Neuauflage

Schüler der Weisen von Zion

Karikatur: Hitler als Weltherrscher Foto: verlag

Neuauflage

Schüler der Weisen von Zion

Alexander Steins Hitler-Analyse von 1936

von Dirk Farke  13.02.2012 18:31 Uhr

Die Protokolle der Weisen von Zion, diese antisemitische Hetzschrift, von unbekannten Redakteuren auf Grundlage mehrerer fiktionaler Texte erstellt, wurden bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Fälschung entlarvt und in einem Gerichtsverfahren 1934/35 in Bern auch offiziell hierzu erklärt. Bereits in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts tauchte bei vielen liberalen Publizisten die These auf, dass sich Antisemiten genau an den Maximen zu orientieren scheinen, die sie den Juden unterschoben und die in den angeblichen Plänen des »Weltjudentums«, die Weltherrschaft zu übernehmen, kulminierten.

Auf eine wissenschaftliche Grundlage gestellt und textvergleichend analysiert hat diesen Zusammenhang der sozialdemokratische Journalist und Publizist Alexander Stein in seiner 1936 im Karlsbader Graphia-Verlag erschienenen Arbeit Adolf Hitler, Schüler der Weisen von Zion. Anhand von 106 Zitaten aus den Protokollen, Hitlers Mein Kampf sowie Alfred Rosenbergs Mythos des 20. Jahrhunderts arbeitete er heraus, wie sich die »jüdische Weltverschwörung« in den Weltherrschaftsfantasien der Nazis gleichsam widerspiegelt. Dem Autor gelang der Nachweis, dass es nicht die Juden sind, die die Welteroberung vorbereiten, sondern die Antisemiten. Die Protokolle dienten den Nazis als Lehrbuch und Handlungsanweisung, um die Vernichtung der jüdischen »Gegenrasse« in die Tat umzusetzen.

Prophet Stein, als Alexander Rubinštejn 1881 in Lettland geboren, flüchtete, als Mitarbeiter der russisch-sozialdemokratischen Partei von Verhaftung bedroht, 1906 nach Ostpreußen. Nach kurzem Studium der Nationalökonomie und Geschichte zog er 1907 nach Berlin und arbeitete dort unter anderem für die SPD-Parteizeitung Vorwärts. Stein gehört zu den ganz wenigen Autoren, die bereits vor dem Zweiten Weltkrieg und lange vor der Wannseekonferenz den »Ausrottungsfeldzug gegen die Juden« prognostizierte.

Dieser bedeutende und prophetische Autor ist heute längst vergessen, und seine wissenschaftlichen Analysen, allen voran sein hier in Rede stehendes Hauptwerk, erlangten zu seiner Zeit leider nicht ansatzweise die Aufmerksamkeit, die ihnen gebührt hätte.

Es ist das Verdienst des Freiburger ça-ira-Verlages, dieses Buch fast 75 Jahre nach seinem Erscheinen nun wieder aufgelegt zu haben. In einer ausführlichen, 100-seitigen »Einleitung« werden Steins Vita und seine Arbeiten fachkundig analysiert. Besonders hervorzuheben ist zum einen die Darstellung, wie Steins Buch Hannah Arendts Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft beeinflusste, und zum anderen die Frage nach dem Verhältnis zwischen Steins Texten und den im amerikanischen Exil entstandenen Antisemitismusstudien des Frankfurter Instituts für Sozialforschung.

Alexander Stein: »Adolf Hitler, Schüler der ›Weisen von Zion‹«. Herausgegeben und eingeleitet von Lynn Ciminski und Martin Schmitt, ça ira, Freiburg 2011, 316 S., 20 €

Eurovision

Israel hält nach Boykottaufrufen an ESC-Teilnahme fest

Israel will trotz Boykott-Drohungen mehrerer Länder am Eurovision Song Contest 2026 teilnehmen. Wie andere Länder und Veranstalter reagieren

 15.09.2025

Antisemitismusskandal

Bundespräsident trifft ausgeladenen Dirigenten Shani

Nach dem Eklat um eine Ausladung der Münchner Philharmoniker in Belgien hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den künftigen israelischen Chefdirigenten Lahav Shani ins Schloss Bellevue eingeladen

von Anne Mertens  15.09.2025

Literatur

Ein Funke Hoffnung

Rafael Seligmann hält Deutschland derzeit nicht für den richtigen Ort einer Renaissance jüdischen Lebens. Trotzdem gibt er die Vision nicht auf. Ein Auszug aus dem neuen Buch unseres Autors

von Rafael Seligmann  15.09.2025

Los Angeles

»The Studio« räumt bei den Emmys 13-fach ab

Überraschende Sieger und politische Statements: Ausgerechnet eine jüdische Darstellerin ruft eine israelfeindliche Parole

von Christian Fahrenbach  15.09.2025

Freiburg im Breisgau

»Keine Schonzeit für Juden«: Neues Buch von Rafael Seligmann

Antisemitismus, der 7. Oktober 2023, ein Umzug von Tel Aviv nach München in den 1950er Jahren und ein bewegtes Leben: Der Historiker streift und vertieft in seinem aktuellen Werk viele Themen

von Leticia Witte  15.09.2025

Kino

Für Hermann Göring lernte Russell Crowe Deutsch

Crowe spielt den Nazi-Verbrecher in »Nuremberg«, einem packenden Thriller über die Nürnberger Prozesse

von Manuela Imre  14.09.2025 Aktualisiert

Nach Antisemitismus-Eklat

Lahav Shani wird im Ruhrgebiet begeistert empfangen

Den Auftritt in Essen besuchte auch Belgiens Premier Bart De Wever

 14.09.2025 Aktualisiert

Aufgegabelt

»Schnitzel« aus dem AirFryer

Rezepte und Leckeres

 13.09.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 13.09.2025