Sehen!

»Transatlantic«

Die Netflix-Serie widmet sich den bis dato unerzählten Rettungsaktionen der Hilfsorganisation »Emergency Rescue Committee«

von Birgit Roschy  08.04.2023 22:58 Uhr

Henriette Confurius als Lena Fischmann in Transatlantic Foto: © Anika Molbar

Die Netflix-Serie widmet sich den bis dato unerzählten Rettungsaktionen der Hilfsorganisation »Emergency Rescue Committee«

von Birgit Roschy  08.04.2023 22:58 Uhr

Varian Fry und Mary Jayne Gold kannte man hierzulande bisher wenig – anders als Albert O. Hirschman, in seinem späteren Leben ein renommierter Wirtschaftswissenschaftler. Die drei sind die Helden der Netflix-Serie Transatlantic, die an die Schicksale der 1940 in Marseille gestrandeten Emigranten erinnert.

Die Hafenstadt wurde in jenem Jahr zur letzten Hoffnung Tausender Verzweifelter, die vor der Wehrmacht flüchteten. Die Serie widmet sich den bis dato unerzählten Rettungsaktionen der Hilfsorganisation »Emergency Rescue Committee« (ERC).

VISA Der amerikanische Journalist Varian Fry will im Auftrag des Komitees mit anfangs 200 Visa einer Anzahl handverlesener Intellektueller die Ausreise in die USA ermöglichen, wird jedoch vom Ansturm der Hilfesuchenden überwältigt. Mit Freiwilligen – darunter die amerikanische Erbin Gold und der Wissenschaftler Hirschman – quartiert er Flüchtlinge in eine Villa bei Marseille ein. Von dort organisieren die Helfer ihre Flucht über die Pyrenäen oder mit dem Schiff nach Martinique.

Das Katz-und-Maus-Spiel mit allerlei undurchsichtigen Akteuren – dem amerikanischen Konsul, Nazi-Kollaborateuren, Vichy-Polizisten, britischen Geheimdienstlern – liefert grandiosen Stoff. Und erst die Flüchtlinge (am Ende rettete das ERC über 2000 Menschen): ein Who’s who europäischer Kunstschaffender. Regisseurin Anna Winger (Unorthodox) inszeniert von einem Episoden-Cliffhanger zum nächsten.

Inspiriert vom Romanbestseller The Flight Portfolio von Julie Orringer nutzt Winger die Vorlage als Lizenz für weitere frei flottierende Fantasien. Doch die Ausschmückungen wirken oft fragwürdig. So wird Fry eine homosexuelle Liebesgeschichte angedichtet, und Gold muss sich im Dienste ihrer Mission prostituieren.

klischee Die Flüchtlinge kommen kaum über das holzschnittartige Klischee hinaus. Moritz Bleibtreus Walter Benjamin ist ein nervliches Wrack, Alexander Fehling gibt Max Ernst als exzentrischen Kindskopf. Hannah Arendt ist, klar, eine qualmende, unablässig weise Sätze aufsagende Intellektuelle. Im Grunde ist die Serie eine Seifenoper mit aufwendiger Ausstattung.

Die Tonart ist bei aller Tragik humorig. Die Herangehensweise erscheint nicht als die schlechteste, um Ereignisse und Helden einem breiten Publikum nahezubringen. Das führt zu einer Entdeckung: Mary Jayne Gold war viel faszinierender, als es der filmische Zerrspiegel zeigt. Sie hätte ihre eigene Serie verdient.

Die Serie läuft ab dem 7. April auf Netflix.

Fernsehen

»Mein Vater war sehr bodenständig«

Am 2. April wäre Hans Rosenthal 100 Jahre alt geworden. Zum Jubiläum würdigt ihn das ZDF. Ein Gespräch mit seinem Sohn Gert über öffentliche und private Seiten des Quizmasters

von Katrin Richter  23.03.2025 Aktualisiert

Berlin/Mainz

»Das war spitze!«

Hans Rosenthal hat in einem Versteck in Berlin den Holocaust überlebt. Später war er einer der wichtigsten Entertainer Westdeutschlands. Zum 100. Geburtstag zeigt ein ZDF-Spielfilm seine beiden Leben

von Christof Bock  23.03.2025 Aktualisiert

Aufgegabelt

Blintzes mit Vanillequark

Rezepte und Leckeres

von Katrin Richter  23.03.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Krasse Party – aber worum gehtʼs eigentlich?

von Margalit Edelstein  23.03.2025

Stand-Up

»Comedy ist Tragödie plus Zeit«

Der Tel Aviver Yohay Sponder war kürzlich zu Gast in Berlin und Frankfurt. Ein Gespräch über Humor, den Witz seines Vaters und viele dumme Menschen

von Katrin Richter  23.03.2025

Hochschule

»Unsere Studierenden kommen alle sehr gut unter«

Sina Rauschenbach über Qualifikation für Museumsarbeit an der Universität Potsdam und die Jobchancen der Absolventen

von Ayala Goldmann  23.03.2025

Jubiläum

Hugo Egon Balder wird 75

Der Schauspieler blickt auf eine abwechslungsreiche Karriere zurück und ist derzeit mit einem eigenen Bühnenprogramm unterwegs

von Jonas-Erik Schmidt  22.03.2025

Bonn

Humanist und Konsumkritiker: Zum 125. Geburtstag von Erich Fromm

Schon vor Jahrzehnten warnte Erich Fromm vor einer Welt, in der Menschen ausschließlich funktionieren. Er analysierte Liebe, Freiheit und Verantwortung - mit tiefgründigem Blick, der zeitlos bleibt

von Paula Konersmann  21.03.2025

Justiz

Gil Ofarim: »Ich habe wirklich gedacht, ich werde freigesprochen«

Sänger Gil Ofarim hatte vor Gericht zugegeben, einen antisemitischen Vorfall in einem Leipziger Hotel erfunden zu haben. Jetzt hat er zum ersten Mal ein ausführliches Interview gegeben

 21.03.2025