»Ready Player One«

Spiegelkabinett mit VR-Brille

Szene aus »Ready Player One« Foto: © 2017 Warner Bros. Entertainment Inc.

Steven Spielbergs Filme haben oftmals ein spielerisches Moment. Seine Adaption von Ready Player One, dem Roman über ein Multiplayer Virtual Reality Game der nahen Zukunft, spitzt dieses Motiv noch einmal zu. Ernest Clines Bestseller über die Popkultur der 80er-Jahre ist selbst schon eine Hommage an Spielberg, der diese Epoche entscheidend prägte.

Mit der Verfilmung des Buchs steigt Spielberg nun gewissermaßen wie jener chinesische Maler in das von ihm selbst gemalte Bild, um darin zu verschwinden. Diese vollendete Selbstreferenz wird sich als Problem des Films erweisen, der zu Beginn atemberaubend artifiziell aussieht.

Scheinrealität Im Jahr 2045 stapeln sich in verslumten Megacitys wie Columbus, Ohio, fragile Wohn-Trailer bis zum Himmel. Blicke ins Innere der Container zeigen mittellose Menschen, die mit Virtual-Reality-Brillen in eine eskapistische Spielwelt abtauchen. Die »Oasis«, eine digitale Scheinrealität, macht süchtig.

Benutzer schlüpfen in einen exotischen Avatar, um an einem live erlebten Ballerspiel teilzunehmen. Wer virtuell erschossen wird, muss allerdings auch in der Realität bluten: Diese Spirale der Verarmung bringt ein neues Proletariat von Verlierern hervor, die als digitale Zwangsarbeiter versklavt werden und in Telefonzellen hausen.

Leider wird dieses spannende Thema nur gestreift. Lieber erzählt Spielberg eine typische Spielberg-Geschichte: James Halliday (Mark Rylance), der verstorbene Konstrukteur der »Oasis«, verleiht demjenigen Geld und Macht über die Matrix, der drei knifflige Aufgaben löst. Dabei müssen drei typische Spielberg-Charaktere, unter ihnen der Waisenjunge Wade (Tye Sheridan), sich gegen den Schurken Nolan Sorrento (Ben Mendelsohn) durchsetzen.

Ego-Shooter Der Plot motiviert die Anmutung eines Ego-Shooters mit Verfolgungsjagden, Materialschlachten und Schießereien. King Kong, Godzilla und Gandalf verschränken sich zur endlosen Bilder- und Zitatenschleife: eine visuelle Umwälzpumpe, die popkulturelle Motive der 80er-Jahre verhackstückt, vom Rubikwürfel bis zum Joy-Division-T-Shirt. Im Gegensatz zum tatsächlichen Computerspiel kann der Kinobetrachter bei einer bloßen Verfilmung nicht aktiv eingreifen. Die Passivität purer Berieselung kann den eigentlichen Spaß einer solchen virtuellen Achterbahnfahrt nur ansatzweise vermitteln.

Den Atem anhalten muss man nur in einer Szene. Wade und seine Kumpels verirren sich in Kubricks Horrorklassiker The Shining, den Spielberg mit gespenstischer Präzision nachinszeniert. Umso dringender stellt sich daher die Frage: Was kann jener ultimative Horror, den Kubrick im berühmten »Zimmer 237« durch den körperlichen Zerfall einer schönen Frau bebildert, einem Avatar anhaben, der auf Knopfdruck ein neues Leben erhält?

Dieser Widerspruch prägt auch die »Moral der Geschichte«, die der »Oasis«-Erfinder Halliday am Ende verkündet. Der Sinn seines Spiels besteht darin, es um seiner selbst willen zu spielen. Spielberg aber kreist zu viel um sich selbst, sodass der Film ein bisschen an Faszination verliert. Schade.

Ab Donnerstag im Kino. Sehen Sie hier den Trailer:
www.youtube.com/watch?v=CrTRDAcR_JA

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  19.11.2025

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  19.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  19.11.2025

Magdeburg

Telemann-Preis 2026 für Kölner Dirigenten Willens

Mit der Auszeichnung würdigt die Landeshauptstadt den eindrucksvollen Umgang des jüdischen Dirigenten mit dem künstlerischen Werk Telemanns

 19.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Kino

Unter erschwerten Bedingungen

Das »Seret«-Festival zeigt aktuelle israelische Filmkunst in Deutschland – zum ersten Mal nur in Berlin

von Chris Schinke  19.11.2025

Bonn

Bonner Museum gibt Gemälde an Erben jüdischer Besitzer zurück

Das Bild »Bäuerliches Frühstück« aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wird restituiert

 19.11.2025

Perspektive

Humor hilft

Über alles lachen – obwohl die Realität kein Witz ist? Unsere Autorin, die israelische Psychoanalytikerin Efrat Havron, meint: In einem Land wie Israel ist Ironie sogar überlebenswichtig

von Efrat Havron  19.11.2025

New York

Rekordpreis für »Bildnis Elisabeth Lederer« bei Auktion

Bei den New Yorker Herbstauktion ist wieder ein Rekord gepurzelt: Ein Klimt-Gemälde wird zum zweitteuersten je versteigerten Kunstwerk – und auch ein goldenes Klo wird für einen hohen Preis verkauft

von Christina Horsten  19.11.2025