Andenken

»Eine Stimme für das Leben«

Ein neues Buch erinnert an die im Mai verstorbene Margot Friedländer. Das Vorwort stammt von ihrem engen Freund Igor Levit. Foto: picture alliance / epd-bild

Hommage an eine der bekanntesten Zeitzeuginnen: Knapp fünf Monate nach ihrem Tod ist am Montag ein Buch über Margot Friedländer erschienen. Der Band »Margot Friedländer. Eine Stimme für das Leben« versammelt Fotos der Schoah-Überlebenden von Markus C. Hurek, Zitate und Gedanken von ihr. Der Pianist Igor Levit steuert das Vorwort bei. Im Alter von 103 Jahren war Friedländer am 9. Mai dieses Jahres in Berlin gestorben.

Die Schwarz-Weiß-Fotos zeigen Spuren eines Jahrhundertlebens im Gesicht und auf den Händen von Friedländer. Und auch: Friedländer im vertrauten Zwiegespräch mit Promis und anderen Leuten, auf Veranstaltungen, mit einer Katze, lächelnd. Immer wieder elegant und mit einer Bernsteinkette als Erinnerung an ihre von den Nazis ermordete Mutter. Friedländer ist am Holocaustmahnmal in Berlin zu sehen. Andere Fotos zeigen ein verlassenes Treppenhaus.

Friedländer überlebte - anders als ihre Mutter und ihr Bruder - die Schoah. Nach mehr als sechs Jahrzehnten in New York kehrte sie im Alter von 88 Jahren in ihre Heimat Berlin zurück. Sie engagierte sich für Demokratie sowie gegen Antisemitismus, Rassismus und Ausgrenzung. Ihre letzte Ruhestätte fand sie in einem Ehrengrab auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee neben dem Grab ihrer Großeltern.

»Radikal empathisch«

Das Vorwort von Levit ist von Wärme und Respekt geprägt und enthält einige Anekdoten. Wie er Friedländer zum Beispiel zu einem Konzert von ihm eingeladen und sie gesagt habe, dass sie sehr gerne komme - er aber nun auch üben müsse. Dass Friedländer, die er »Margot« nennt, erinnert und nicht angeklagt habe, sei »übergroß«.

Es werde sich zeigen, ob ihre Appelle, ihr Leben, ihre Vergangenheit und die Schoah mit rund sechs Millionen Toten verhalle. Levit erinnert an einen bekannten Satz von Friedländer: »Seid Menschen.« Er sieht darin den Aufruf, »radikal empathisch« zu sein.

Der Fotograf und Herausgeber Hurek schreibt, dass die erste Auswahl an Fotos für das Buch gerade fertig geworden sei, als die Nachricht von ihrem Tod gekommen sei. Das Gespräch für das Buch mit Franziska Reich, »Focus«-Chefredakteurin, habe Friedländer mit dem Satz beendet: »Ich glaube, ich habe mein Leben gemacht.« Er nimmt Bezug auf einen Satz ihrer Mutter: »Versuche, dein Leben zu machen« - bevor diese mit Margots Bruder deportiert und in Auschwitz ermordet wurde.

Markus C. Hurek (Hrsg.), »Margot Friedländer. Eine Stimme für das Leben«, mit Fotografien von Hurek und einem Vorwort von Igor Levit, Elisabeth Sandmann Verlag, 2025, 130 S., ISBN 978-3-949582-44-8, 20,00 Euro

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