Fauda

»So authentisch wie möglich«

Undercoveragent Doron Kavillio (M.) und sein Team Foto: Netflix

Seit Donnerstag geht der israelisch-palästinensische Konflikt auf den Bildschirmen weltweit in die dritte Staffel. Auch jetzt riskiert der israelische Undercover-Offizier Doron Kavillio (Lior Raz) in der Serie Fauda im  Kampf gegen Terroristen wieder Kopf und Kragen. 

Der Plot beginnt friedlich. Doron alias Abu Fadi gibt in der Kleinstadt Daharia unweit von Hebron einem palästinensischen Teenager Boxunterricht. Doch Abu Fadis Engagement für den sportlichen ambitionierten jungen Palästinenser ist lediglich ein Vorwand. Es ist eine List, um das Vertrauen des Clans zu gewinnen, dem der junge Faustschläger angehört.

Denn Undercoveragent Doron will sich Zugang zum Clan verschaffen, weil ein Erzterrorist, der auf der Liste des israelischen Geheimdienstes ganz oben steht, ein prominentes Mitglied ist. Schnell wird der Plot komplizierter, als er anfänglich scheint: Ehe er es sich versieht, muss Doron seine Fahndung auf Gaza ausdehnen, das von radikalen Islamisten kontrolliert wird. Das sorgt für höchste Spannung. Denn israelische Geheimagenten, die in Gaza entlarvt werden, müssen mit dem Schlimmsten rechnen.  

REPORTER »Wir  wollen auch in der neuen Staffel den israelisch-palästinensischen Dauerkonflikt in seiner ganzen Komplexität zeigen«, sagt  Avi Issacharoff, der zusammen mit Lior Raz das Drehbuch geschrieben hat.

Co-Drehbuchautor Avi Issacharoff, der früher in einer Kommandoeinheit im Westjordanland diente, berichtet seit etlichen Jahren für israelische Medien über den Nahostkonflikt.

Beide sind Insider der israelisch-palästinensischen Dauerfehde. Raz war während Jahren Mitglied einer Undercover-Einheit der israelischen Armee und spielt sich jetzt sozusagen selbst. Issacharoff, der früher in einer Kommandoeinheit im Westjordanland diente, berichtet seit etlichen Jahren für israelische Medien über den Nahostkonflikt.

Der 47-jährige Reporter, der sowohl in Gaza als auch im Westjordanland bestens vernetzt ist, weiß aus eigener Erfahrung: Recherchen in Gaza sind mitunter riskant. Als er zum Beispiel im Süden des Gazastreifens einmal befürchten musste, in einen Hinterhalt von Extremisten zu geraten, wies er seinen Fahrer an, die Hauptstraße zu meiden und ihn auf einer Zickzackroute zur israelischen Grenze zu fahren, um seinen Verfolgern zu entkommen.

REALITÄT »Mit Fauda habe ich die Realität, die ich als Reporter erlebe und beschreibe, in eine Fiktion verwandelt«, sagt Issacharoff. »Wir versuchen, die Serie so authentisch wie möglich zu gestalten, lassen aber gleichzeitig unsere eigene Fantasie spielen. Das Drama soll dem Zuschauer ein Gefühl für die Wirklichkeit vermitteln, ohne aber den Anspruch zu erheben, ein Dokumentarfilm zu sein.«

So sei der Terroristenführer Abu Fauzi, der im Laufe der dritten Staffel gejagt wird, dem einstigen Chef der Al-Kassam-Brigaden nachempfunden: Ibrahim Hamad.

Hamad, nach dem israelische Truppen während sechs Jahren gesucht hatten, wurde vor acht Jahren von einem israelischen Militärgericht zu 54 lebenslänglichen Gefängnisstrafen verurteilt. Er hatte von 2001 bis 2006 im Westjordanland zahlreiche Terroroperationen gegen israelische Ziele koordiniert, bei denen 46 Menschen ermordet und mehr als 400 verletzt wurden.

SPANNUNGSFELD Trotzdem sagt Issacharoff: »Uns gefiel seine Identität sehr gut, weil er wirklich in seine Frau verliebt war. Und so haben wir das komplexe Spannungsfeld seines Charakters – Mörder und gleichzeitig Liebhaber – für unser Drehbuch gestohlen«, meint Issacharoff, der zusammen mit Raz derzeit an der vierten Staffel von Fauda arbeitet.

Gedreht wurde in zwei arabischen Städten in Israel sowie in einem Militärlager, wo Soldaten in einem palästinensischen Attrappendorf sonst den Ernstfall üben. Im Vergleich zu Hollywood sei das Budget für die Produktion »wirklich nichts« – aber dennoch hat die »New York Times« Fauda Ende 2019 als achtbeste Serie des Jahrzehnts gerühmt.

»Wir hoffen«, so Issacharoff, »mit unserer Serie eine Brücke zwischen Israeli und Palästinensern schlagen zu können, indem wir die Schwierigkeiten auf beiden Seiten des Konflikts zeigen.« Klar, es sei eine israelische Produktion, und das israelische Narrativ überwiege deshalb, meint er. Aber Fauda handle auch davon, dass Palästinenser »leiden, weinen und lieben«. Dies werde in den israelischen Medien allzu oft unterschlagen, was dem Schwarz-Weiß-Denken Vorschub leiste.

KRITIK »Weil wir von mehreren Seiten kritisiert werden, wage ich die Behauptung: Einseitig sind wir nicht«, meint Issachoroff. »In Israel werfen uns rechte Kreise vor, wir würden palästinensische Terroristen nicht ausschließlich als brutale Bösewichte, sondern auch als Menschen darstellen. Von linker Seite wiederum wird uns vorgehalten, Fauda zeige die wahre Fratze der Besatzung nicht. Weder Siedler noch Siedlungen, weder die alltäglichen Schikanen noch die routinemäßigen Brutalitäten gegenüber den Palästinensern würden thematisiert.«

Issacharoff weiß, dass etliche Palästinenser ungeduldig auf die dritte Staffel gewartet haben.

Auch bei den Palästinensern gebe es Kritiker. Sie bezeichnen Fauda als eine Art Werbefilm für israelische Soldaten. »Aber ich weiß, dass etliche Palästinenser unsere Serie lieben.« Allerdings würden sie das von Gaza aus nie einem ausländischen Reporter am Telefon sagen, weil sie befürchten, dass sie dann von der Hamas als Kollaborateur abgestempelt würden. Die BDS-Bewegung, die zur weltweiten Ächtung Israels aufruft, forderte nach der zweiten Staffel sogar, Fauda zu ignorieren.

»Das war dumm, verlogen und letztlich erfolglos«, sagt Issacharoff. Denn sogar die radikal-islamische Hamas habe geheime Abkommen mit Israel geschlossen, kooperiere jetzt während der Corona-Krise mit Israel und verhandle in diesen Tagen mit Jerusalem über einen Gefangenenaustausch.  

Issacharoff weiß, dass etliche Palästinenser ungeduldig auf die dritte Staffel gewartet haben: »Vor einigen Wochen erhielt ich einen Anruf eines ›sehr engen Beraters‹ von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Der hatte nur eine Frage an mich: ›Wann ist die dritte Staffel von Fauda auf Netflix zu sehen?‹«

Magdeburg

Telemann-Preis 2026 für Kölner Dirigenten Willens

Mit der Auszeichnung würdigt die Landeshauptstadt den eindrucksvollen Umgang des jüdischen Dirigenten mit dem künstlerischen Werk Telemanns

 19.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Kino

Unter erschwerten Bedingungen

Das »Seret«-Festival zeigt aktuelle israelische Filmkunst in Deutschland – zum ersten Mal nur in Berlin

von Chris Schinke  19.11.2025

Bonn

Bonner Museum gibt Gemälde an Erben jüdischer Besitzer zurück

Das Bild »Bäuerliches Frühstück« aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wird restituiert

 19.11.2025

Perspektive

Humor hilft

Über alles lachen – obwohl die Realität kein Witz ist? Unsere Autorin, die israelische Psychoanalytikerin Efrat Havron, meint: In einem Land wie Israel ist Ironie sogar überlebenswichtig

von Efrat Havron  19.11.2025

New York

Rekordpreis für »Bildnis Elisabeth Lederer« bei Auktion

Bei den New Yorker Herbstauktion ist wieder ein Rekord gepurzelt: Ein Klimt-Gemälde wird zum zweitteuersten je versteigerten Kunstwerk – und auch ein goldenes Klo wird für einen hohen Preis verkauft

von Christina Horsten  19.11.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Süchtig nach Ruhamas Essen oder Zaubern müsste man können

von Nicole Dreyfus  19.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  18.11.2025

Jubiläum

Eine faszinierende Erzählerin

Anna Seghersʼ Romane machten sie weltberühmt. In ihrer westdeutschen Heimat galt die Schriftstellerin aus Mainz jedoch lange Zeit fast als Unperson, denn nach 1945 hatte sie sich bewusst für den Osten entschieden

von Karsten Packeiser  18.11.2025