documenta

Ruangrupa weist Antisemitismus-Vorwürfe zurück

»Jüdische Stimmen wurden beschwichtigt und überhört«: die documenta fifteen in Kassel Foto: picture alliance / Fotostand

Dem zuletzt als judenfeindlich kritisierten Werk auf der von Antisemitismus-Vorwürfen überschatteten documenta fifteen soll umgehend eine Erläuterung beigefügt werden. Das teilte die documenta am Mittwochabend mit. Darin weist die künstlerische Leitung, das indonesische Kuratorenkollektiv Ruangrupa, die Vorwürfe gegen die umstrittene Arbeit zurück und verteidigt deren Veränderung.

»Mit dieser Intervention sollte eine mögliche Fehlinterpretation verhindert werden«, heißt es darin. Die documenta fifteen verweigere sich »der Polemik, die mit dieser Darstellung - ohne fundierte Recherche – ›den nächsten antisemitischen Skandal‹ ankündigt«.

geldsäcke Das Werk »All Mining is Dangerous« des indonesischen Kunstkollektivs Taring Padi war für die Abbildung einer Person mit Geldsäcken und langer Nase in die Kritik geraten. Sie trägt eine Kopfbedeckung, die einer Kippa gleicht. Diese wurde später überklebt. Bereits kurz nach der Eröffnung der documenta war ein Banner von Taring Padi wegen antisemitischer Abbildungen abgehängt worden.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

»Jeder/m Künstler*in steht es frei, ihr oder sein Werk zu bemalen, zu bekleben oder anderweitig zu bearbeiten«, betont Ruangrupa in der Erläuterung. In diesem Fall sei das nicht geschehen, um etwas zu vertuschen, »sondern als ästhetische Entscheidung, um auf den unmittelbaren Kontext, in dem das Werk gezeigt wurde, mit Anerkennung, Sensibilität und Behutsamkeit zu reagieren.«

Das Bild stellt laut Ruangrupa die muslimische religiöse Führung in Indonesien dar. Bei der Kopfbedeckung handele es sich nicht um eine Kippa, sondern um eine in Indonesien klassische und weit verbreitete »Kopiah« oder »Peci«. Diese werde von einer wiederkehrenden Figur in einer Form des beliebten indonesischen Puppenspiels - das Wayang - getragen. Die Kopiah, die Teil der nationalen und offiziellen Kleidung in Indonesien geworden sei, reiche im Gegensatz zur Kippa bis zu den Ohren.

expertenkommission Diese Hintergründe habe Ruangrupa Vertretern beider Gesellschafter, Stadt Kassel und Land Hessen, sowie dem Antisemitismusbeauftragten des Landes, Uwe Becker, erläutert, heißt es in der Mitteilung der documenta. Die Gesellschafter seien der Auffassung, dass als antisemitisch in der Diskussion stehende Beiträge bis zur abschließenden Klärung aus der Ausstellung entfernt werden sollten. Ihre abschließende Haltung zu dem umstrittenen Beitrag Taring Padis machten sie von der Einschätzung der von den Gesellschaftern eingesetzten Expertenkommission abhängig.

Die documenta fifteen wird schon seit Monaten von Antisemitismus-Vorwürfen begleitet. Mehrere Werke wurden als judenfeindlich kritisiert. Angesichts der Vorwürfe hatten die Gesellschafter ein Expertengremium aus sieben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern benannt, das die Weltkunstschau in den kommenden Monaten fachwissenschaftlich begleiten soll.

Hessens Antisemitismusbeauftragter Becker forderte am Donnerstag ein stärkeres gesellschaftliches Engagement gegen Judenfeindlichkeit. »Dort, wo es unsere Gesellschaft in der Hand hat, ob in Politik, Wirtschaft, Kultur oder Wissenschaft, ob in Vereinen, Organisationen und Verbänden, müssen wir uns noch entschiedener gegen Israelfeindlichkeit engagieren«, sagte er laut Mitteilung. Antisemiten und Israelfeinden müssten die Bühnen genommen werden. dpa

Düsseldorf

Paul-Spiegel-Filmfestival gestartet

Das Programm soll »ein realistisches Bild des Judentums und die Vielfalt der jüdischen Identitäten« vermitteln

 01.06.2023

Hard Rock

»Kiss«-Sänger: Ähnlichkeit mit SS-Runen ist uns nicht aufgefallen

Das »Doppel-S« im Band-Logo sollte Blitze darstellen, so der jüdische Bandleader Gene Simmons

 31.05.2023

Geschichte

Porträt einer gescheiterten Idee

Der Historiker Gennady Estraikh über Birobidschan, eine jüdische Heimat in Sibirien

von Alexander Kluy  31.05.2023

Analyse

»Rough Diamonds« auf Netflix feiert große Erfolge

Warum Serien über ultraorthodoxe Juden so großen Anklang finden

von Christiane Laudage  30.05.2023

Aufgegabelt

Omelett mit Lachs

Rezepte und Leckeres

 29.05.2023

Michal Vinik

»Nicht alle Beziehungen sind ein Deal«

Die israelische Regisseurin über arrangierte Ehen, Frauen im Kino und schwul-lesbische Festivals

von Sharon Adler  29.05.2023

Konzert

Noch schlimmer als erwartet

Roger Waters lieferte anti-israelische Propaganda in der größten Halle Berlins

von Imanuel Marcus  29.05.2023

Literatur

Schtetl, Stalin, Agonie

Ein Auswahl-Querschnittsband präsentiert ausgreifend und klug das Werk des jiddischen Schriftstellers Dovid Bergelson

von Alexander Kluy  28.05.2023

György Ligeti

Der Mikropolyphone

Zum 100. Geburtstag des ungarisch-jüdischen Komponisten

von Stephen Tree  28.05.2023