Theater

»Vögel« wieder auf der Bühne

Eine Szene aus »Vögel« von Wajdi Mouawad in Berlin. Regie führte Robert Schuster. Foto: JR Berliner Ensemble

Mehrere Wochen nach der Auseinandersetzung um das Theaterstück Vögel des libanesisch-kanadischen Autors Wajdi Mouawad in München hat das Berliner Ensemble (BE) das Stück am vergangenen Wochenende gezeigt und will es am 1. April erneut aufführen.

Vögel wird in Berlin viersprachig (Hebräisch, Arabisch, Deutsch und Englisch) präsentiert, mit hervorragenden Schauspielern, die in Israel, Syrien, der Schweiz und Deutschland geboren wurden.

COUCH Nach der BE-Premiere im Januar 2022 hatte die »Berliner Morgenpost« die »virtuose Überwindung der babylonischen Sprachverwirrung« gelobt, aber auch geschrieben, »überpräsent« sei »die Militärmacht Israel, immer wieder schallen Geräusche von Luftangriffen durch den Raum«. In Deutschland treffe das Stück »einen Nerv, denn es wird landauf, landab aufgeführt«. Vögel gehöre »auf Sigmund Freuds Couch«.

Die Inszenierung im Metropoltheater München wurde von jüdischen Studierendenverbänden wegen des »Ausmaßes des darin zur Schau getragenen Antisemitismus« kritisiert.

Die Inszenierung des Stücks im Metropoltheater München war 2022 von jüdischen Studierendenverbänden wegen des »Ausmaßes des darin zur Schau getragenen Antisemitismus« kritisiert worden. Danach wurden die Aufführungen ausgesetzt. Der Verlag der Autoren, der Vögel in Deutschland vertreibt, wies Vorwürfe gegen das Stück zurück. Es war 2017 in Paris uraufgeführt worden. Später geriet es unter anderem deshalb ins Visier von BDS-Aktivisten, weil es am Cameri-Theater in Tel Aviv lief.

FAMILIE Vögel wird derzeit auch am Theater Lüneburg gespielt. Im Stück verlieben sich die Araberin Wahida und der Jude Eitan, der in Israel bei einem Terroranschlag verletzt wird. Am Krankenbett zeigt sich die Dysfunktionalität der jüdischen Familie – denn Eitans Vater David ist in Wahrheit ein Palästinenser, der 1967 als Baby von einem Schoa-Überlebenden geraubt und als Jude großgezogen wurde.

Eitans Familie weigert sich, Wahida zu akzeptieren – die Reaktion der arabischen Familie auf einen jüdischen Schwiegersohn ist im Stück nicht überliefert. Schließlich trennt sich Wahida von Eitan und kehrt nach Ramallah zurück.

Eitans Familie weigert sich, Wahida zu akzeptieren – die Reaktion der arabischen Familie auf einen jüdischen Schwiegersohn ist im Stück nicht überliefert.

Für die BE-Aufführung wurden einige vulgäre und brisante Passagen gestrichen, doch die Frage von Eitan blieb: »Wenn Traumata Spuren in den Genen hinterließen, die wir unseren Kindern vererben, glaubst du, unser Volk ließe dann heute ein anderes die Unterdrückung erleiden, die es selbst erlitten hat?«

FIGUREN Nach der Aufführung sagte die Autorin Eva Menasse in einer Diskussion im BE: Das, was eine Romanfigur sage, sei nicht »das, was ich denke.« Und Gelächter an »falschen Stellen« im Theater sei nicht unbedingt das Problem der Inszenierung, sondern oft auch des Publikums. Menasse hatte 2022 in Zusammenhang mit der documenta in der »Zeit« geschrieben, die Antisemitismus-Debatte sei eine »fehlgeleitete, hysterische Pein«.

»Vögel« geriet unter anderem deshalb ins Visier von BDS-Aktivisten, weil es am Cameri-Theater in Tel Aviv lief.

Die Israelin Hadar Dimant verkörpert in Vögel im BE eine israelische Soldatin, die Wahida brutal durchsucht und sie dann auf den Mund küsst. Als Schauspielerin habe sie sich gefragt, wie diese Rolle in Deutschland wahrgenommen wird. Sie habe dann aber beschlossen, nicht über die Figur zu urteilen, sagte Dimant.

Film

Spannend, sinnlich, anspruchsvoll: »Der Medicus 2«

Nach zwölf Jahren kommt nun die Fortsetzung des Weltbestsellers ins Kino

von Peter Claus  21.12.2025

Glosse

Das kleine Glück

Was unsere Autorin Andrea Kiewel mit den Produkten der Berliner Bäckerei »Zeit für Brot« in Tel Aviv vereint

von Andrea Kiewel  20.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Ab jetzt nur noch mit Print-Abo oder Es gibt viele Gründe, auf 2026 anzustoßen

von Katrin Richter  20.12.2025

Musik

Louis-Lewandowski-Festival hat begonnen

Der Komponist Louis Lewandowski hat im 19. Jahrhundert die jüdische Synagogenmusik reformiert. Daran erinnert bis Sonntag auch dieses Jahr ein kleines Festival

 18.12.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Bettina Piper, Imanuel Marcus  18.12.2025

Ausstellung

Pigmente und Weltbilder

Mit »Schwarze Juden, Weiße Juden« stellt das Jüdische Museum Wien rassistische und antirassistische Stereotype gleichermaßen infrage

von Tobias Kühn  18.12.2025

Kulturkolumne

Vom Nova-Festival zum Bondi Beach

Warum ich keine Gewaltszenen auf Instagram teile, sondern Posts von israelischen Künstlern oder Illustratorinnen

von Laura Cazés  18.12.2025