geschichtspolitik

Rückkehr unter Bedingungen

Figurengruppe »Widerstandskämpfer« von Arndt Wittig in der Gedenkstätte Münchner Platz Foto: JA

Der Zentralrat der Juden hat angekündigt, in die Gremien der Stiftung Sächsische Gedenkstätten zurückzukehren. Zumindest vorläufig. Dies teilte Generalsekretär Stephan J. Kramer Anfang dieser Woche in einem Brief an den Chef der Sächsischen Staatskanzlei, Johannes Beermann, mit. »Eine dauerhafte Mitarbeit wird davon abhängen«, schreibt Kramer, »ob noch in der laufenden Legislaturperiode substanzielle Änderungen des Stiftungsgesetzes in Kraft treten werden.«

Gemeint ist das Gedenkstättenstiftungsgesetz, das der sächsische Landtag im April 2003 verabschiedet hatte. Darin hieß es: »Zweck der Stiftung (Sächsische Gedenkstätten; d. Red.) ist es, diejenigen Stätten im Freistaat Sachsen ... zu betreuen, die an politische Gewaltverbrechen von überregionaler Tragweite, von besonderer historischer Bedeutung, an politische Verfolgung, an Staatsterror und staatlich organisierte Morde erinnern.« Der Zentralrat und diverse NS-Opferverbände sahen in den Formulierungen des Gesetzes eine Einebnung der Unterschiede zwischen dem NS-Völkermord und den Staatsverbrechen in der SBZ/DDR und beendeten daher im Januar 2004 unter Protest ihre Mitarbeit in der Stiftung Sächsische Gedenkstätten. Laut Kramer wurde nun in Gesprächen zwischen Zentralrat und Staatskanzlei »Einvernehmen dahingehend erzielt ..., dass das Stiftungsgesetz in wichtigen Punkten einer Anpassung bedarf«. Die sächsische Landesregierung verpflichtet sich, noch in der laufenden Legislaturperiode einen entsprechenden Änderungsantrag nach Vorschlägen des Zentralrats in den Landtag einzubringen. Zu entscheiden haben dann letztlich die Abgeordneten.

Ein weiterer Streitpunkt war die Ernennung des DDR-Bürgerrechtlers Siegfried Reiprich, zuvor stellvertretender Direktor der Stasi-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, zum neuen Geschäftsführer der Stiftung. NS-Opfergruppen werfen Reiprich vor, er würde den Schwerpunkt zu sehr auf die Aufarbeitung des DDR-Unrechts legen. In einem persönlichen Gespräch habe sich Kramer, wie es in seinem Brief heißt, von der »persönlichen Eignung« Reiprichs überzeugen können und »den Eindruck gewonnen, dass Herr Reiprich seinen Beitrag zur Versöhnung leisten will«. Das klingt zwar immer noch zurückhaltend, doch zeigt sich der Zentralrat zufrieden mit der gefundenen Lösung, die Arbeit der Stiftung schwerpunktmäßig aufzuteilen zwischen Reiprich, der sich um die Zeit nach 1945 kümmern, und seinem Stellvertreter Klaus-Dieter Müller, der sich vor allem den NS-Gedenkstätten widmen wird.

Müller, bis zu Reiprichs Arbeitsbeginn im Februar kommissarischer Geschäftsführer der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, begrüßt die Rückkehr des Zentralrats und unterstützt dessen Forderung nach Änderungen des Stiftungsgesetzes: »Beide Verfolgungsperioden darf man aufgrund der unterschiedlichen Dimensionen nicht in eins setzen.« Er betont allerdings: »Das hat die Stiftung auch nie gemacht.« Dies müsse nun auch im Gesetz so formuliert werden.

Skeptisch sieht Müller die Forderung nach getrennten Stiftungsbeiräten für die NS-Zeit und die SED-Diktatur. »Es gibt Gedenkstätten mit ›doppelter Vergangenheit‹, wie etwa den Münchner Platz in Dresden, der sowohl in der NS-Zeit als auch in der DDR bis 1956 Hinrichtungsstätte war. Für Stätten wie diese brauchen wir einen gemeinsamen Beirat.«

Aufgegabelt

Iced Tahini Latte

Rezepte und Leckeres

 02.07.2025

Essay

Wenn der Wutanfall kommt

Kleine Kinder können herausfordern. Was macht das mit Eltern? Reflexionen einer Mutter

von Nicole Dreyfus  02.07.2025

Meinung

Die Erforschung von Antisemitismus braucht Haltung und Strukturen

Damit die universitäre Wissenschaft effektiv zur Bekämpfung von Judenhass beitragen kann, muss sie zum einen schonungslos selbstkritisch sein und zum anderen nachhaltiger finanziert werden

von Lennard Schmidt, Marc Seul, Salome Richter  02.07.2025

Nach Skandal-Konzert

Keine Bühne bieten: Bob-Vylan-Auftritt in Köln gestrichen

Die Punkband hatte beim Glastonbury-Festival israelischen Soldaten den Tod gewünscht

 02.07.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 3. Juli bis zum 10. Juli

 02.07.2025

Kino

Düstere Dinosaurier, frisches Starfutter

Neuer »Jurassic World«-Film mit Scarlett Johansson läuft in Deutschland an

von Ronny Thorau  01.07.2025

Berlin

Ausstellung »Die Nazis waren ja nicht einfach weg« startet

Die Aufarbeitung der NS-Zeit hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Wendungen genommen. Eine neue Ausstellung in Berlin schaut mit dem Blick junger Menschen darauf zurück

von Lukas Philippi  01.07.2025

München

Fritz-Neuland-Gedächtnispreis gegen Antisemitismus erstmals verliehen

Als Anwalt stand Fritz Neuland in der NS-Zeit anderen Juden bei. In München wird ein nach ihm benannter Preis erstmals verliehen: an Polizisten und Juristen, die sich gegen Antisemitismus einsetzen

von Barbara Just  30.06.2025

Forschung

Digitales Archiv zu jüdischen Autoren in der NS-Zeit

Das Portal umfasst den Angaben zufolge derzeit rund eine Million gespeicherte Informationen

 30.06.2025