Nachruf

Utopien in Beton

Oscar Niemeyer (1905–2012) Foto: dpa

»Viel wichtiger als die Architektur ist das Leben, sind die Freunde und diese ungerechte Welt, die wir verändern müssen!« Das war die Überschrift seines Lebens. Oscar Niemeyer hatte sie täglich durch sein Atelierfenster an der Avenida Atlântica in Rio de Janeiro vor Augen: die Frauen, die Wellen, die Bucht, die Berge an der Copacabana. Es war der große Le Corbusier, der ihm, dem Bürgersohn und Bohemien, an der Kunstakademie die Augen geöffnet hatte. Seither zeichnete und strichelte Oscar Ribeiro de Almeida Niemeyer Soares Filho seine Bauten frei aus der Hand, ohne Lineal.

brasilia Denn er war ein Künstler, ein Schöpfer und kein Rechenknecht. Seine Knete war der Beton. Daraus modellierte er seine Bauten und einmal eine ganze Stadt: Brasília, die Hauptstadt der Moderne, die viel gelobte Metropole des Dritten Jahrtausends. In nur 1000 Tagen wurde sie aus dem roten Steppenboden gestampft und am 21. April 1960 als »Metropole des Dritten Jahrtausends« geweiht. Nie zuvor hatte ein Architekt schöpferisch so freie Hand gehabt, eine Utopie in Beton zu gießen, gewissermaßen lieber Gott zu spielen und eine Stadt für 400.000 Bewohner bis ins kleinste Detail zu planen. Brasília gleicht bis heute einem Gesamtkunstwerk. 1987 wurde die Stadt von der UNO zum Kulturerbe der Menschheit erhoben

Der brasilianische Staatsbaumeister Oscar Niemeyer war auch Kommunist Darüber ließ er nicht mit sich diskutieren. Architektur hieß für ihn nicht, Häuser zu errichten und Profit zu maximieren. Architektur hieß, die Zukunft zu bauen, Zeichen zu setzen, die Welt verändern: »Ich hasse diese Spezialisten, diese Fliegenbeinzähler, die sich nicht um das Elend in der Welt kümmern!« Die Zentrale der KP Frankreichs in Paris hat er erbaut, das brasilianische Verteidigungsministerium, unzählige Ministerien, Museen und Monumente, das Sambodrome in Rio de Janeiro. Niemeyers Werkkatalog war so umfangreich wie sein Leben lang.

Oscar Niemeyer, 1907 als Nachfahre eingewanderter deutscher Juden in Rio de Janeiro geboren, ist dort am 5. Dezember im Alter von 104 Jahren gestorben. Seine Denkmäler hat er sich schon zu Lebzeiten gesetzt .

Andrea Kiewel

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