna Veiler

Antisemitismus ist keine Meinung

Hanna Veiler Foto: privat

Hanna Veiler

Antisemitismus ist keine Meinung

Kommt Judenhass im Gewand der sogenannten Israelkritik daher, heißt es oft, man wolle nur den »offenen Diskurs« fördern

von Hanna Veiler  12.05.2022 09:55 Uhr

Es ist gerade einmal ein Jahr her, dass junge Jüdinnen und Juden einen der schlimmsten Monate erlebten. Im Mai 2021 war es infolge einer erneuten Eskalation der Situation in Israel und Gaza auf deutschen Straßen zu einer Reihe antisemitischer Vorfälle gekommen.

Viele jüdische Studierende und Aktivisten fragen sich nicht erst seitdem, in welchen Räumen sie sich noch vor antisemitischer Gewalt, egal ob verbaler oder körperlicher, sicher fühlen können. Fest steht leider, dass auch ein Teil der Lehreinrichtungen in Deutschland keinen Schutz vor dieser Gewalt bietet, sondern sie im Gegensatz fördert.

Dies zeigt sich gerade besonders in Freiburg, wo die Evangelische Hochschule (EH) kürzlich in die Kritik geraten ist. Dort findet jährlich das Festival »Dear White People« statt, das darum bemüht ist, sich gegen »jede Form von Diskriminierung auszusprechen und diese öffentlich zur Diskussion zu bringen«.

podiumsdiskussion Teil des Festivals sollte in diesem Jahr eine Podiumsdiskussion zur Lage in Nahost sein. Unter den Teilnehmern fanden sich unter anderem Vertreter der Organisationen »Palästina Spricht« sowie »Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost«. Dabei handelt es sich um Gruppen, die immer wieder mit israel- und judenfeindlichen Äußerungen in die Öffentlichkeit getreten sind. Im Ankündigungstext liest man, dass die Veranstaltung »einen offenen Diskurs und das Teilen unterschiedlicher Perspektiven« anregen wolle.

Zum Aufschrei kommt es, wenn überhaupt, nur dann, wenn Antisemitismus sich als offener Judenhass äußert.

Das Aussprechen antisemitischen Gedankenguts als das »Teilen unterschiedlicher Pers­pektiven« zu bezeichnen, ist Hohn in den Ohren vieler jüdischer Aktivisten. Wie oft muss man wiederholen, dass Antisemitismus keine Meinung ist?

Für uns ist dieser Vorfall ein weiteres Indiz dafür, wie schlecht es um das Verständnis von Antisemitismus in deutschen Bildungsinstitutionen steht. Zum Aufschrei kommt es, wenn überhaupt, nur dann, wenn Antisemitismus sich als offener Judenhass äußert. Kommt er aber im Gewand des israelbezogenen Antisemitismus daher, dann heißt es ganz schnell, man habe nur den »offenen Diskurs« fördern wollen.

Die Autorin ist Vizepräsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD).

Essay

Bitburg 1985: Plötzlich waren wieder die Juden schuld

Maram Stern über eine Zeit, als in Deutschland schon einmal versucht wurde, einen Schlussstrich zu ziehen

von Maram Stern  06.05.2025

Kommentar

Springt über euren Schatten!

Friedrich Merz ist schwer angezählt. Trotzdem sollten sich im zweiten Wahlgang alle Abgeordneten einen Ruck geben und ihn zum Kanzler wählen. Es geht um die Demokratie

von Michael Thaidigsmann  06.05.2025

Meinung

Völlig untragbar!

Die übermäßige Bevorzugung der Charedim ist eine Gefahr für Wohlstand und Wohlbefinden im jüdischen Staat

von Sabine Brandes  06.05.2025

Standpunkt

Schwestern im Geiste

Tel Aviv und Berlin sind nun endlich Partnerstädte. Das war längst überfällig

von Katharina Höftmann Ciobotaru  05.05.2025

Meinung

Noch Zweifel?

Auch vor der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextrem war ihre antidemokratische Haltung offenkundig. Jetzt muss das Verbotsverfahren gegen die Partei endlich in die Wege geleitet werden

von Monty Ott  02.05.2025

Meinung

Israelfeinde gegen Pressefreiheit

Journalisten sind immer häufiger Anfeindungen von »propalästinensischen« Aktivisten ausgesetzt. Das ist auch ein Angriff auf das Fundament unserer Gesellschaft

von Erica Zingher  02.05.2025

Meinung

Jesus, Katrin und die Pharisäer

Katrin Göring-Eckardt zeichnet in einem Gastbeitrag ein negatives Bild der Pharisäer zur Zeit von Jesus. Dabei war der selbst einer

von Thomas Wessel  01.05.2025

Meinung

Die Namen in die Welt schreien

24 junge Männer in der Gewalt der Hamas sind wahrscheinlich noch am Leben - sie können und müssen durch ein Abkommen gerettet werden

von Sabine Brandes  28.04.2025

Meinung

Die UN, der Holocaust und die Palästinenser

Bei den Vereinten Nationen wird die Erinnerung an den Holocaust mit der »Palästina-Frage« verbunden. Das ist obszön, findet unser Autor

von Jacques Abramowicz  25.04.2025