NS-Raubkunst

»Wir stellen uns unserer Geschichte«

Das Gemälde »Pferdeschwemme« von Karl Scheld wurde während der NS-Zeit einer jüdischen Familie geraubt und gelangte über das Finanzamt Darmstadt zum Landesmuseum Mainz. Foto: dpa

Das Mainzer Landesmuseum hat die Geschichte von Kunstwerken in seinem Bestand aufgearbeitet, die in der NS-Zeit jüdischen Familien geraubt worden waren. Zum Abschluss eines dreijährigen Forschungsprojekts zeigt das Museum vom 17. Februar bis zum 28. April die Sonderausstellung Betrifft: Erwerb aus jüdischem Besitz.

Im Bestand des Museums befinden sich 61 Gemälde, rund 160 Graphik-Sammlungen sowie Möbelstücke und andere kleinere Kunstgegenstände, die bei jüdischen Familien aus der Region beschlagnahmt worden waren. Darunter auch das berühmte Werk Pferdeschwemme von Karl Scheld (um 1923).

DEPORTATIONEN »Das Landesmuseum stellt sich einem schwierigen Kapitel seiner Geschichte«, erklärte Museumsdirektorin Birgit Heide am Freitag. Das Landesmuseum hatte die Kunstwerke zwischen 1941 und 1943 von der Reichsfinanzverwaltung erhalten. Zuvor hatte das NS-System verfügt, dass der komplette Besitz ins Ausland geflüchteter Juden an den Staat fallen sollte. Dies galt auch für die Opfer der Deportationen in die deutschen Vernichtungslager.

Über 200 Werke wurden von jüdischen Familien aus der Region beschlagnahmt.

Schon kurz nach Kriegsende waren die aus jüdischem Besitz geraubten Werke von Museumsmitarbeitern mit besonderen Inventarnummern versehen worden, weil ihre Herkunft bereits damals bekannt war. »Die problematische Herkunft war schon lange bewusst«, sagte die Ausstellungskuratorin Emily Löffler.

ERBEN Zu Rückgaben an die eigentlichen Besitzer oder Erben sei es jedoch nur in Ausnahmefällen gekommen. Auch im Rahmen des aktuellen Forschungsprojekts gelang es in den meisten Fällen nicht, rechtmäßige Erben aufzufinden. Auch die letzten Besitzer hätten nicht in jedem Fall aus den Akten zu ermittelt werden können, erklärte Museumsdirektorin Heide.

Die Mainzer Kulturdezernentin Marianne Grosse (SPD) versicherte, in allen Fällen, in denen sich die Eigentumsverhältnisse klären ließen, sei die Stadt zu einer Rückgabe bereit. Die fraglichen Kunstwerke waren zunächst an die damals noch eigenständige städtische Mainzer Gemäldegalerie gefallen und später von der Stadt als Dauerleihgabe an das Landesmuseum übergeben worden.

»Ich bin sehr gerührt, dass jetzt wieder etwas zu sehen ist«, sagt der Zeitzeuge.

In der Ausstellung wird auch das Schicksal einiger jüdischer Familien nachgezeichnet, die von den Nationalsozialisten enteignet worden waren. So befand sich lange Zeit eine wertvolle alte Kommode in der Dauerausstellung des Museums, die einst dem in Auschwitz ermordeten Mainzer Teppichhändler Felix Ganz gehört hatte. Dessen Urenkel Adam Ganz war vom Museum kontaktiert worden und erfuhr dadurch, dass Gegenstände aus dem Besitz der Familie sich noch in Mainz befinden.

Der nicht ins Ausland emigrierte Teil seiner Familie sei komplett ausgelöscht worden, sagte Ganz, der für die Ausstellung aus Großbritannien nach Rheinland-Pfalz gekommen war: »Ich bin sehr gerührt, dass jetzt wieder etwas zu sehen und anzufassen ist.« Wie die Familie mit der Kommode umgehen wird, müsse er noch besprechen: »Man kann sie ja nicht zerteilen. Momentan finde ich es am besten, dass sie hier ist.«  epd/ja

http://www.landesmuseum-mainz.de/ausstellungen/betrifft-erwerb-aus-juedischem-besitz/

Essen

Festival jüdischer Musik mit Igor Levit und Lahav Shani

Der Festivalname »TIKWAH« (hebräisch für »Hoffnung«) solle »ein wichtiges Signal in schwierigen Zeiten« setzen, hieß es

 15.09.2025

Bremen

Seyla Benhabib erhält den Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken

Die Jury würdigte Benhabib als »herausragende politische und philosophische Intellektuelle«

 15.09.2025

Eurovision

Israel hält nach Boykottaufrufen an ESC-Teilnahme fest

Israel will trotz Boykott-Drohungen mehrerer Länder am Eurovision Song Contest 2026 teilnehmen. Wie andere Länder und Veranstalter reagieren

 15.09.2025

Antisemitismusskandal

Bundespräsident trifft ausgeladenen Dirigenten Shani

Nach dem Eklat um eine Ausladung der Münchner Philharmoniker in Belgien hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den künftigen israelischen Chefdirigenten Lahav Shani ins Schloss Bellevue eingeladen

von Anne Mertens  15.09.2025

Literatur

Ein Funke Hoffnung

Rafael Seligmann hält Deutschland derzeit nicht für den richtigen Ort einer Renaissance jüdischen Lebens. Trotzdem gibt er die Vision nicht auf. Ein Auszug aus dem neuen Buch unseres Autors

von Rafael Seligmann  15.09.2025

Los Angeles

»The Studio« räumt bei den Emmys 13-fach ab

Überraschende Sieger und politische Statements: Ausgerechnet eine jüdische Darstellerin ruft eine israelfeindliche Parole

von Christian Fahrenbach  15.09.2025

Freiburg im Breisgau

»Keine Schonzeit für Juden«: Neues Buch von Rafael Seligmann

Antisemitismus, der 7. Oktober 2023, ein Umzug von Tel Aviv nach München in den 1950er Jahren und ein bewegtes Leben: Der Historiker streift und vertieft in seinem aktuellen Werk viele Themen

von Leticia Witte  15.09.2025

Kino

Für Hermann Göring lernte Russell Crowe Deutsch

Crowe spielt den Nazi-Verbrecher in »Nuremberg«, einem packenden Thriller über die Nürnberger Prozesse

von Manuela Imre  14.09.2025 Aktualisiert

Nach Antisemitismus-Eklat

Lahav Shani wird im Ruhrgebiet begeistert empfangen

Den Auftritt in Essen besuchte auch Belgiens Premier Bart De Wever

 14.09.2025 Aktualisiert