Chanson

Musikalische Völkerverständigung

Die französische Chansonsängerin und Komponistin Barbara Foto: imago/United Archives

Mit ihrem Lied »Göttingen«, das die französische Sängerin Barbara 1964 in der gleichnamigen Stadt zur Uraufführung brachte, rührte sie zu Tränen. Heute wäre Barbara, die 1997 verstarb, 90 Jahre alt geworden.

Als zweites von vier Kindern wächst Monique Andrée Serf in einer jüdischen Familie in Paris auf. Erst viele Jahre später wird sie sich, in Anlehnung an ihre Großmutter, Barbara nennen. Ihr Vater kam aus dem Elsass, ihre Mutter aus Odessa. Auf der Flucht vor den Nationalsozialisten landet die Familie 1943 im südfranzösischen Saint-Marcellin, wo sie sich vor dem Zugriff des mit Nazi-Deutschland kollaborierenden Vichy-Regimes verstecken muss. Zurück in Paris erhält Monique nach dem Krieg Gesangs- und Klavierunterricht, um schließlich ab 1947 am Pariser Konservatorium klassische Musik zu studieren.

DURCHBRUCH Anfang der 50er-Jahre unternimmt sie in Brüssel erste musikalische Gehversuche, indem sie vor Freunden Chansons von Edith Piaf und Juliette Gréco singt. Nach ihrer Rückkehr nach Paris lernt sie Jacques Brel und Georges Brassens kennen, mit deren Liedern sie auftritt. Nebenbei schreibt sie eigene Texte, die sie vertont und in ihr Programm aufnimmt. 1957 nimmt sie in Brüssel eine erste Single auf. Doch erst 1964 gelingt ihr der Durchbruch, mit einem Lied, das ausgerechnet in Deutschland entstand.

Nach ihrer Rückkehr nach Paris lernt sie Jacques Brel und Georges Brassens kennen.

Fortan nimmt die Sängerin das Lied fest in ihr Repertoire auf und produziert eine LP auf Deutsch (Barbara singt Barbara), was auch in Frankreich zu ihrer Popularität beiträgt. Hätte es das Deutsch-Französische Jugendwerk, dessen Gründung auf den »Élysée-Vertrag« von 1963 zurückgeht, nicht schon gegeben, so wäre es wohl spätestens nach Barbaras »Göttingen« erfunden worden.

EHRUNG Erst viele Jahre später wurde die Chansonnière für ihr Engagement sowohl in Deutschland als auch in Frankreich geehrt. 1987 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz, 1988 die Ehrenmedaille der Stadt Göttingen. 2002 wurde der ehemalige Spielort des Jungen Theaters wurde mit einer Gedenktafel versehen und eine Straße nach ihr benannt. Im gleichen Jahr nahm das französische Bildungsministerium »Göttingen« in das offizielle Schulprogramm der Vor- und Grundschulen auf.

2003 zitierte Bundeskanzler Gerhard Schröder aus dem Text des Liedes in seiner Ansprache zum 40. Jahrestag des Élysée-Vertrages bei einer gemeinsamen Sitzung des Bundestags und der französischen Nationalversammlung in Versailles und bemerkte: »Was Barbara dort direkt in unsere Herzen hineingesungen hat, das war für mich der Beginn einer wunderbaren Freundschaft zwischen Deutschen und Franzosen.«

2016 brachte das Städtische Museum Göttingen eine Sonderausstellung zu Ehren der Sängerin. 2017 wurde, anlässlich ihres 20. Todestages, vom Jungen Theater in Göttingen das Schauspiel Barbara. Gegen das Vergessen von Peter Christoph Grünberg aufgeführt. Ein Jahr später erhielt eine Metrostation in Paris ihren Namen. Ihre Rezeption ist, auch dank der sozialen Medien, bis heute ungebrochen.

Lesen Sie mehr über Barbara und die Entstehungsgeschichte ihres Chansons »Göttingen« am Donnerstag in unserer Printausgabe.

Essen

Festival jüdischer Musik mit Igor Levit und Lahav Shani

Der Festivalname »TIKWAH« (hebräisch für »Hoffnung«) solle »ein wichtiges Signal in schwierigen Zeiten« setzen, hieß es

 15.09.2025

Bremen

Seyla Benhabib erhält den Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken

Die Jury würdigte Benhabib als »herausragende politische und philosophische Intellektuelle«

 15.09.2025

Eurovision

Israel hält nach Boykottaufrufen an ESC-Teilnahme fest

Israel will trotz Boykott-Drohungen mehrerer Länder am Eurovision Song Contest 2026 teilnehmen. Wie andere Länder und Veranstalter reagieren

 15.09.2025

Antisemitismusskandal

Bundespräsident trifft ausgeladenen Dirigenten Shani

Nach dem Eklat um eine Ausladung der Münchner Philharmoniker in Belgien hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den künftigen israelischen Chefdirigenten Lahav Shani ins Schloss Bellevue eingeladen

von Anne Mertens  15.09.2025

Literatur

Ein Funke Hoffnung

Rafael Seligmann hält Deutschland derzeit nicht für den richtigen Ort einer Renaissance jüdischen Lebens. Trotzdem gibt er die Vision nicht auf. Ein Auszug aus dem neuen Buch unseres Autors

von Rafael Seligmann  15.09.2025

Los Angeles

»The Studio« räumt bei den Emmys 13-fach ab

Überraschende Sieger und politische Statements: Ausgerechnet eine jüdische Darstellerin ruft eine israelfeindliche Parole

von Christian Fahrenbach  15.09.2025

Freiburg im Breisgau

»Keine Schonzeit für Juden«: Neues Buch von Rafael Seligmann

Antisemitismus, der 7. Oktober 2023, ein Umzug von Tel Aviv nach München in den 1950er Jahren und ein bewegtes Leben: Der Historiker streift und vertieft in seinem aktuellen Werk viele Themen

von Leticia Witte  15.09.2025

Kino

Für Hermann Göring lernte Russell Crowe Deutsch

Crowe spielt den Nazi-Verbrecher in »Nuremberg«, einem packenden Thriller über die Nürnberger Prozesse

von Manuela Imre  14.09.2025 Aktualisiert

Nach Antisemitismus-Eklat

Lahav Shani wird im Ruhrgebiet begeistert empfangen

Den Auftritt in Essen besuchte auch Belgiens Premier Bart De Wever

 14.09.2025 Aktualisiert