Wuligers Woche

Mut zur Lücke

Foto: Getty Images/iStockphoto

Wuligers Woche

Mut zur Lücke

Die SPD macht’s vor: Es geht auch ohne Nahostpolitik

von Michael Wuliger  12.12.2019 08:07 Uhr

Wer je mit engagierten Kämpfern für die gerechte Sache des palästinensischen Volkes zu tun hatte, hat es geahnt. Jetzt ist es empirisch bewiesen: Die meisten dieser Leute haben keine Ahnung, wovon sie reden. Professor Ron Hassner von der University of California in Berkeley hat 230 Studenten der Elitehochschule zu ihrer Meinung über den Nahostkonflikt befragt.

43 Prozent der Interviewten gaben an, dass die israelische Besatzung palästinensischer Gebiete ihnen sehr am Herzen liege. Drei Viertel von ihnen konnten allerdings besagte Gebiete nicht auf einer Landkarte lokalisieren. 84 Prozent der jungen Freunde Palästinas wussten nicht, in welchem Jahrzehnt der Sechstagekrieg stattgefunden hatte, mit dem die Besatzung begonnen hatte.

SCHÄTZUNGEN Nur 17 Prozent hatten eine Vorstellung davon, wie viele Menschen in Israel leben (es sind fast neun Millionen); die Schätzungen des Rests lagen zwischen 100.000 und 150 Millionen.

Ja, ich weiß, alle hacken gerade auf der SPD herum. Ich nicht.

Zum Glück gibt es noch Menschen, die wissen, dass das Klügste, was man tun kann, wenn man sich nicht wirklich auskennt, ist, den Mund zu halten. Ich rede von den deutschen Sozialdemokraten. Ja, ich weiß, alle hacken gerade auf der SPD herum. Ich nicht. Im Gegenteil: Ich finde, dass die Sozialdemokratie auf ihrem Parteitag in Berlin vergangenes Wochenende beispielhaft Zeichen gesetzt hat. Zumindest beim Thema Israel/Palästina. Das kommt in den Beschlüssen des Parteitags nämlich überhaupt nicht vor.

SENF Der Gesamtkomplex Nahost nimmt in dem Beschluss »Frieden sichern, Zukunft gestalten – Sozialdemokratische Außen- und Sicherheitspolitik für eine neue Zeit« von zehn Seiten gerade einmal 27 Zeilen ein. Und in denen geht es um Syrien. Kein Wort zu Friedensprozess, Zweistaatenlösung et cetera.

Welch eine Wohltat in einem Land und einer Zeit, da jeder meint, zur Lage zwischen Mittelmeer und Jordan ständig seinen Senf dazugeben zu müssen. Vielleicht haben die Genossen sich einfach gedacht: Lassen wir die Finger von dem Thema. Die Situation dort ist viel zu komplex. Ehrlich gesagt, blicken wir nicht wirklich durch. Und außerdem interessiert in der Region eh keinen, was wir dazu meinen.

Seit über 50 Jahren haben unsere Länder versucht, den Konflikt zu lösen. Herausgekommen ist dabei nichts.

Das sollte Schule machen, in Deutschland, in Europa, in der ganzen Welt. Heiko Maas könnte sich bei seinem nächsten Israelbesuch, statt lange, fruchtlose Gespräche über Frieden zu führen, ein paar entspannte Tage am Strand von Eilat gönnen. Der neue EU-Außenbeauftragte Josep Borrell dürfte sich endlich seinen anderen Aufgaben widmen, was immer die sind.

Trump, Merkel und Macron würden beim nächsten Gipfel der G-7 vor die Presse treten und erklären: Seit über 50 Jahren haben unsere Länder versucht, den Konflikt zu lösen. Herausgekommen ist dabei nichts. Deshalb lassen wir’s in Zukunft sein.

Natürlich hätte das auch negative Folgen. Die vielen Nahostexperten in Medien und Instituten müssten sich neue Jobs suchen. Aber zum Glück hat die SPD ja auch beschlossen, Arbeitslose künftig besser zu versorgen.

Eurovision Song Contest

Spanien bekräftigt seine Boykottdrohung für ESC

Der Chef des öffentlich-rechtlichen Senders RTVE gibt sich kompromisslos: José Pablo López wirft Israel einen »Genozid« in Gaza und Manipulationen beim Public Voting vor und droht erneut mit dem Austritt

 28.11.2025

Imanuels Interpreten (15)

Elvis Presley: Unser »King«

Fast ein halbes Jahrhundert nach Elvis’ Tod deutet viel darauf hin, dass er Jude war. Unabhängig von diesem Aspekt war er zugleich ein bewunderns- und bemitleidenswerter Künstler

von Imanuel Marcus  28.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Fernsehen

Abschied von »Alfons«

Orange Trainingsjacke, Püschelmikro und Deutsch mit französischem Akzent: Der Kabarettist Alfons hat am 16. Dezember seine letzte Sendung beim Saarländischen Rundfunk

 27.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 27. November bis zum 3. Dezember

 27.11.2025

Fernsehen

Zieht Gil Ofarim ins Dschungelcamp? 

RTL kommentiert noch keine Namen - doch die Kandidaten-Gerüchte um Gil Ofarim und Simone Ballack sorgen schon jetzt für reichlich Gesprächsstoff

von Jonas-Erik Schmidt  27.11.2025

Rezension

Ein Feel-Good-Film voller kleiner Wunder

Ein Junge, der nicht laufen kann, Ärzte, die aufgeben, eine Mutter, die unbeirrt kämpft. »Mit Liebe und Chansons« erzählt mit Herz und Humor, wie Liebe jede Prognose überwindet

 27.11.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  27.11.2025

Kino

Echte Zumutung

Ronan Day-Lewis drehte mit seinem Vater Daniel als Hauptfigur. Ein bemühtes Regiedebüt über Gewalt und Missbrauch

von Maria Ossowski  27.11.2025