Antisemitismus

»Ich hasse Israel nicht«

Nemi El-Hassan 2016 in Berlin bei einer Veranstaltung der Bundeszentrale für politische Bildung. Foto: picture alliance / dpa

Nemi El-Hassan hat den Vorwurf des Antisemitismus zurückgewiesen und die Teilnahme an der Juden- und israelfeindlichen Al-Quds-Demonstration 2014 in Berlin mit Unwissenheit erklärt. »Mir war nicht klar, dass diese Demos durch das iranische Regime ins Leben gerufen wurden«, sagte die 28-jährige Ärztin und Journalistin dem Nachrichtenmagazin »Der Spiegel«.

DEMO El-Hassan sollte ab November das Wissenschaftsmagazin »Quarks« im Westdeutschen Rundfunk (WDR) moderieren. Nach Bekanntwerden der Demo-Teilnahme und weiterer Anschuldigungen im Zusammenhang mit Judenhass und Israelfeindlichkeit hatte der WDR am Dienstag erklärt, bis zur Klärung der Vorwürfe die Zusammenarbeit vorerst auszusetzen.

In dem am Mittwochabend online veröffentlichten »Spiegel«-Interview sagte El-Hassan: »Ich war seit 2014 auf keiner Al-Quds-Demo mehr. Ich hasse Israel nicht.« Sie habe 2014 angesichts der israelischen Offensive im Gazastreifen - zu der der jüdische Staat sich entschieden hatte, um seine Bürger zu schützen und um weitere Angriffe Palästinensischer Terroristen aus Gaza zu unterbinden - ihre Solidarität mit den Palästinensern ausdrücken wollen. »Dass diese Demo auf jeden Fall das falsche Mittel dafür war, das sage ich heute ganz klar«, so die Journalistin. Sie habe nicht wegen einer antisemitischen Grundhaltung teilgenommen. Sie sei »einfach komplett unreflektiert und uninformiert gewesen«.

UMFELD Der Al-Quds- oder Jerusalem-Tag wurde 1979 vom iranischen Revolutionsführer Ajatollah Khomeini initiiert und ruft die Muslime zur Eroberung Jerusalems und zur Zerstörung Israels auf. Im Iran ist dieser Tag offizieller Feiertag.

»Viele meiner damaligen Bekannten aus dem konservativ-schiitischen Umfeld gingen dorthin«, schilderte El-Hassan, deren palästinensische Eltern im Libanon aufgewachsen und 1991 nach Deutschland gekommen seien. Sie habe sich vor sieben Jahren keine Gedanken über den Hintergrund der Demonstration gemacht, wie sie das heute machen würde. Mittlerweile sei sie »auch nicht mehr in diesem Umfeld unterwegs.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

«Ich gehe nicht mehr in diese Moscheen. Vieles ist mir persönlich zu eng geworden», sagte sie dem «Spiegel», der nach eigenen Angaben wenige Stunden vor der Information des WDR über das Aussetzen der Zusammenarbeit mit El-Hassan sprach. Es sei sehr schmerzhaft für sie, «über den Menschen nachzudenken, der ich damals war». Sie habe diesen Teil ihrer Geschichte verdrängt.

SCHAM «In meiner Erinnerung habe ich lange geglaubt, nur Dinge wie ‚Free Gaza‘ gerufen zu haben. Jetzt, wo ich diese Zeit meines Lebens reflektiere, kann ich nicht ausschließen, Dinge gesagt zu haben, die antizionistisch sind und Israelfeindlichkeit bedienen», sagte El-Hassan und fügte hinzu: «All das tut mir sehr leid. Ich schäme mich für diese Zeit.» Heute sei ihr klar: «Das ist keine Demo, auf der man sich blicken lassen sollte, wenn man für eine pluralistische Gesellschaft einstehen möchte, wie ich das tue.»

Die Journalistin bezeichnete sich in dem Interview als Muslimin: «Aber ich bin in keiner Weise konservativ. Ich möchte, dass jeder Mensch unabhängig von seiner religiösen Überzeugung sich entfalten kann.» Nemi El-Hassan ging nach ihrem Medizinstudium in den Journalismus und war unter anderem Mitbegründerin des Youtube-Kanals «Datteltäter», der es sich zur Aufgabe gemacht hat, in satirischen Videos mit Vorurteilen gegen Muslime aufzuräumen.

Erst am Freitag vergangener Woche hatte der WDR El-Hassan und Florence Randrianarisoa als neue Moderatorinnen der Wissenschaftssendung «Quarks» angekündigt. Sie sollten im Wechsel mit Ralph Caspers die Sendung moderieren. epd

Österreich

Neue Direktorin für das Jüdische Museum Hohenems

Historikerin Irene Aue-Ben-David übernimmt die Leitung und bringt internationale Erfahrung aus Jerusalem mit

von Nicole Dreyfus  16.12.2025

Basel

Mann wollte Juden während des ESC angreifen

Kurz vor dem »Eurovision Song Contest« in der Schweiz wurde ein 25-Jähriger wegen konkreter Gewaltdrohungen festgenommen und ausgewiesen

von Nicole Dreyfus  16.12.2025

Berlin

Umstrittene 88: Der schwierige Umgang mit rechten Codes

Im Berliner Fußball sorgt die Debatte um die Rückennummer 88 und dem Hitler-Bezug für Kontroversen. Warum das Verbot erneut scheiterte und wie der Fußball insgesamt mit rechtsextremen Codes umgeht

von David Langenbein, Gerald Fritsche, Jana Glose  16.12.2025

Wien

ESC 2026: ORF will israelfeindliche Proteste nicht ausblenden

Die Debatte und der Boykott einzelner Länder wegen der Teilnahme Israels haben den ESC 2026 bisher überschattet. Auch beim Event im Mai selbst drohen Proteste. Wie geht der ORF damit um?

 16.12.2025

Washington D.C.

Trump sorgt mit Angriffen auf ermordeten Rob Reiner für Empörung

Der jüdische Regisseur sei an einem »Trump-Verblendungssyndrom« gestorben, schreibt der Präsident. Dafür erntet er seltene Kritik aus den eigenen Reihen

 16.12.2025

Nachruf

Filmproduzent mit Werten

Respektvoll, geduldig, präzise: eine Würdigung des sechsfachen Oscar-Preisträgers Arthur Cohn

von Pierre Rothschild  15.12.2025

Meinung

Xavier Naidoos antisemitische Aussagen? Haken dran!

Der Mannheimer Sänger füllt wieder Konzertsäle. Seine Verschwörungserzählungen über Juden und holocaustrelativierenden Thesen scheinen kaum noch jemanden zu stören

von Ralf Fischer  15.12.2025

Los Angeles

Bestürzung über Tod von Rob Reiner und Ehefrau Michele

Der jüdische Regisseur und seine Frau wurden tot in ihrem Haus aufgefunden. Die Polizei behandelt den Fall als mögliches Tötungsdelikt

 15.12.2025

Justiz

Gericht: Melanie Müller zeigte mehrmals den Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was im Berufungsverfahren zur Debatte steht

von André Jahnke  14.12.2025