Künstliche Intelligenz

Sammelplatz der Talente

ChatGPT-Gründer Sam Altman ist auf »OpenAI-Welttournee«: hier beim Gespräch an der Tel Aviver Universität Foto: picture alliance / REUTERS

Sie ist in aller Munde – auch in Israel: Artificial Intelligence (AI) oder auf Deutsch Künstliche Intelligenz (KI). Nach dem Besuch von Sam Altman, dem Geschäftsführer von »Open­AI«, der im Rahmen seiner Weltreise im Lande war, hat sich auch die Knesset am Wochenanfang mit dem Thema beschäftigt.

Der Wissenschafts- und Technologieausschuss diskutierte über die Gefahren und Chancen rund um Künstliche Intelligenz, besonders vor dem Hintergrund der Behauptungen von Experten auf der ganzen Welt, dass diese eine große Gefahr für die Menschheit darstellt. Mittlerweile investieren viele Länder riesige Summen in diese Bereiche – doch in Israel beschäftigen sich die staatlichen Institutionen bislang kaum mit KI.

Denkfabriken Das werde sich nun ändern, versichert Premierminister Benjamin Netanjahu. Er habe darüber bereits mit dem Unternehmer Elon Musk gesprochen. Der Regierungschef beabsichtige, Denkfabriken einzuberufen, um sowohl im zivilen als auch im Sicherheitsbereich eine nationale Politik zu formulieren. Israel müsse sich zu einem »bedeutenden globalen Akteur auf diesem Gebiet« entwickeln, sagte er.

»Wir stehen am Beginn einer neuen Ära für die Menschheit, einer Ära der Künstlichen Intelligenz. Die Dinge ändern sich in schwindelerregendem Tempo. So wie wir Israel im Bereich Cyber zu einer nationalen Macht gemacht haben, so werden wir dasselbe auch im Bereich der Künstlichen Intelligenz tun.« Netanjahu telefonierte auch mit Altman und sagte, dass der seine Zuversicht zum Ausdruck gebracht habe, dass Israel ein »wichtiger globaler Akteur auf diesem Gebiet« werden könne.

Während des Gesprächs hätten die beiden »Chancen und Herausforderungen, denen sich die Welt und Israel im Zusammenhang mit KI gegenübersehen«, diskutiert, gab das Büro des Premiers im Anschluss an. Ein Teil des Gesprächs konzentrierte sich auch auf die Zusammenarbeit im Bereich der KI-Entwicklung.

Premier Netanjahu betont: »Wir stehen am Beginn einer neuen Ära für die Menschheit.«

Altman bestätigte später bei einer Veranstaltung an der Tel Aviver Universität, dass er »vom Talentpool in Israel beeindruckt« sei, und zeigte sich zuversichtlich, dass das lokale Technologie-Ökosystem eine »Hauptrolle« bei der Revolution der Künstlichen Intelligenz und den damit einhergehenden Veränderungen weltweit spielen wird. »Ich habe zwei Dinge beobachtet, die an Israel besonders sind: Das erste ist die Talentdichte, und das zweite sind die Unerbittlichkeit, Tatkraft und der Ehrgeiz israelischer Unternehmer. Diese Dinge zusammen sind optimal, um zu unglaublichem Wohlstand sowohl im Hinblick auf die KI-Forschung als auch auf KI-Anwendungen zu führen.«

ziel Altman war gemeinsam mit Ilya Sutskever nach Israel gekommen. Die beiden hatten 2015 OpenAI als Forschungs- und Entwicklungslabor mit dem Ziel gegründet, sicherzustellen, dass Künstliche Intelligenz der gesamten Menschheit zugutekommt. Musk hatte sie dabei unterstützt. Der in Russland geborene Sutskever ist in Israel aufgewachsen. Mit 16 Jahren zog er mit seiner Familie nach Kanada. Gemeinsam entwickelten Altman und Sutskever den erfolgreichen Chat­GPT, einen Chatbot, der das menschliche Schreiben nachahmt.

Die Veranstaltung wurde von Nadav Cohen von der Fakultät für Computerwissenschaften moderiert. Dabei diskutierten Altman und Sutskever die Bedrohungen und Herausforderungen, die KI und Superintelligenz in der Zukunft mit sich bringen werden, und beantworteten Fragen von Studenten und Hightech-Experten.
Sie ermutigten israelische Entwickler und Unternehmer, in das Neuland der KI vorzudringen. »Ich sage: Mach es einfach!«, so Sutskever.

Gleichzeitig betonten sowohl Altman als auch er die Notwendigkeit, die existenziellen Bedrohungen durch KI ernst zu nehmen, indem eine Grenzregulierungsbehörde geschaffen wird, ähnlich den Kontrollbehörden für Kernenergie. »Alle müssen sich um Einschränkungen bemühen und verantwortungsvoll damit umgehen.«
Anschließend besuchte Altman das Forschungs- und Entwicklungszentrum von Microsoft in Israel. Der US-amerikanische Technologieriese hat Milliarden von Dollar in OpenAI investiert.

fortschritt »Die Fortschritte von OpenAI treiben einen beispiellosen menschlichen Fortschritt voran, vergleichbar mit den Auswirkungen der Internetrevolution«, kommentierte Geschäftsführerin Michal Braverman-Blumenstyk. »Ich war wirklich beeindruckt von Sams Engagement für die Förderung des verantwortungsvollen Einsatzes Künstlicher Intelligenz für positive Veränderungen.«

Präsident Herzog lud die Tech-Pioniere zur Diskussion in seine Residenz ein.

Anfang dieses Jahres hatte Microsoft bekannt gegeben, dass es OpenAI unterstützt. In den vergangenen Wochen begann das Unternehmen, Upgrades an seinen Systemen und Anwendungen vorzunehmen, indem es ChatGPT-Funktionen in seine Produkte integrierte. Es wird auch erwartet, dass die App an die Office-Suite angepasst wird.

Risiken Einen Tag zuvor hatte Präsident Isaac Herzog die Tech-Pioniere in seine Residenz eingeladen. Herzog brachte sein persönliches Interesse zum Ausdruck, eine Diskussion innerhalb Israels und weltweit über Ethik und Moral sowie andere Aspekte der KI-Technologie zu leiten. »Natürlich gibt es neben den großen Chancen dieser unglaublichen Technologie auch viele Risiken für die Menschheit und die Unabhängigkeit der Menschen in der Zukunft«, bemerkte Herzog. »Die Medizin wird durch KI dramatisch verbessert, doch Fragen der Ethik und Moral sowie Fragen von Fake News zeigen auch die Risiken auf.«

Anschließend gab Herzog zu: »Vor unserem Treffen heute Morgen habe ich einige Notizen geschrieben und konnte nicht widerstehen, ChatGPT zu fragen: ›Worüber soll ich mit Sam Altman sprechen?‹ Es empfahl genau diese Fragen der Ethik und Moral sowie der Partnerschaft mit Israel.«
»Ihre Software ist in der Tat klug«, lobte der Präsident seinen Besucher. »Lassen Sie uns gemeinsam Tikkun Olam machen.« Altman, der jüdisch ist, sagte Herzog, dass sein Besuch in Israel für ihn »ganz besonders« sei. »Die Energie, mit der die Technologie und ihre positiven Vorteile genutzt werden, ist fantastisch.« Er sei sicher, »dass Israel eine große Rolle spielen wird – seine Tech-Community ist wirklich erstaunlich«.

Altman und Sutskever hatten ihre »OpenAI-Welttournee« Anfang Mai gestartet und unter anderem bereits Washington, D.C., Rio de Janeiro und Lissabon eine Visite abgestattet. Sie trafen sich darüber hinaus mit Unternehmern und politischen Entscheidungsträgern in München, Madrid, Warschau, Paris und London. Nach dem Kurzbesuch in Israel reisten die beiden weiter nach Jordanien, Katar, in die Vereinigten Arabischen Emirate, nach Indien und Südkorea.

Genetik

Liegt es in der Familie?

Eierstockkrebs ist schwer zu erkennen. Warum ein Blick auf den Stammbaum nützen kann

von Nicole Dreyfus  23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Stefan Wimmer  23.11.2025

Aufgegabelt

Linsenpfannkuchen von König David

Rezept der Woche

von Jalil Dabit, Oz Ben David  22.11.2025

TV-Tipp

TV-Premiere: So entstand Claude Lanzmanns epochaler Film »Shoah«

Eine sehenswerte Arte-Dokumentation erinnert an die bedrückenden Dreharbeiten zu Claude Lanzmanns Holocaust-Film, der vor 40 Jahren in die Kinos kam

von Manfred Riepe  21.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  21.11.2025

TV-Kritik

Allzu glatt

»Denken ist gefährlich«, so heißt eine neue Doku über Hannah Arendt auf Deutsch. Aber Fernsehen, könnte man ergänzen, macht es bequem - zu bequem. Der Film erklärt mehr als dass er zu begeistern vermag

von Ulrich Kriest  21.11.2025