Annie Leibovitz Ausstellung

Stark und schön

Sie hatte sie alle: Bette Midler, Michelle Obama, Scarlett Johansson oder die Tennisspielerinnen Serena und Venus Williams – aber auch Frauen, die nicht so sehr in der Öffentlichkeit stehen, wurden von der prägendsten Ikonografin der amerikanischen Popkultur fotografiert.

Nun ist die Fortsetzung von Annie Leibovitz’ Langzeitprojekt mit Frauenporträts in Frankfurt am Main zu sehen. Noch bis zum 6. November zeigt der Kunstverein Familie Montez unter dem Ausstellungstitel Women: New Portraits die neuen Arbeiten der New Yorker Starfotografin im Brückenkopf der Honsellbrücke, die direkt Füßen der Europäischen Zentralbank über den Main führt.

Das Konzept der Ausstellung ist ebenso originell wie kurzweilig: Um einen Sitzkreis herum, der zu Gesprächen unter den Besuchern anregen soll, sind drei überdimensionale Monitore aufgebaut, auf denen die über 400 Aufnahmen von Frauen im steten Wechsel gezeigt werden, die Leibovitz bislang im Laufe des Women-Projektes fotografiert hat.

Susan Sontag Die Idee für die Porträtreihe kam Annie Leibovitz in den späten 90er-Jahren gemeinsam mit ihrer Lebenspartnerin, der Schriftstellerin und Publizistin Susan Sontag, deren künstlerisches Schaffen die Fotografin sehr intim begleitete. Women war gedacht als ein Schaufenster für das gesamte Spektrum an starken, spannenden Frauenfiguren, zu denen die beiden Künstlerinnen selbst zählten und die sie in Medien und Öffentlichkeit unterrepräsentiert sahen.

Ein Blick in das fotografische Portfolio von Leibovitz, die vor allem für den »Rolling Stone« und »Vanity Fair« große Titelstorys fotografierte, sieht aus wie das Who’s who der amerikanischen Populärkultur. Immer wieder sind es die starken Frauen, von denen Leibovitz fasziniert ist und die sie so nah an sich heranlassen, wie sonst keinen: Susan Sarandon, Condoleezza Rice, Meryl Streep – die Liste ist fast endlos. Viele der ikonischen Fotos der jüngeren Zeit stammen von ihr. John Lennon und Yoko Ono, nackt umschlungen, die hochschwangere Demi Moore, das Abbild der gesamten Bush-Administration, um nur einige wenige zu nennen.

Hollywood Doch ihre eigentliche Stärke liegt nicht nur darin, aus prominenten Figuren eine ehrliche, menschliche Seite herauszukitzeln; es ist die große Kunst der Annie Leibovitz, den schmalen Grat zwischen respektvoller Distanz und empathischer Intimität in jedem ihrer Porträts zu meistern. Dabei ist es für die Fotografin unerheblich, ob sie Hollywood-Diven nebst Minenarbeitern, hochrangige Politikerinnen auf Augenhöhe mit einer Bodybuilderin oder eine orthodoxe Toraschülerin im angesagtesten Teil von New York abbildet. Die Fotografin, das spürt der Betrachter, nimmt ihre Sujets ernst und bildet sie wahrheitsgemäß ab, soweit das eine Fotografie eben zu leisten vermag.

Am Ende der neuesten Fotoreihe, die die pakistanische Menschenrechtsaktivistin Malala zeigt, die Feministin Gloria Steinem oder Caitlyn ehemals Bruce Jenner (denn auch um die Konstruktion von Gender geht es in Leibovitz’ Werk natürlich), hängen handgeschriebene Zettel: Angela Merkel steht auf einem der Blätter. Leibovitz’ Women-Studie ist noch lange nicht abgeschlossen.

Annie Leibovitz: »Women: New Portraits«. Kunstverein Familie Montez, Frankfurt. Bis zum 6. November. Eintritt frei

Musik

»Piano Man« verlässt die Bühne: Letztes Billy-Joel-Konzert

Eine Ära geht zuende: Billy Joel spielt nach zehn Jahren vorerst das letzte Mal »Piano Man« im New Yorker Madison Square Garden. Zum Abschied kam ein Überraschungsgast.

von Benno Schwinghammer  26.07.2024

Zahl der Woche

16 Sportarten

Fun Facts und Wissenswertes

 26.07.2024

Lesen!

Ein gehörloser Junge und die Soldaten

Ilya Kaminsky wurde in Odessa geboren. In »Republik der Taubheit« erzählt er von einem Aufstand der Puppenspieler

von Katrin Diehl  25.07.2024

Ruth Weiss

»Meine Gedanken sind im Nahen Osten«

Am 26. Juli wird die Schriftstellerin und Journalistin 100 Jahre alt. Ein Gespräch über ihre Kindheit in Südafrika, Israel und den Einsatz für Frauenrechte

von Katrin Richter  25.07.2024

Streaming

In geheimer Mission gegen deutsche U-Boote

Die neue Action-Spionagekomödie von Guy Ritchie erinnert an »Inglourious Basterds«

von Patrick Heidmann  25.07.2024

Bayreuth

Das Haus in der Wahnfriedstraße

Die Debatten um Richard Wagners Judenhass gehen in eine neue Runde. Nun steht sein antisemitischer Schwiegersohn Houston Stewart Chamberlain im Fokus

von Axel Brüggemann  25.07.2024

Sehen!

»Die Ermittlung«

Der Kinofilm stellt den Aussagen der Zeugen die Ausflüchte der Angeklagten gegenüber

von Ayala Goldmann  25.07.2024

Kommentar

Der »Spiegel« schreibt am eigentlichen Thema vorbei

In seiner Berichterstattung über das Abraham-Geiger-Kolleg konstruiert das Magazin eine Konfliktlinie

von Rebecca Seidler  25.07.2024 Aktualisiert

Literatur

Dieses Buch ist miserabel. Lesen Sie dieses Buch!

Eine etwas andere Kurzrezension von Ferdinand von Schirachs Erzählband »Nachmittage«

von Philipp Peyman Engel  24.07.2024 Aktualisiert