Gegen den umstrittenen Aufruf der Initiative »5.3 GG Weltoffenheit«, die auch von der Führung des Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA) an der TU Berlin unterschrieben wurde, regt sich Protest von Seiten der Studierenden.
EINBEZIEHUNG Diese Woche veröffentlichte die Fachschaftsinitiative Antisemitismusforschung ein Statement unter der Überschrift »Alle Jahre wieder«, in dem ZfA-Leiterin Stefanie Schüler-Springorum vorgeworfen wird, die Erklärung mehrerer Kunst- und Wissenschaftsinstitutionen eigenmächtig und ohne Einbeziehung der Studierenden am ZfA unterzeichnet zu haben.
Der Aufruf beginne vielversprechend, so die Fachschaftsinitiative, da er zum gemeinsamen Kampf gegen Antisemitismus auffordere. Doch folge dieser Selbstvergewisserung jedoch nicht »die Sorge um den gegenwärtig wachsenden verschwörungsideologischen Antisemitismus im Kontext von Corona«. Die Sorge der Unterzeichner gelte vielmehr Personen, die sich »israelkritisch« äußerten. Namentlich wird der Kameruner Historiker Achille Mbembe genannt, über dessen Einladung als Hauptredner bei der Ruhrtriennale im Frühjahr ein heftiger Streit entbrannt war.
In ihrem Statement werfen die Studenten den Protagonisten der Initiative »5.3 GG Weltoffenheit« zudem vor, kein einziges konkretes Beispiel für die angeblich »missbräuchliche Verwendung des Antisemitismusvorwurfs« vorgelegt zu haben. Es müsse eigentlich »Konsens sein«, so die Fachschaftsinitiative, dass niemand staatliche Gelder in Deutschland erhalten dürfe, der Israel das Existenzrecht abspricht oder die laut Deutschem Bundestag ebenso israelfeindliche wie in Zielen und Handlungen antisemitische BDS-Bewegung unterstützt.
Der von der »5.3 GG«-Initiative als Hauptanliegen benannte Kampf gegen Antisemitismus und religiösen Fundamentalismus müsse daher bezweifelt werden, erklärten die Studierenden. »So werden die zahlreichen Verbindungen des BDS zu gewaltbereiten teils fundamental religiösen terroristischen Vereinigungen wie Hamas oder PFLP schlicht ignoriert.«
DEFIZITE Wo das Aushalten von Kritik an Israel eingefordert werde, gehe es in Wahrheit darum, Kritik zu unterbinden. Die Meinungsfreiheit sei nicht in Gefahr, wenn eine rote Linie gezogen werde zu antisemitischen Boykottaufrufen, Schoa-Relativierungen oder generell diskriminierendem Handeln.
Scharf ins Gericht gehen die Studierenden mit Schüler-Springorum: »Antisemitismus in all seinen modernen und strukturellen Ausformungen zu begreifen und kritisch zu betrachten, ist offenbar nicht das Anliegen des Zentrums für Antisemitismusforschung. Dies zeigt sich oft sowohl in unseren Seminarthemen, als auch symbolisch mit der Unterschrift des ZfA unter diesem Plädoyer«, so die Studenten.
Und weiter: »Dabei ist auffällig, dass das ZfA äußerst wenig zu israelbezogenem Antisemitismus arbeitet. Bis auf wenige vereinzelte Projekte in Lehre und Forschung werden BDS und der Nahostkonflikt kaum behandelt. Ohne ausgiebiges historisches Grundlagenwissen lässt sich aber eine Debatte kaum konstruktiv führen, hier müsste das ZfA in seinem fachlichen Kernbereich deutlich nachbessern.«
Man sei es leid, sich »ständig von unserer Studieninstitution … distanzieren zu müssen«. Die Erklärung schließt mit den Worten: »Abschließend wollen wir noch allen Jüdinnen:Juden ein schönes Chanukka wünschen. Dass dieses Plädoyer für scheinbare Weltoffenheit ausgerechnet zu Beginn dieser Feiertage veröffentlicht wurde, bestürzt uns.« mth