Literatur

Trauer um Walter Kaufmann

Von Berlin über Großbritannien nach Australien und zurück: Walter Kaufmann Foto: imago

Literatur

Trauer um Walter Kaufmann

Der Schriftsteller starb 97-jährig in Berlin

von Sophia-Caroline Kosel  16.04.2021 11:03 Uhr

Der Schriftsteller Walter Kaufmann, der unter anderem in der DDR und in Australien lebte, ist tot. Er sei am Donnerstag im Alter von 97 Jahren in Berlin gestorben, teilten die Berliner Regisseure Karin Kaper und Dirk Szuszies im Auftrag der Familie mit. Die beiden haben einen Kino-Dokumentarfilm über das Leben von Kaufmann gedreht, den sie derzeit fertigstellen. Walter Kaufmann - Welch ein Leben! soll voraussichtlich im Herbst in die Kinos kommen.

Kindertransport Kaufmann war 1924 als Sohn einer jungen polnischen Jüdin in Berlin zur Welt gekommen. Drei Jahre später adoptierte ihn ein wohlhabendes Duisburger Ehepaar. Kaufmann war 15 Jahre alt, als er mit einem der letzten jüdischen Kindertransporte Nazi-Deutschland in Richtung England verlassen konnte. Er wurde dort interniert und nach Australien gebracht, wo er noch fast zwei Jahre in einem Internierungslager verbringen musste.

Danach verdiente er in Australien unter anderem als Obstpflücker, Seemann, Gelegenheitsfotograf und Soldat seinen Lebensunterhalt. Seine ersten noch in Australien entstandenen Geschichten waren an die amerikanischen Short-Stories angelehnt. Sein Roman-Debüt Stimmen im Sturm, eine Aufarbeitung der Kindheitserinnerungen, lag zuerst in englischer Sprache vor.

Bücher Als Kaufmann Mitte der 50er-Jahre zurückkehrte, entschied er sich für die DDR in der Hoffnung auf ein »besseres Deutschland«. Er behielt seinen australischen Pass, durfte als Journalist und Schriftsteller ausreisen und verarbeitete diese Erfahrungen in zahlreichen Reportagen und Büchern. Er war mit der Schauspielerin Angela Brunner verheiratet, die Schauspielerin Deborah Kaufmann ist ihre gemeinsame Tochter.

Von 1985 bis 1993 war Kaufmann Generalsekretär des ostdeutschen PEN-Zentrums. Rund 20 Bücher, Romane, Erzählungen oder Reisereportagen sind bis zum Mauerfall von ihm erschienen. Nach der Wende stand der im Osten viel gelesene Schriftsteller dann zunächst ohne Verlag da.

Bis zuletzt habe er am politischen Weltgeschehen regen Anteil genommen und sei schriftstellerisch tätig gewesen, so die Berliner Regisseure. In den letzten Jahren erschienen etwa Im Fluß der Zeit, Meine Sehnsucht ist noch unterwegs und Gibt es dich noch, Enrico Spoon?. Er wurde unter anderem mit dem Heinrich-Mann-Preis, dem australischen Mary Gilmore Award und dem Literaturpreis Ruhr ausgezeichnet.

Lesen Sie einen ausführlichen Nachruf auf Walter Kaufmann in unserer nächsten Print-Ausgabe.

Film

Spannend, sinnlich, anspruchsvoll: »Der Medicus 2«

Nach zwölf Jahren kommt nun die Fortsetzung des Weltbestsellers ins Kino

von Peter Claus  21.12.2025

Glosse

Das kleine Glück

Was unsere Autorin Andrea Kiewel mit den Produkten der Berliner Bäckerei »Zeit für Brot« in Tel Aviv vereint

von Andrea Kiewel  20.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Ab jetzt nur noch mit Print-Abo oder Es gibt viele Gründe, auf 2026 anzustoßen

von Katrin Richter  20.12.2025

Musik

Louis-Lewandowski-Festival hat begonnen

Der Komponist Louis Lewandowski hat im 19. Jahrhundert die jüdische Synagogenmusik reformiert. Daran erinnert bis Sonntag auch dieses Jahr ein kleines Festival

 18.12.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Bettina Piper, Imanuel Marcus  18.12.2025

Ausstellung

Pigmente und Weltbilder

Mit »Schwarze Juden, Weiße Juden« stellt das Jüdische Museum Wien rassistische und antirassistische Stereotype gleichermaßen infrage

von Tobias Kühn  18.12.2025

Kulturkolumne

Vom Nova-Festival zum Bondi Beach

Warum ich keine Gewaltszenen auf Instagram teile, sondern Posts von israelischen Künstlern oder Illustratorinnen

von Laura Cazés  18.12.2025