Literatur

Trauer um Herman Wouk

Herman Wouk (1915–2019) Foto: imago images / ZUMA Press

Literatur

Trauer um Herman Wouk

Der Bestseller-Autor und Pulitzer-Preis-Gewinner ist mit 103 Jahren gestorben

von Barbara Munker  17.05.2019 19:44 Uhr

Wenige Menschen werden über 100 Jahre alt, noch weniger schreiben in diesem Alter Bücher. Der amerikanische Bestseller-Autor Herman Wouk ruhte sich auch im hohen Alter nicht auf seinen Erfolgen aus. Er arbeite an einem weiteren Buch, teilte seine Literaturagentin noch vor einem Jahr – kurz vor dem 103. Geburtstag des Autors – der Deutschen Presse-Agentur mit. Jetzt ist der dreifache Vater am Freitag mit 103 Jahren gestorben, wie seine Agentin bestätigte. Seit Jahrzehnten lebte der gebürtige New Yorker in der südkalifornischen Wüstenstadt Palm Springs.

Kurz vor seinem 101. Geburtstag hatte Wouk im dpa-Interview erzählt, dass Schreiben immer noch seine Leidenschaft sei. Was treibt ihn in diesem Alter an? »Ganz einfach«, erklärte der Autor damals: »Etwas zum Schreiben zu haben.«

Auf See schrieb er seinen ersten Roman, »Aurora Dawn«.

Bronx Anfang der 50er-Jahre verfasste er mit Die Caine war ihr Schicksal einen der berühmtesten Romane über den Zweiten Weltkrieg. Als Hundertjähriger brachte Wouk 2016 seine Memoiren mit dem Titel Sailor and Fiddler: Reflections of a 100-Year-Old Author aus. Darin erzählte er unter anderem von seiner Kindheit in der New Yorker Bronx, seiner Vorliebe für die Schriftsteller Mark Twain und Alexandre Dumas sowie über den großen Einfluss des Judentums auf seine Werke.

Nach dem Studium an der Columbia University bestritt der Sohn jüdischer Einwanderer aus Russland seinen Lebensunterhalt zunächst als Witzeschreiber. Er dachte sich Texte für den Radiokomiker Fred Allen aus. Der Zweite Weltkrieg änderte sein Leben. Ab 1942 diente Wouk in der US-Navy an Bord eines Minensuchzerstörers im Pazifik. Auf See schrieb er auch seinen ersten Roman, Aurora Dawn, der 1947 einen Verleger fand. Die Erlebnisse in der Kriegsmarine hätten sein literarisches Werk »entscheidend« geprägt, sagte Wouk.

Pulitzer In den 50er-Jahren brachte er seine Kriegserfahrungen in dem Roman Die Caine war ihr Schicksal zu Papier. Das mit dem Pulitzer-Preis gekrönte Werk wurde weltweit millionenfach verkauft, die Bühnenfassung am Broadway unter der Regie von Charles Laughton war ein internationaler Erfolg, ebenso die Verfilmung mit Humphrey Bogart in der Rolle des neurotischen Kapitäns Queeg auf dem Minensuchboot Caine. Auch Marjorie Morningstar, ein Buch über ein jüdisches Mädchen im New York der 30er-Jahre, war in den 50ern ein Bestseller.

Seine Frau Sarah sei der Schlüssel für seinen Erfolg gewesen.

Nach jahrelangen Recherchen in Deutschland, England, Italien, Frankreich, Polen, Israel und der damaligen Sowjetunion meldete sich Wouk in den 70er-Jahren mit zwei Monumentalwerken zurück. Mit The Winds of War (dt. Der Feuersturm) und der Fortsetzung War and Remembrance (Feuersturm und Asche) arbeitete er die Geschichte des Zweiten Weltkriegs zu einem amerikanischen Epos auf. Beide Bestseller wurden mit Millionenaufwand zu erfolgreichen, in vielen Ländern gesendeten Fernsehserien verarbeitet.

Ehe Das Kriegsgeschehen und den Holocaust aufzuschreiben, sei seine »Hauptaufgabe« gewesen, sagte Wouk 2017 in einem Interview des US-Senders CBS. Den Lesern Geschichte zu vermitteln, sei ihm »verdammt« wichtig gewesen. Mit 102 Jahren saß der Autor bei dem Interview im Rollstuhl, wirkte noch gewitzt und schlagfertig.

Seine Frau Sarah sei der Schlüssel für seinen Erfolg gewesen, sagte Wouk. Seine langjährige Literaturagentin und Partnerin starb 2011. Sie waren 66 Jahre verheiratet. In den 80er-Jahren war das Ehepaar von New York in die Wüstenstadt Palm Springs gezogen. Dort kauften sie eine Villa, die einst der Schauspielerin Natalie Wood gehörte, die in der Verfilmung von Wouks Roman Marjorie Morningstar die Hauptrolle spielte.

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  25.04.2025

100 Jahre "Der Prozess"

Was Kafkas »Der Prozess« mit KI und Behörden-Wirrwarr gemeinsam hat

Seine Liebesworte gehen auf TikTok viral. Unheimlich-groteske Szenen beschrieb er wie kein Zweiter. In Zeiten von KI und überbordender Bürokratie wirkt Franz Kafkas Werk aktueller denn je - eben kafkaesk

von Paula Konersmann  25.04.2025

Reykjavik

Island fordert Ausschluss Israels vom ESC

Das Land schließt sich damit der Forderung Sloweniens und Spaniens an. Ein tatsächlicher Ausschluss Israels gilt jedoch als unwahrscheinlich

 25.04.2025

Popkultur

Israelfeindliche Band Kneecap von zwei Festivals ausgeladen

Bei Auftritten verbreiten die irischen Rapper Parolen wie »Fuck Israel«. Nun zogen die Festivals Hurricane und Southside Konsequenzen

von Imanuel Marcus  25.04.2025

Berlin/Brandenburg

Filmreihe zu Antisemitismus beim Jüdischen Filmfestival

Das Festival läuft vom 6. bis 11. Mai

 25.04.2025

Fernsehen

Ungeschminkte Innenansichten in den NS-Alltag

Lange lag der Fokus der NS-Aufarbeitung auf den Intensivtätern in Staat und Militär. Doch auch viele einfache Menschen folgten der Nazi-Ideologie teils begeistert, wie eine vierteilige ARD-Dokureihe eindrucksvoll zeigt

von Manfred Riepe  24.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  24.04.2025

Imanuels Interpreten (8)

Carly Simon: Das Phänomen

Die Sängerin und Songschreiberin mit jüdisch-deutschem Familienhintergrund führt ein aufregendes, filmreifes Leben – Verbindungen zu einer singenden Katze, einem rollenden Stein, zu Albert Einstein und James Bond inklusive

von Imanuel Marcus  24.04.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus  24.04.2025