Hochschule

Rückhalt für die Jüdische Theologie

Mit der vormaligen Bildungsministerin Annette Schavan hat eine streitbare Verfechterin des interreligiösen Dialogs am Dienstagabend in Potsdam den Abraham-Geiger-Preis 2013 erhalten. Die 57-jährige Christdemokratin, Erziehungswissenschaftlerin und katholische Theologin wurde insbesondere für ihren Einsatz geehrt, die Jüdische Theologie in Deutschland universitär zu integrieren.

Schon im 19. Jahrhundert hatte der Reformrabbiner und Gelehrte Abraham Geiger, Mitbegründer der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin, eine Gleichstellung mit der christlichen Theologie eingefordert – vergebens. Laudator Christoph Markschies, selbst evangelischer Kirchenhistoriker und Vizepräsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, brachte Schavans Verdienste präzise auf den Punkt: Sie habe an entscheidender Stelle »geholfen, die jüdische Theologie inmitten der deutschen Universität zu etablieren«.

Impulse Tatsächlich hat Schavan, die von 2005 bis Anfang 2013 das Amt der Bundesministerin für Bildung und Forschung innehatte, ganz wesentliche Impulse zur Vernetzung der jüdischen Studien und schließlich auch für die Etablierung einer jüdischen Theologie in der Hochschullandschaft der Bundesrepublik gesetzt. So unterstützte sie 2009 den Aufbau des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerkes (ELES) zur Förderung begabter jüdischer Studenten und Nachwuchswissenschaftler, und sie wirkte an vorderster Stelle daran mit, dass das 2012 gegründete »Zentrum Jüdische Studien Berlin-Brandenburg« (ZJS) seine Arbeit mit einer soliden finanziellen Grundlage beginnen konnte.

Ebenfalls im vorigen Jahr unterstützte Schavan die Pläne zur Einrichtung einer »Potsdam School of Jewish Theology« innerhalb der Philosophischen Fakultät – die aller Voraussicht nach im Wintersemester 2013/14 ihre Arbeit aufnimmt. Zwei von fünf geplanten Professuren der jüdischen Theologie in Potsdam werden vom Bundesforschungsministerium finanziert, zwei weitere mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Land Brandenburg. Neben der professionellen Ausbildung von liberalen und konservativen Rabbinern soll das dortige Lehrangebot auch für andere Studiengänge geöffnet sein. Damit wird erstmals eine jüdische theologische Einrichtung in Deutschland universitär verankert sein und »auf Augenhöhe« mit katholischen und evangelischen Fakultäten agieren können.

Fundament Neben Laudator Christoph Markschies unterstrich auch der Direktor des Abraham Geiger Kollegs, Rabbiner Walter Homolka, dass ohne das Engagement von Annette Schavan die Etablierung der jüdischen Theologie in Brandenburg kaum erfolgreich durchzusetzen gewesen wäre. Die sichtlich gerührte Preisträgerin beschrieb in ihrer Dankesrede anschaulich, was ihr Engagement enorm beflügelt: »Ich bin davon überzeugt, dass die Theologien der drei großen Weltreligionen – des Judentums, des Islams und des Christentums – im Haus der Wissenschaft wichtig sind, und ich bin froh darüber, dass entsprechende Initiativen erfolgreich waren.« Später folgte noch der bemerkenswerte Satz: »Jüdische Theologie gehört in die Mitte der Universität, weil das Judentum zum Fundament der westlichen Zivilisation gehört.«

Zeit-Mitherausgeber Josef Joffe, der schon jetzt seine Vorfreude auf »streitbare Diskussionen in einer künftigen jüdischen Theologie« kundtat, oblag es schließlich, gemeinsam mit Walter Homolka den Abraham-Geiger-Preis an die Ministerin a. D. zu überreichen. Traditionell ist der Preis mit 10.000 Euro dotiert, die wiederum einem Zweck im Bereich der Rabbiner- und Kantorenausbildung zukommen sollen. Gemeinsam wurde vereinbart, dafür an der neuen »Potsdam School of Jewish Theology« spezielle Deutschland-Stipendien einzurichten.
Eine besonders festliche Note erhielt der Abend im Potsdamer Nikolaisaal schließlich durch jiddische Lieder, Volksmelodien und musikalische Gebete, die Kantorenstudenten des Abraham Geiger Kollegs unter Begleitung des Klaviervirtuosen Jascha Nemtsov vortrugen.

Musik

»Piano Man« verlässt die Bühne: Letztes Billy-Joel-Konzert

Eine Ära geht zuende: Billy Joel spielt nach zehn Jahren vorerst das letzte Mal »Piano Man« im New Yorker Madison Square Garden. Zum Abschied kam ein Überraschungsgast.

von Benno Schwinghammer  26.07.2024

Zahl der Woche

16 Sportarten

Fun Facts und Wissenswertes

 26.07.2024

Lesen!

Ein gehörloser Junge und die Soldaten

Ilya Kaminsky wurde in Odessa geboren. In »Republik der Taubheit« erzählt er von einem Aufstand der Puppenspieler

von Katrin Diehl  25.07.2024

Ruth Weiss

»Meine Gedanken sind im Nahen Osten«

Am 26. Juli wird die Schriftstellerin und Journalistin 100 Jahre alt. Ein Gespräch über ihre Kindheit in Südafrika, Israel und den Einsatz für Frauenrechte

von Katrin Richter  25.07.2024

Streaming

In geheimer Mission gegen deutsche U-Boote

Die neue Action-Spionagekomödie von Guy Ritchie erinnert an »Inglourious Basterds«

von Patrick Heidmann  25.07.2024

Bayreuth

Das Haus in der Wahnfriedstraße

Die Debatten um Richard Wagners Judenhass gehen in eine neue Runde. Nun steht sein antisemitischer Schwiegersohn Houston Stewart Chamberlain im Fokus

von Axel Brüggemann  25.07.2024

Sehen!

»Die Ermittlung«

Der Kinofilm stellt den Aussagen der Zeugen die Ausflüchte der Angeklagten gegenüber

von Ayala Goldmann  25.07.2024

Kommentar

Der »Spiegel« schreibt am eigentlichen Thema vorbei

In seiner Berichterstattung über das Abraham-Geiger-Kolleg konstruiert das Magazin eine Konfliktlinie

von Rebecca Seidler  25.07.2024 Aktualisiert

Literatur

Dieses Buch ist miserabel. Lesen Sie dieses Buch!

Eine etwas andere Kurzrezension von Ferdinand von Schirachs Erzählband »Nachmittage«

von Philipp Peyman Engel  24.07.2024 Aktualisiert