Literatur

Robert Menasse gewinnt den Deutschen Buchpreis

Preisträger Robert Menasse Foto: Alexandra Roth

Der österreichische Schriftsteller Robert Menasse ist am Montagabend in Frankfurt am Main für seinen Roman Die Hauptstadt mit dem Deutschen Buchpreis 2017 ausgezeichnet worden. »Zeitgenossenschaft ist in seinem Roman literarisch so realisiert, dass sich Zeitgenossen im Werk wiedererkennen und Nachgeborene diese Zeit besser verstehen werden«, so die Jury in ihrer Begründung. In einer ersten Reaktion zeigte sich Menasse gerührt und sagte: »Der Prozess der europäischen Einigung ist der entscheidende Prozess in unserer Lebenszeit.«

Die Literaturkritikerin Mara Delius von der Tageszeitung »Die Welt« lobte Buchpreis-Träger Menasse, der »eine Tragikomödie mit bitterernstem Unterton« geschaffen habe. Das Buch Die Hauptstadt sei ein »Plädoyer für ein Europa jenseits nationaler Egoismen«.

Friedensprojekt Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) erklärte in Berlin, Menasse sei »eine großartig recherchierte, vielschichtige Erzählung über das politische Europa gelungen, die deutlich macht, dass es sich trotz aller Schwierigkeiten lohnt, sich für das einzigartige Friedensprojekt Europa einzusetzen«.

Der Mitte September veröffentlichte Roman des österreichischen Schriftstellers erzählt die Geschichte einer Beamtin in der Generaldirektion Kultur der Europäischen Kommission in Brüssel. Die Bürokratin steht vor einer schwierigen Aufgabe. Sie soll das Image der Kommission aufpolieren. Aber wie? Im Laufe des Romans spannt Menasse einen weiten Bogen zwischen den Zeiten, den Nationen, dem Unausweichlichen, der Ironie des Schicksals – und nicht zuletzt auch zwischen der kleinlichen Bürokratie und großen Gefühlen.

Robert Menasse, 1954 in Wien geboren, gehört zu den wichtigsten deutschsprachigen Schriftstellern. Sein Vater, ein österreichischer Jude, war 1938 vor den Nationalsozialisten aus Wien geflohen und erst nach Kriegsende zurückgekehrt. Einer größeren Öffentlichkeit wurde Robert Menasse 1995 mit seinem Roman Schubumkehr bekannt. Seitdem äußert sich der Autor regelmäßig auch zu politischen Debatten und Diskussionen zu Wort. Er gilt als leidenschaftlicher Verfechter der Europäischen Idee. 2013 verfasste er mit der Politologin Ulrike Guérot ein Manifest für die Begründung einer Europäischen Republik.

Shortlist Neben Menasse waren auch die Berliner Dramatikerin Sasha Marianna Salzmann für ihren Debütroman Außer sich sowie die Autoren Franzobel, Thomas Lehr, Marion Posch und Gerhard Falkner nominiert. Insgesamt sichteten die sieben Jurymitglieder 200 Titel, die zwischen Oktober 2016 und dem 12. September 2017 erschienen waren.

Mit dem Deutschen Buchpreis zeichnet der Börsenverein des Deutschen Buchhandels seit 2005 jährlich zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse den besten deutschsprachigen Roman des Jahres aus. Der Preisträger erhält 25.000 Euro, die fünf Finalisten jeweils 2500 Euro.

Zu den bisherigen Preisträgern zählen Ursula Krechel (Landgericht), Julia Franck (Die Mittagsfrau), Uwe Tellkamp (Der Turm) und Eugen Ruge (In Zeiten des abnehmenden Lichts). epd/ppe

Lesen Sie mehr über den Roman in unserer Ausgabe am Mittwoch, die fünf Sonderseiten zur Frankfurter Buchmesse enthält.

Medien

»Besonders perfide«

Israels Botschafter wirft ARD-Korrespondentin Sophie von der Tann Aktivismus vor. Die Hintergründe

 18.07.2025

London

Kneecap und Massive Attack wollen andere israelfeindliche Bands unterstützen

Einige der Initiatoren einer neuen Initiative verherrlichten den palästinensischen und libanesischen Terror auf der Bühne. Andere verglichen das Vorgehen Israels gegen die Hamas mit dem Holocaust

von Imanuel Marcus  18.07.2025

Darmstadt

Literaturpreise für Dan Diner und Ilma Rakusa

Diner habe die Geschichte des Judentums immer wieder als »Seismograph der Moderne« verstanden, begründete die Jury die Wahl

 18.07.2025

Nachruf

Nie erschöpfter, unerschöpflicher Herrscher des Theaters

Claus Peymann prägte das Theater im deutschen Sprachraum wie nur wenige andere. Nun ist er in Berlin gestorben. Erinnerungen an einen Giganten der Kulturszene

von Christian Rakow  18.07.2025

Kulturpolitik

Weimer sieht autoritäre Tendenzen im Kulturbetrieb

Attacken auf das weltberühmte Bauhaus und steigende Judenfeindlichkeit: Nach Einschätzung von Kulturstaatsminister Weimer steht der Kulturbetrieb zunehmend unter Druck

von Katrin Gänsler  18.07.2025

Tournee

Bob Dylan auf drei deutschen Bühnen

Das Publikum muss sich bei den Vorstellungen der lebenden Legende auf ein Handyverbot einstellen

 18.07.2025

Marbach

Israelische Soziologin Eva Illouz hält Schillerrede

Illouz widme sich dem Einfluss wirtschaftlichen Denkens und Handelns und greife damit Widersprüche kulturgeschichtlich auf, hieß es

 17.07.2025

Musik

1975: Das Jahr großer Alben jüdischer Musiker

Vor 50 Jahren erschienen zahlreiche tolle Schallplatten. Viele der Interpreten waren Juden. Um welche Aufnahmen geht es?

von Imanuel Marcus  17.07.2025

Interview

»Eine Heldin wider Willen«

Maya Lasker-Wallfisch über den 100. Geburtstag ihrer Mutter Anita Lasker-Wallfisch, die als Cellistin das KZ Auschwitz überlebte, eine schwierige Beziehung und die Zukunft der Erinnerung

von Ayala Goldmann  17.07.2025 Aktualisiert