Film

Schiwa voller Fettnäpfchen

Isst wider Willen Fischbrötchen: die Vegetarierin Danielle (Rachel Sennott) in »Shiva Baby« Foto: PR

Shiva Baby, einer der witzigsten und unterhaltsamsten jüdischen Filme seit Jahren, läuft leider nicht im Programm der Berlinale. Wer den Debütfilm der kanadischen Regisseurin Emma Seligman, in dem die bisexuelle jüdische Studentin Danielle bei einer Schiwa von einem Fettnäpfchen ins andere tritt, in Deutschland trotzdem sehen will, wird beim Streamingdienst Mubi fündig.

Der zeigt die Komödie, die beim Southwest-Festival 2020 Premiere hatte und unter anderem auf dem Internationalen Filmfestival Toronto lief, ab Ende nächster Woche. Shiva Baby ist eine echte Wohltat – provokativ, hintersinnig und mit der attraktiven und ausdrucksstarken Hauptdarstellerin Rachel Sennott hervorragend besetzt, sodass die weniger als 80 Minuten wie im Flug vergehen.

handlung Die Handlung: Danielle steht kurz vor dem Abschluss ihrer Gender Studies, hat aber nicht die geringste Ahnung, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Zu der Schiwa in der Wohnung einer gutbürgerlichen jüdischen Familie ist sie auf Wunsch ihrer Eltern gekommen, ohne überhaupt zu wissen, wer gestorben ist.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Leider taucht bei der Trauerveranstaltung nicht nur Danielles Ex-Freundin Maya (Molly Gordon) auf, sondern auch ihr »Sugar Daddy« Max (Danny Deferrari), dem die Studentin gelegentlich für Geld Erleichterung verschafft – in Begleitung seiner nichtjüdischen Frau Kim (Dianna Agron) und seines Babys. Von der Existenz der kleinen Familie hatte Danielle bis zu diesem Zeitpunkt nichts geahnt.

Auf die Essenswünsche der Vegetarierin wird bei der Schiwa keine Rücksicht genommen, und ständig fordern wohlmeinende Tanten Danielle auf, über ihre beruflichen Pläne und ihren Freund zu sprechen – nur, dass weder das eine noch das andere existiert.

pointen Die 26 Jahre alte Regisseurin Emma Seligman hat mit Danielle eine Figur geschaffen, die ihr selbst nicht unähnlich ist. Shiva Baby beruht auf einem Kurzfilm, ihrer Abschlussarbeit an der Universität. Pointen über Rucola und Rugelach, über jüdisches Essen und jüdische Komplexe wirken bei ihr nicht gezwungen, sondern ausgesprochen originell: »Ich habe Witze und andere Sätze, die Leute mir erzählt haben, auch aus meiner Familie, aufgeschrieben – und sie in dem Film in einen einzigen Tag gepackt«, sagt die Regisseurin im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen. »Dadurch wirkt es etwas übertrieben und surreal, aber es hat einen realen Ursprung.«

Seligman, die sich selbst als bisexuell und im liberalen Judentum verwurzelt bezeichnet, unterstreicht: »Ich hatte nie eine Panikattacke wie Danielle in dem Film, aber es gab Zeiten, in denen ich wirklich Angst hatte, mit meiner Familie zu sprechen. Weil es so viele Fragen gab, die – natürlich – aus Liebe gestellt wurden.« Viele junge Zuschauerinnen hätten sich mit der Geschichte identifiziert.

In mancher Hinsicht, schrieb der »Boston Globe«, sei der Film eine weibliche Variante von Die Reifeprüfung (1967) – mit »Sugar Daddy« Max als Pendant von Mrs. Robinson. So ist es. Nicht verpassen!

»Shiva Baby« läuft ab dem 11. Juni beim Streamingdienst Mubi.

New York

Trauer um Tony Roberts

Der Schauspieler starb am vergangenen Freitag an den Folgen einer Lungenkrebserkrankung

 08.02.2025

Imanuels Interpreten (5)

Geddy Lee: Der Rock-Tenor

Der Sohn polnischer Holocaustüberlebender ist einer der prominentesten Musiker Kanadas. Bis 2015 war er Mitglied des Progressive Rock-Trios Rush

von Imanuel Marcus  07.02.2025

Arte

Ein faszinierendes Monster von einem Film

Ein neuer Dokumentarfilm beleuchtet das Leben und Wirken von Schriftstellern während der NS-Zeit, die nicht emigrierten. Deutlich wird auch der enorme Verlust, den die Kultur durch die Nazis erlitten hat

von Lukas Foerster  07.02.2025

Helsinki

Auszeichnung für Felix Klein in Finnland

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung wird für sein Engagement zur Förderung jüdischer Musik und Kultur geehrt

 06.02.2025

Raubkunst

Ministerin Roth rechnet im Streit um Welfenschatz mit rascher Klärung

Es geht um die Frage, ob der 1929 von jüdischen Kunsthändlern erworbene Schatz 1935 unter den Nazis verfolgungsbedingt zwangsweise verkauft wurde

 06.02.2025

Berlin

Dirigent Daniel Barenboim an Parkinson erkrankt

Schon seit einiger Zeit fällt Dirigent und Pianist krankheitsbedingt immer wieder aus. Nun äußert er sich in einem persönlichen Statement dazu

 06.02.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  06.02.2025

Musik

Hommage an Israel

Warum unser Autor den Song »Neigborhood Bully« von Bob Dylan so sehr liebt

von Alan Posener  06.02.2025

Waffenstillstand

Die Wände voller Risse

Über ein Jahr war Eshkol Nevo nicht in seinem Ferienhaus im Norden Israels. Jetzt besucht der Schriftsteller wieder den Kibbuz an der Grenze zum Libanon – und muss erkennen, dass nichts ist wie zuvor

von Eshkol Nevo  06.02.2025