Blog

Urgroßvaters Grab

Yali Sobol besucht Deutschland im Rahmen der Deutsch-Israelischen Literaturtage das erste Mal. Für die Jüdische Allgemeine schreibt er an dieser Stelle, wie dieser Besuch auf ihn wirkt – in Worten, Bildern oder mit Musik.

Wir sind keine Familie, die viel gedenkt. Wir besuchen keine Gräber an Jahrestagen – darin sehen wir keinen Sinn. Und offen gesagt, keiner unserer Lieben, die verstorben sind, hat sich darüber beschwert.

Allerdings war das Erste, was ich in Berlin gemacht habe, mit meinen Eltern, die mich auf meiner Reise begleiten, auf den jüdischen Friedhof zu gehen, um das Grab meines Urgroßvaters zu besuchen. Ich habe keinen großen Gefühlsausbruch erwartet, aber es fühlte sich schon irgendwie anders und neu an.

Schwarzes Loch Ehrlich gesagt, ich wusste bislang nichts über die Vorfahren meiner Großeltern – das war eine Art schwarzes Loch. Das ist für einen Israeli nichts Ungewöhnliches, so wie für die meisten Juden. Einige von uns wissen nichts über die Großeltern, außer, dass sie in einem fernen Land einen furchtbaren Tod starben.

Es bedurfte einiger Recherche, um dieses Grab ausfindig zu machen. Wie sich herausstellte, wurde der Leichnam meines Urgroßvaters aus irgendeinem unerfindlichen Grund von den Nazis von Spandau nach Weißensee gebracht. Seltsamerweise haben sie sogar tote Juden nicht in Ruhe gelassen.

Kippa Nun standen wir also da und gaben ein komisches Bild ab, mein Vater und ich, beide mit einer Kippa. Wir tragen nie eine, aber so sind nun einmal die Friedhofsregeln. Jedenfalls sah mein Vater aus wie ein Priester.

Ich fragte meine Mutter, was Max, mein Urgroßvater, gearbeitet hatte. Sie sagte, er hatte ein Tabakgeschäft. Dann fragte ich meinen Vater zum allerersten Mal, was denn sein Großvater beruflich gemacht habe. Und er sagte, er sei ein Experte im Tabakanbau gewesen. Wenn das keine Fügung gewesen ist.

Würzburg

Barbara Honigmann erhält Jehuda-Amichai-Literaturpreis

Den Förderpreis erhält die Ukrainerin Marianna Kijanowska

 20.09.2024

Lesen!

»Fenster in der Nacht«

Eine Graphic Novel von Neal Shusterman und dem amerikanischen Comiczeichner Andrés Vera Martínez

von Katrin Diehl  20.09.2024

Berlin

»Autor, Friedensaktivist, Ikone«

Die erste Biografie zu Amos Oz erscheint

von Leticia Witte  20.09.2024

Kino

Die Frau in Hitlers Badewanne

Lee Miller war Model, Muse und Kriegsreporterin. Was sie sah, nahm ihr den Weg zurück in ihr altes Leben

von Sophie Albers Ben Chamo  20.09.2024

Fernsehen

Viele Jahre bis zum großen »Hallelujah«

Arte zeigt ein sehr sehenswertes Porträt des kanadischen Sängers Leonard Cohen

von Ulrich Kriest  20.09.2024 Aktualisiert

Interview

»Dieses Land hat keine Zeit«

Die Fotojournalistin Sara Klatt über Israel, ihren ersten Roman und Namen als Identitäten

von Joshua Schultheis  19.09.2024

Heidelberg

Andreas Brämer wird neuer Leiter der Hochschule für Jüdische Studien

Der Judaist löst im Oktober Werner Arnold ab

 18.09.2024

Zahl der Woche

10 Medaillen

Fun Facts und Wissenswertes

 18.09.2024

Bonn

Ausstellung »Nach Hitler« im Haus der Geschichte

Heute wird die Schau eröffnet

von Christoph Driessen  18.09.2024