Düsseldorf

»Seine Prosa ist durchdrungen vom tiefen Verständnis und empathischer Nähe«

Der Autor David Grossman am Samstag in Düsseldorf Foto: picture alliance/dpa

Der israelische Schriftsteller und Friedensaktivist David Grossman hat am Samstag den Heine-Preis 2024 der Stadt Düsseldorf erhalten. Die mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung zählt zu den bedeutendsten Literaturpreisen in Deutschland. Bei der Verleihung im Schauspielhaus hielt Publizistin Carolin Emcke die Laudatio. Eine Woche zuvor hatte Grossman den Marion-Dönhoff-Preis für seinen Einsatz für Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern erhalten.

Mit dem Heine-Preis würdigte die Jury ihn als eine der bedeutendsten Stimmen der Gegenwartsliteratur. »Seine Prosa ist durchdrungen vom tiefen Verständnis und empathischer Nähe zu den Menschen mit ihren unauflöslich erscheinenden Konflikten.« Und: »In seinen intellektuell bestechenden, differenzierten Reden und Essays wirbt er unaufhörlich für Frieden und Aussöhnung im Nahen Osten.« Er werde nicht müde, der Menschlichkeit eine Stimme zu geben.

Versöhnung und Dialog im Mittelpunkt

Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) sagte, der Preis ehre Grossmans Schaffen, »das ganz in der Tradition Heinrich Heines Versöhnung und Dialog in den Mittelpunkt stellt«. Seit 1972 verleiht die Stadt den Preis im Gedenken an den Schriftsteller Heinrich Heine (1797-1856), der in Düsseldorf geboren wurde.

Grossman wurde 1954 in Jerusalem geboren. Für sein Werk erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Krieg und Gewalt sind wiederkehrende Themen seiner Literatur. So etwa in dem Roman »Eine Frau flieht vor einer Nachricht«: Eine Mutter fürchtet sich vor der möglichen Nachricht, dass ihr Sohn als Soldat gestorben ist. Das Buch ist unter anderen Grossmans Sohn Uri gewidmet, der 2006 als Soldat im Libanon-Krieg ums Leben kam. Grossman ist auch Autor von Kinderbüchern.

»Zum zweiten Mal einen neuen Staat aufbauen«

Er hat sich immer wieder kritisch zur israelischen Politik geäußert, zum Nahostkonflikt und zum 7. Oktober 2023. Auf Deutsch sind einige Schriften hierzu in dem Band »Frieden ist die einzige Option« aus diesem Jahr versammelt. Nachzulesen ist dort auch seine Trauerrede für die Terroropfer vom 16. November 2023 in Tel Aviv. Er gedenkt darin der verlorenen Leben und blickt zugleich in die Zukunft: »Trotz allem, was geschehen ist, steigt in uns die Ahnung auf, es könnte nun möglich sein, zum zweiten Mal einen neuen Staat aufzubauen.« kna

Interview

»Mascha Kaléko hätte für Deutschland eine Brücke sein können«

In seinem neuen Buch widmet sich der Literaturkritiker Volker Weidermann Mascha Kalékos erster Deutschlandreise nach dem Krieg. Ein Gespräch über verlorene Heimat und die blinden Flecken der deutschen Nachkriegsliteratur

von Nicole Dreyfus  09.12.2025

Zahl der Woche

2 Jahre

Fun Facts und Wissenswertes

 09.12.2025

Sehen!

»Golden Girls«

Die visionäre Serie rückte schon in den jugendwahnhaftigen 80er-Jahren ältere, selbstbestimmt männerlos lebende Frauen in den Fokus

von Katharina Cichosch  09.12.2025

Film

Woody Allen glaubt nicht an sein Kino-Comeback

Woody Allen hält ein Leinwand-Comeback mit 90 für unwahrscheinlich. Nur ein wirklich passendes und interessantes Rollenangebot könnte ihn zurück vor die Kamera locken.

 09.12.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Von Kaffee-Helden, Underdogs und Magenproblemen

von Margalit Edelstein  08.12.2025

Eurovision Song Contest

»Ihr wollt nicht mehr, dass wir mit Euch singen?«

Dana International, die Siegerin von 1998, über den angekündigten Boykott mehrerer Länder wegen der Teilnahme Israels

 08.12.2025

Feiertage

Weihnachten mit von Juden geschriebenen Liedern

Auch Juden tragen zu christlichen Feiertagstraditionen bei: Sie schreiben und singen Weihnachtslieder

von Imanuel Marcus  08.12.2025

Vortrag

Über die antizionistische Dominanz in der Nahostforschung

Der amerikanische Historiker Jeffrey Herf hat im Rahmen der Herbstakademie des Tikvah-Instituts über die Situation der Universitäten nach dem 7. Oktober 2023 referiert. Eine Dokumentation seines Vortrags

 07.12.2025

Zwischenruf

Die außerirdische Logik der Eurovision

Was würden wohl Aliens über die absurden Vorgänge rund um die Teilnahme des jüdischen Staates an dem Musikwettbewerb denken?

von Imanuel Marcus  07.12.2025