Deutsche Oper Berlin

Unten Tragödie, oben Leichtigkeit

Die Inszenierung von Giacomo Meyerbeers Grand Opéra mit ihren Massenszenen ist ein Kraftakt: »Die Regie hat mich fast getötet«, sagt der amerikanische Regisseur David Alden, der das 1836 in Paris uraufgeführte Werk jetzt in der Deutschen Oper Berlin auf die Bühne bringt. Die Hugenotten seien wie »drei Operetten, zwei Tragödien und danach ein Massaker«.

Die Oper über die blutige Bartholomäusnacht 1572 hat eine wechselhafte Geschichte: Im 19. Jahrhundert wurde das Hauptwerk von Meyerbeer (1791–1864) vergöttert und rund 1.000 Mal gespielt, ein Jahrhundert später geschmäht. Langsam beginnt eine Wiederentdeckung des Künstlers, die an der Deutschen Oper mit einem Meyerbeer-Zyklus zelebriert wird. Aldens Hugenotten feiern am 13. November Premiere.

krieg Die Oper in fünf Akten thematisiert einen großen historischen Stoff: Das Gemetzel der Bartholomäusnacht gilt als zentrales Ereignis der Hugenottenkriege. Vom 23. auf den 24. August 1572 wurden mutmaßlich auf Befehl der Königinmutter Katharina von Medici tausende französische Protestanten von katholischen Kämpfern ermordet. Das Massaker an den Hugenotten und die anhaltenden Religionskämpfe zeigten auch: Frankreich war für die Reformation, deren 500. Jubiläum derzeit begangen wird, nicht zu gewinnen.

Parallel zum Geschichtlichen sind Die Hugenotten eine Liebesgeschichte a la Romeo und Julia: Der Hugenottenführer Raoul (Juan Diego Flórez) und Valentine (Olesya Golovneva), Tochter des katholischen Grafen und Hugenottenhassers Saint-Bris (Derek Welton), verlieben sich – natürlich ohne Happy End.

Die vierstündige Inszenierung von Regiestar Alden braucht eine große Bühne, Meyerbeer war ein Meister des großen Entertainments und protokollierte die Bartholomäusnacht zudem von Anfang an. »Die Grand Opéra ist ein Massenspektakel«, sagt Chefdramaturg Jörg Königsdorf.

Das wird beim Besuch der Proben des zweiten Aktes deutlich: Allein der Plan von Königin Marguerite (Patrizia Ciofi), Valentine und Raoul zu vermählen und die Konfessionen so zu versöhnen, sowie Raouls erste Zurückweisung der Braut, sind opulent präsentiert. Mit dem das Volk darstellenden Chor sind teilweise mehr als 60 Menschen auf der Bühne. Der Chor werde zunehmend zum Motor der Handlung, sagt Königsdorf. »Einzelne Personen sind ihm ausgeliefert wie einem Tsunami.«

ernst und komik Während Alden nachgesagt wird, eher düster zu inszenieren, nannte dieser sich selbst in einem Interview auch einen »lustigen Inszenator des Komischen«. Die Hugenotten scheinen so gesehen perfekt für ihn. Die Grand Opéra, als dessen Finder und Vollender Meyerbeer gilt, kombiniert nicht nur lyrische Arien und monumentale Szenen und setzt auf überraschende Wendungen, sondern mischt auch Ernst und Komik.

Da erkennt man in Die Hugenotten das damalige Pariser Lebensgefühl, als die Opern noch Kurtisanen-Logen hatten. Doch zugleich bahnt sich bereits etwas Furchtbares an. »Unten die Tragödie und oben die Leichtigkeit«, sagt Alden. Man müsse das Paris des 19. Jahrhunderts im Kopf haben, um zu verstehen, wieso eine Oper trotz tragischer Geschichte frivol-kokette Töne anschlage, erklärt der Dramaturg.

Meyerbeer, der 1933 von den Nazis verboten und von Richard Wagner verhöhnt wurde, ist übrigens ein Berliner Kind, auch wenn er seinen künstlerischen Mittelpunkt nach Paris verlegte. Begraben ließ er sich wieder auf dem Jüdischen Friedhof in Prenzlauer Berg. Auch mit Blick auf die Wurzeln des Komponisten sieht sich die Deutsche Oper in der Pflicht, die Meyerbeer-Renaissance voranzutreiben.

Ihr weltweit einmaliger Meyerbeer-Zyklus startete 2015 mit Vasco da Gama, in der Saison 2017/18 soll Der Prophet folgen. Dass man sich grundsätzlich wieder auf seine Stücke besinne, liege an der Thematik, sagt Königsdorf. Meyerbeers Hauptthema war der religiöse Fanatismus – der Aktualitätsbezug ist deutlich.

Die Premiere an der Deutschen Oper Berlin findet am 13. November um 20 Uhr statt.

www.deutscheoperberlin.de

Justiz

Gericht: Melanie Müller zeigte mehrmals den Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was im Berufungsverfahren zur Debatte steht

von André Jahnke  14.12.2025

Feiertage

Weihnachten mit von Juden geschriebenen Liedern

Auch Juden tragen zu christlichen Feiertagstraditionen bei: Sie schreiben und singen Weihnachtslieder

von Imanuel Marcus  14.12.2025

Nachruf

Trauer um Hollywood-Legende Arthur Cohn

Arthur Cohn war immer auf der Suche nach künstlerischer Perfektion. Der Schweizer Filmproduzent gehörte zu den erfolgreichsten der Welt, wie seine Oscar-Ausbeute zeigt

von Christiane Oelrich  12.12.2025

Computerspiel

Lenny Kravitz wird James-Bond-Bösewicht

Als fieser Schurke will der Musiker im kommenden Jahr dem Agenten 007 das Leben schwer machen – allerdings nicht auf der Kinoleinwand

 12.12.2025

Berlin

Jüdisches Museum bekommt zusätzliche Förderung

Das Jüdische Museum in Berlin gehört zu den Publikumsmagneten. Im kommenden Jahr feiert es sein 25. Jubiläum und bekommt dafür zusätzliche Mittel vom Bund

 12.12.2025

Aufgegabelt

Latkes aus Dillgürkchen

Rezepte und Leckeres

 12.12.2025

Kulturkolumne

Lieber Chanukka als Weihnachtsstress?

Warum Juden es auch nicht besser haben – was sich spätestens an Pessach zeigen wird

von Maria Ossowski  12.12.2025

Kommerz

Geld oder Schokolade?

Der Brauch, an den Feiertagen um Münzen zu spielen, hat wenig mit den Makkabäern oder dem traditionellen Chanukkagelt zu tun. Der Ursprung liegt woanders

von Ayala Goldmann  12.12.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Singend durch Paris oder Warum unser Chanukka-Song der beste ist

von Nicole Dreyfus  12.12.2025