Interview

»Wir wollen die Neugier wieder wecken«

Doron Kiesel und Sabena Donath Foto: Rafael Herlich

Frau Donath, Herr Kiesel, das von Ihnen gemeinsam mit der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg konzipierte Projekt »WISSENSCHAFT ZUHAUSE / MADA BA-BAYIT« ist mit zwei Online-Vorträgen angelaufen. Sind Sie mit dem Auftakt zufrieden?
Sabena Donath: Wir haben durchgehend knapp 100 Live-Zuschauer gehabt. Die ersten Veranstaltungen, »Jüdische Superheld:innen. Zwischen Popkultur und Identitätspolitik« und »Minderheiten in Israel. Nicht-jüdisches Leben im jüdischen Staat«, hatten auf YouTube bisher insgesamt mehr als 1000 Klicks. Damit sind wir sehr zufrieden – wenn man bedenkt, dass im Moment die Biergärten wieder geöffnet sind und das Wetter gut ist.

Was ist das Ziel der Vortragsreihe?
Sabena Donath: Wir möchten kurze, kompakte Formate anbieten, in die man reinschauen kann, ohne sich einen ganzen Tag Zeit nehmen zu müssen. Das ist die Idee: interessante, nicht alltägliche Themen, zugeschnitten auf ein knappes, unter 90-minütiges Format, das Interesse auf mehr weckt.

Ist der Bedarf an wissenschaftlicher Vertiefung in der gegenwärtigen Krise gewachsen?
Doron Kiesel: Die Neugier auf Wissenschaft ist in der Corona-Zeit sowohl erlahmt als auch gestiegen. Es ist eine doppelte Bewegung. Menschen sind in dieser langen Durststrecke in mancher Hinsicht entwöhnt worden, gerade, was das akademische Lernen anbetrifft. Wir wollen diese Neugier wieder wecken.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Was hat Sie zur Kooperation mit der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg bewogen?
Doron Kiesel: Aus unserer Perspektive ist es eine logische Kooperation mit einer Schwesterinstitution. Die Bildungsabteilung und die Hochschule sind Einrichtungen des Zentralrats der Juden in Deutschland. Insofern gibt es eine ganze Reihe von Berührungspunkten. In dieser Kooperation können wir uns gemeinsam an die Öffentlichkeit wenden, die uns einerseits kennenlernt und auf der anderen Seite Themen erfährt, mit der die Hochschule umgeht. 

Wer unterstützt die Reihe darüber hinaus?
Sabena Donath: Wir haben eine große Unterstützung von Vera Szackamer und Harry Schnabel erfahren, die im Präsidium des Zentralrats der Juden für die Bildungsabteilung und die Jüdische Akademie in spe verantwortlich sind. Auch Barbara Traub, Kuratoriumsvorsitzende der Hochschule für Jüdische Studien und Präsidiumsmitglied des Zentralrats, hat uns unterstützt. Sie flankieren diese Veranstaltungsreihe nicht nur mit Grußworten, sondern auch inhaltlich und auch in der Kooperation.

Wie kommen die Themen der Online-Vorträge zustande?
Doron Kiesel: Die Veranstaltungen, die bisher liefen, sollen besondere, neue Perspektiven eröffnen. Dadurch, dass Frederek Musall als Philosoph sehr stark ästhetische Aspekte im kulturellen Kontext heraushebt, ist das ein origineller Beitrag, der in eine noch nicht so bekannte Debatte einführt. Das Gleiche gilt für Johannes Becke, der sich als Politologe und Historiker sehr ausführlich mit dem Nahostkonflikt auseinandersetzt. Er spricht sehr gut Hebräisch und Arabisch und hat sich mit den nichtjüdischen Minderheiten in Israel vertraut gemacht. Das sind Themen, die für unsere Zielgruppen, wie auch für die Studierenden an der Hochschule für Jüdische Studien, interessant sind.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Bleiben digitale Formate auch nach dem Abklingen der Pandemie für Ihre Arbeit wichtig?
Sabena Donath: Wir und unsere Teilnehmenden vermissen die Präsenzveranstaltungen. Da wir noch kein Haus haben, ist es manchmal für uns nicht möglich, eine Abendveranstaltung zu organisieren. Unsere Formate sind in der Regel mehrtägig. Wir konnten mit dem digitalen Format schon etwas skizzieren, was nach der Eröffnung der Jüdischen Akademie möglich sein wird, nämlich kürzere Tages- und Abendveranstaltungen zu machen, die mit sich bringen, dass viele Menschen verschiedene Angebote wahrnehmen können.

Wie geht die digitale Vortragsreihe weiter?
Sabena Donath: Die nächsten Vorträge setzen sich mit jüdischer Mystik und biblischen Figuren in der deutschen und israelischen Literatur auseinander. Weiterhin werden wir uns mit dem Verhältnis zwischen Hebräisch und Jiddisch sowie der jüdischen und israelischen Kunst beschäftigen.

Mit der Leiterin und dem wissenschaftlichen Direktor der Bildungsabteilung des Zentralrats der Juden in Deutschland sprach Eugen El.

Erinnerungskultur

»Algorithmus als Chance«

Susanne Siegert über ihren TikTok-Kanal zur Schoa und den Versuch, Gedenken neu zu denken

von Therese Klein  07.11.2025

Erinnerung

Stimmen, die bleiben

Die Filmemacherin Loretta Walz hat mit Überlebenden des KZ Ravensbrück gesprochen – um ihre Erzählungen für die Zukunft zu bewahren

von Sören Kittel  07.11.2025

New York

Kanye West bittet Rabbi um Vergebung

Der gefallene Rapstar Kanye West hat sich bei einem umstrittenen Rabbiner für seine antisemitischen Ausfälle entschuldigt

 07.11.2025

Rezension

Mischung aus Angst, alptraumhaften Erinnerungen und Langeweile

Das Doku-Drama »Nürnberg 45« fängt die Vielschichtigkeit der Nürnberger Prozesse ein, erzählt weitgehend unbekannte Geschichten und ist unbedingt sehenswert

von Maria Ossowski  07.11.2025

Interview

Schauspieler Jonathan Berlin über seine Rolle als Schoa-Überlebender und Mengele-Straßen

Schauspieler Jonathan Berlin will Straßen, die in seiner Heimat Günzburg nach Verwandten des KZ-Arztes Mengele benannt sind, in »Ernst-Michel-Straße« umbenennen. Er spielt in der ARD die Rolle des Auschwitz-Überlebenden

von Jan Freitag  07.11.2025

Paris

Beethoven, Beifall und Bengalos

Bei einem Konzert des Israel Philharmonic unter Leitung von Lahav Shani kam es in der Pariser Philharmonie zu schweren Zwischenfällen. Doch das Orchester will sich nicht einschüchtern lassen - und bekommt Solidarität von prominenter Seite

von Michael Thaidigsmann  07.11.2025

TV-Tipp

Ein Überlebenskünstler zwischen Hallodri und Held

»Der Passfälscher« ist eine wahre und sehenswerte Geschichte des Juden Cioma Schönhaus, der 1942 noch immer in Berlin lebt

von Michael Ranze  07.11.2025

Provenienzforschung

Alltagsgegenstände aus jüdischem Besitz »noch überall« in Haushalten

Ein Sessel, ein Kaffeeservice, ein Leuchter: Nach Einschätzung einer Expertin sind Alltagsgegenstände aus NS-Enteignungen noch in vielen Haushalten vorhanden. Die Provenienzforscherin mahnt zu einem bewussten Umgang

von Nina Schmedding  07.11.2025

Interview

»Mascha Kaléko hätte für Deutschland eine Brücke sein können«

In seinem neuen Buch widmet sich der Literaturkritiker Volker Weidermann Mascha Kalékos erster Deutschlandreise nach dem Krieg. Ein Gespräch über verlorene Heimat und die blinden Flecken der deutschen Nachkriegsliteratur

von Nicole Dreyfus  07.11.2025