Pop

Musikalisches Multitalent

Adam Schlesinger (1967–2020) Foto: imago images/ZUMA Wire

Pop

Musikalisches Multitalent

In New York verstarb der Songwriter Adam Schlesinger an den Folgen einer Covid-19-Infektion

von Ralf Balke  17.04.2020 08:36 Uhr

Das Virus macht auch vor der Musik- und Filmwelt nicht halt. Am 1. April starb in einem Krankenhaus in New York der Sänger und Songwriter Adam Schlesinger an den Folgen einer Corona-Infektion. Und wie bei vielen anderen Opfern der Pandemie geschah alles ganz schnell. Ende März begab er sich aufgrund heftiger Grippesymptome in medizinische Behandlung. Ein Test ergab, dass Schlesinger Covid-19-positiv war. Sofort wurde der vielfache Emmy- und Grammy-Preisträger an ein Beatmungsgerät angeschlossen – doch keine Therapie habe richtig angeschlagen, so sein Anwalt Josh Grier gegenüber der Presse.

Schlesinger, der aus einer säkularen jüdische Familie stammte, war in zahlreichen musikalischen Genres zu Hause – ein wahres Multitalent, wie es Freunde und Kollegen in ihren Nachrufen immer wieder betonen. »Adam Schlesinger hat der Popmusik einige der besten Stücke beschert, die alle zu Klassikern wurden«, twitterte der Komponist und Produzent Jack Antonoff. »Es ist eine Ehre, zur gleichen Zeit gelebt zu haben, in der er sein Werk geschaffen hat.«

INDIE-ROCK Mit seiner Indie-Rockband Fountains of Wayne, deren Name übrigens auf einen Laden für Gartenbedarf in New Jersey zurückgeht, veröffentlichte Schlesinger zwischen 1996 und 2011 fünf Alben. Das bekannteste Stück von Fountains of Wayne dürfte »Stacy’s Mom« sein, wofür er gemeinsam mit Co-Songwriter Chris Collingwood 2003 gleich zwei Grammys einheimste.

»Die Band war mehr New Jersey als New York«, brachte es Andrew Dalton bei ABC News auf den Punkt. »Während die meisten Rockbands die Metropole thematisieren, widmeten sich Fountains of Wayne mit ihren bissigen Geschichten wie die über einen Fliesenleger, der davon überzeugt ist, dass sein Schwarm zu ihm zurückkehrt, und dem Pendler, der sich seiner ›strahlenden Zukunft im Vertrieb‹ sicher ist, eher der Vorstadt.«

OSCAR-NOMINIERUNG Parallel dazu hatte Schlesinger mit der Gruppe Ivy ein weiteres musikalisches Eisen im Feuer, das insgesamt sechs Platten hervorbrachte. Und last but not least schrieb er auch noch zahlreiche Songs für TV- und Filmproduktionen. Sein erster richtiger Hit »That Thing You Do!« von 1996 aber klang wie aus der Zeit gefallen, wie ein Stück aus den 60er-Jahren. Zugleich sorgte dieser Song im gleichnamigen Film von Tom Hanks für den Durchbruch einer fiktionalen Popband namens The Wonders. Im realen Leben dagegen bescherte das Stück Schlesinger eine Oscar-Nominierung für den besten Originalsong.

BROADWAY-STÜCKE »Ohne Adam Schlesinger und sein ›That Thing You Do!‹ würde es Playtone gar nicht geben«, schrieb Tom Hanks, der 1998 diese erfolgreiche Film- und Fernsehproduktionsfirma gegründet hatte, ebenfalls auf Twitter. »Verlor ihn an Covid-19. Schrecklich traurig heute.« Mit seinem Musical Cry Baby von 2008 ergatterte Schlesinger zudem zwei Tony-Nominierungen sowie 2013 einen Emmy für Elmo the Musical. Auch auf dem Broadway hinterließ er Spuren, unter anderem mit dem Song »I Have Faith in You« für das David-Javerbaum-Stück An Act of God.

Die Liste seines Schaffens ist noch viel länger. In den vergangenen Jahren arbeitete Schlesinger an der sehr jüdischen Musical-Fernsehserie Crazy Ex-Girlfriend mit, die erfolgreich über vier Staffeln lief. Die meisten Songs darin stammten aus seiner Feder, und für »Antidepressants Are So Not a Big Deal« gewann er gemeinsam mit dem Macher und Star der Serie, Rachel Bloom, einen weiteren Emmy. Vor seiner Erkrankung arbeitete er an einer Musical-Adaption der Sarah-Silverman-Memoiren The Bedwetter. Schlesinger war mit der Grafikdesignerin Katherine Michel verheiratet und hinterlässt zwei gemeinsame Töchter.

Zahl der Woche

384 Betten

Fun Facts und Wissenswertes

 21.10.2025

Rezension

Constantin Schreiber zwischen Hass und Hoffnung

Auch in der fünften Folge seiner Late-Night-Show geht es Constantin Schreiber darum, dass die Menschen miteinander reden. Nur zu Israel will sich niemand so richtig äußern

 21.10.2025

Rock-Legende

Grenzgänger zwischen Jazz und Rock: Manfred Mann wird 85

Der jüdische Musiker tritt seit 63 Jahren mit seinen Bands auf. Schon in den nächsten Tagen sind Konzerte in Deutschland vorgesehen

von Imanuel Marcus  20.10.2025

Los Angeles

Gene Simmons beklagt mangelndes Verständnis für Israel

Es gebe auch viele jüdische »Idioten«, die nicht verstünden, was im Nahen Osten passiere, sagt der Kiss-Rocker

 20.10.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  19.10.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Über Wurstmeldungen und andere existenzielle Fragen

von Katrin Richter  19.10.2025

Aufgegabelt

Maroni-Kuchen

Rezepte und Leckeres

von Nicole Dreyfus  19.10.2025

Sachbuch

Ärger am Skopusberg

Yfaat Weiss skizziert die wechselvolle Geschichte der israelischen Exklave in Ost-Jerusalem zwischen 1948 und 1967

von Ralf Balke  19.10.2025

Innovation

Rettung für den Kinneret

Zum ersten Mal weltweit wird entsalztes Wasser in einen Süßwassersee geleitet

von Sabine Brandes  19.10.2025