Der Abend begann mit einer Schweigeminute. Als »Zeichen unserer Trauer um die Opfer und unserer Solidarität mit Frankreich«. Peter Schäfer, Direktor des Jüdischen Museums, hatte die 400 Gäste, die zur Verleihung des Preises für Verständigung und Toleranz an W. Michael Blumenthal gekommen waren, um diesen Moment gebeten. »Ich stehe vor Ihnen, geschockt und betroffen von den schrecklichen Ereignissen in Paris.«
Der Preis, der am Samstagabend an den Gründungsdirektor des Jüdischen Museums, W. Michael Blumenthal, verliehen wurde, stehe genau für die Werte, die Terroristen bekämpfen: Verständigung, Toleranz, Miteinander, Füreinander, kulturelle und religiöse Vielfalt, Dialog. Der Terror dürfe das nicht »wegbomben«.
Schäfer bedankte sich bei Bundespräsident Joachim Gauck, dass er sich entschlossen hatte, trotz der Attentate in Paris zur Preisverleihung zu kommen, um die Auszeichnung in Form einer Menora an Blumenthal zu überreichen. Neben Gauck waren auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der im vergangenen Jahr die Auszeichnung erhalten hatte, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, und Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) zur Verleihung gekommen.
Verständigung »Wir ehren heute einen Mann, dessen Lebenswerk und dessen ganze Biografie in beispielloser Weise für Verständigung und Toleranz stehen«, sagte Joachim Gauck in seiner Laudatio. Von Blumenthal könne man Gelassenheit im Umgang mit dem vermeintlich Fremden, Aufgeschlossenheit und die Bereitschaft, Neues zu wagen, lernen, so der Bundespräsident.
»Ich nehme den Preis mit großer Freude an«, sagte der 89-jährige Blumenthal. Es sei ein »Hohn des Schicksals«, dass er ausgerechnet einen Tag nach den Anschlägen in Paris die Auszeichnung bekomme. Diese Situation würde ihn an den 11. September 2001 erinnern. Denn zwei Tage vor den Terroranschlägen in den USA war das Jüdische Museum Berlin eröffnet worden.
Von der Ohnmacht, der Wut, der Trauer und dem Mitgefühl seien nun alle ergriffen. Europa werde sich durch diese Akte verändern, glaubt er. Man dürfe den »feigen, verblendeten Terroristen nicht erlauben, unser Wertesystem zu zerstören.«
Biografie Blumenthal wurde in Oranienburg geboren und floh während der Schoa nach Shanghai. Später wurde er in den USA außenpolitischer Berater John F. Kennedys und Finanzminister unter Jimmy Carter. 1997 kehrte er nach Berlin zurück, um das Jüdische Museum aufzubauen, das in den nächsten Tagen den 10.000.000. Besucher erwartet.
»Es ist ein schöner Preis, den ich nun bekommen habe, aber der schönste Preis meines Lebens war die Einladung, nach Deutschland zurückzukommen.« Dadurch habe er sein Geburtsland wieder richtig kennen – und schätzen und bewundern – gelernt.
Mit dem Preis ehren das Jüdische Museum und die Gesellschaft der Freunde und Förderer der Stiftung Jüdisches Museum Berlin seit 2002 Persönlichkeiten, die sich um Verständigung und Toleranz verdient gemacht haben.