Berlin

Sharon Dodua Otoo distanziert sich von Israel-Boykott

Die Schriftstellerin Sharon Dodua Otoo Foto: picture alliance/dpa

In einer Debatte um ihre Unterstützung für einen kulturellen Israel-Boykott hat sich Autorin und Bachmann-Preisträgerin Sharon Dodua Otoo von einer vor Jahren unterschriebenen Petition distanziert. »Ich würde einen solchen Aufruf heute nicht mehr unterzeichnen«, schreibt die Schriftstellerin in einem Statement, das ihr Verlag S. Fischer in Frankfurt verbreitete.

Darin teilte sie am Mittwoch weiter mit, dass sie den ihr ursprünglich zugedachten Peter-Weiss Preis der Stadt Bochum infolge der Diskussionen um die Petitionsunterzeichnung nicht annehmen werde. »Ich möchte weder die Jury, noch die Stadt Bochum noch den Namen von Peter Weiss mit den Vorwürfen gegen mich und die ausgelöste Debatte in Verbindung wissen«, begründete Otoo. Sie regte an, das Preisgeld stattdessen an eine gemeinnützige Organisation zu stiften.

»Wir respektieren natürlich diese Entscheidung. Ich bedauere diese Entwicklung sehr«, sagte Kulturdezernent Dietmar Dieckmann am Mittwoch laut Mitteilung. Die Stadt Bochum hatte Anfang der Woche vermeldet, dass Otoo die nächste Preisträgerin der mit 15.000 Euro dotierten Auszeichnung werden soll. Nachdem jedoch Vorwürfe laut wurden, Otoo unterstütze eine der BDS zugerechnete Organisation, setzte die Stadt die für kommendes Jahr geplante Preisvergabe vorerst aus, um den Sachverhalt zu prüfen.

»Gewaltloser Widerstand Kulturschaffender«

BDS steht für »Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen«. Die Kampagne ruft zum Boykott des Staates Israel und israelischer Produkte wegen des Vorgehens gegen Palästinenser auf. Der Bundestag hatte die BDS-Bewegung in einem Beschluss vom 17. Mai 2019 verurteilt. Deren Argumentationsmuster und Methoden seien antisemitisch. Die Petition »Artists for Palestine UK« steht dem BDS nahe und ruft zum kulturellen Boykott des Staates Israel auf.

Sie habe die Petition von »Artists for Palestine UK« vor rund acht Jahren unterschrieben und sich damals »solidarisch mit dem gewaltlosen Widerstand Kulturschaffender in Palästina positionieren wollen«, schrieb Otoo in ihrer Stellungnahme. Sie bemühe sich nun darum, ihren Namen von der Liste zu entfernen. »Ich bin immer, und erst recht hier in Deutschland, für den Austausch«, betonte sie. Dabei brauche es auch Platz für Dissens, »um gemeinsam um Verständigung zu ringen«, so Otoo. »Deshalb bin ich dankbar, wenn ich auf meine Fehler hingewiesen werde.«

Otoo, die in Berlin lebt und 2016 mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet worden war, positionierte sich in ihrer Stellungnahme zudem deutlich gegen Antisemitismus und drückte den Angehörigen der Opfer des Hamas-Massakers vom 7. Oktober ihr tiefempfundenes Beileid aus.

»Mein Entsetzen und meine Abscheu über die fürchterliche Gewalt der Hamas war und ist eindeutig.« Sie bedaure zutiefst, »dass es uns, die nicht persönlich betroffen sind, nicht gelungen ist, unser Beileid und unsere Solidarität sichtbarer und hörbarer zu machen«. Es brauche deutlich mehr Räume, in denen um Verständnis und Verständigung gerungen werde. dpa

Analyse

Psychiater Otto Kernberg: Dieses Symptom verbindet Trump und Putin

von Anita Hirschbeck  29.10.2025

Wittenberg

Judaistin kuratiert Bildungsort zur Schmähplastik

Die Darstellung der sogenannten »Judensau« an der Wittenberger Stadtkirche, der früheren Predigtkirche des Reformators Martin Luther (1483-1546), gehört in Deutschland zu den bekanntesten antisemitischen Darstellungen des Mittelalters

 29.10.2025

Meinung

DAVO: Feindbild und Ausschluss

Die Ausrichtung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Vorderer Orient unter dem neuen Vorstand legitimiert antiisraelische, antizionistische und in der Konsequenz antisemitische Narrative

von Julia Bernstein  29.10.2025

Zahl der Woche

3.123.000 Menschen

Fun Facts und Wissenswertes

 28.10.2025

Imanuels Interpreten (14)

Neil Diamond: Der Romantiker

Das mit einer ansprechenden Stimme ausgestattete jüdische Talent wurde zum Publikumsliebling – genau wie seine ebenso prominente Klassenkameradin

von Imanuel Marcus  28.10.2025

Premiere

»Übergriffe gegen uns sind mittlerweile Alltag«

Anfeindungen, Behinderungen, Drohungen und Übergriffe: Ein neuer Film dokumentiert die Pressefeindlichkeit bei vielen Pro-Palästina-Demonstrationen in Berlin. Die Journalisten-Union warnt vor den Folgen für die Pressefreiheit hierzulande

von Markus Geiler  28.10.2025

Rotterdam

Unbehagen im Love Lab

Die jüdische Soziologin Eva Illouz ist an der Rotterdamer Erasmus-Universität nicht willkommen. Sie spricht von einer »antisemitischen Entscheidung«, die immerhin demokratisch zustande gekommen sei

von Michael Thaidigsmann  28.10.2025

Berlin

Mascha Kaléko und die Reise ihres Lebens: »Wenn ich eine Wolke wäre«

Elf Jahre nach Kriegsende entdeckte Deutschland seine verlorene Dichterin wieder. Volker Weidermann gelingt ein berührendes Porträt der Lyrikerin

von Sibylle Peine  28.10.2025

Kommentar

Politisches Versagen: Der Israelhasser Benjamin Idriz soll den Thomas-Dehler-Preis erhalten

Wer wie der Imam den 7. Oktober für seine Diffamierung des jüdischen Staates und der jüdischen Gemeinschaft instrumentalisiert, ist eines Preises unwürdig

von Saba Farzan  28.10.2025