Berlin

Raubkunst der NS-Zeit

Besucher im Kunstgewerbemuseum Berlin betrachten ein Exponat des Welfenschatzes (2017) Foto: Gregor Fischer/dpa

In dem jahrelangen Streit um den millionenschweren Welfenschatz hat die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) einen weiteren Etappensieg errungen. Ein US-Bezirksgericht in Washington, D.C. habe dem Antrag der SPK auf Abweisung der Klage auf Herausgabe des Welfenschatzes stattgegeben, teilte die Stiftung am Dienstag in Berlin mit.

Zuständigkeit Die Klage war im Februar 2015 eingereicht worden. Das Gericht habe nun festgestellt, dass US-Gerichte nicht für eine solche Klage zuständig sind. Damit ende das Verfahren in den USA, sofern die Kläger keine Berufung einlegen, hieß es. 2021 hatte sich auch das höchste US-Gericht, der Supreme Court, mit der Klage beschäftigt und den U.S. District Court of Columbia angewiesen, sich erneut mit dem Fall zu beschäftigen.

Der Welfenschatz gilt als einer der bedeutendsten Kirchenschätze des Mittelalters. Die Stiftung sieht keine Grundlage für eine Rückgabe. In dem seit 2008 dauernden Restitutionsverfahren geht es um mehr als 40 Objekte des ursprünglich sehr viel umfangreicheren Schatzes, den das Welfenhaus 1929 verkauft hat. Einige Erben der jüdischen Händler, die 1935 den Schatz weiter verkauften, halten den Verkauf für NS-verfolgungsbedingt. Sie taxieren den Wert der Exponate heute auf 220 bis 260 Millionen Euro.

SPK-Präsident Hermann Parzinger betonte unter Hinweis auf jahrelange Recherchen und eine Empfehlung der sogenannten Beratenden Kommission von 2014, der Verkauf des Welfenschatzes 1935 sei kein NS-verfolgungsbedingter Zwangsverkauf gewesen.

Der sogenannte Welfenschatz ist eine Sammlung aus mittelalterlichen Goldschmiedearbeiten und anderem Kunsthandwerk, das zwischen dem 11. und 15. Jahrhundert entstand. Anfang Februar 2015 wurde der Schatz in das Verzeichnis national wertvoller Kulturgüter aufgenommen und darf damit nicht mehr ohne Weiteres ausgeführt werden.

Kunstwert Beim Welfenschatz handelte sich einst um den Kirchenschatz der Stiftskirche St. Blasius in Braunschweig. Er umfasste vermutlich ursprünglich 138 Stücke. Darunter ist auch ein kostbares Kuppelreliquiar von 1175, ein Behältnis für Reliquien in Form einer Kreuzkuppelkirche. Der Wert des gesamten Welfenschatzes auf dem Kunstmarkt wird heute mit rund 400 Millionen Euro beziffert.

Seit dem 17. Jahrhundert gehörte der Schatz dem Welfenhaus. In der Weimarer Republik versuchten die Herzöge, den Schatz zu Geld zu machen, zunächst ohne Erfolg. 1929, kurz vor dem Börsenkrach, übernahm ein Konsortium jüdischer Kunsthändler 82 Einzelexponate für

7,5 Millionen Reichsmark. Deren Verkaufsbemühungen zogen sich über mehrere Jahre hin, 40 Stücke konnten schließlich an verschiedene Museen und Privatleute vor allem in den USA veräußert werden.

1935 kaufte der Preußische Staat, Träger der Berliner Museen, die verbliebenen 42 Teile des Schatzes für 4,25 Millionen Reichsmark. Zwei weitere Objekte wurden wenig später hinzugekauft.

Rückkehr Ausgestellt war der Welfenschatz im Schlossmuseum. Im Krieg wurde er ausgelagert und kehrte in den 1950er-Jahren mit Gründung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz nach Berlin zurück. Der Welfenschatz ist heute im Kunstgewerbemuseums zu sehen.

2008 machten die vor allem in den USA lebenden Erben der ehemaligen Eigentümer des Händler-Konsortiums Restitutionsansprüche geltend. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, zu der das Kunstgewerbemuseum gehört, lehnte dies ab. Die von beiden Seiten angerufene Kommission unter Leitung der früheren Bundesverfassungsrichterin Jutta Limbach wies 2014 die Ansprüche der Erben-Gemeinschaft zurück. Dagegen klagten die Erben vor einem US-Gericht in Washington D.C., das Gericht wies die Klage ab, wie am Dienstag bekannt wurde. epd

Glosse

Der Rest der Welt

Warum ich Steven Spielbergs Entschuldigung annehme

von Joshua Schultheis  06.06.2023

TV-Tipp

Arte-Doku über eine Heldin der Nazi-Zeit

Ihr Name ist weitgehend unbekannt - dabei rettete Aracy de Carvalho während der Nazi-Zeit zahllosen Juden das Leben: Die Hamburger Botschaftsmitarbeiterin verschaffte ihnen Visa in die Freiheit

von Katharina Zeckau  06.06.2023

Berlin

Akademie der Künste gibt Skizzenbuch von Max Liebermann an Nachfahrin zurück

Im Innendeckel war ein Stempel mit der Unterschrift des Malers entdeckt worden

 06.06.2023

Hollywood

Jonah Hill zum ersten Mal Vater geworden

Olivia Millar, die Freundin des Star-Schauspielers, ist die Mutter

 05.06.2023

Geschichte

CNN-Legende Wolf Blitzer zeigt in Berlin Holocaust-Doku

In dem Film geht es auch um die Familiengeschichte des Journalisten

von Anna Ringle  04.06.2023

Berlin

Haus der Kulturen der Welt feiert Wiedereröffnung

Kulturstaatsministerin Roth steht wegen ihrer Haltung zu BDS massiv in der Kritik. Nun gab sie ein Versprechen

 04.06.2023

Aufgegabelt

Lachs-Sashimi

Rezepte und Leckeres

 04.06.2023

Interview

»Das Misstrauen bleibt«

Stella Leder über Kulturstaatsministerin Claudia Roth, Antisemitismus im Kulturbetrieb und fehlende Empathie gegenüber Jüdinnen und Juden in der Kunstwelt

von Joshua Schultheis  04.06.2023

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  02.06.2023