Berlin

»Mein Jüdischsein war früher kein Thema«

Die Schauspielerin Naomi Krauss Foto: Stephan Pramme

Berlin

»Mein Jüdischsein war früher kein Thema«

Naomi Krauss (57) steht im Zentrum des neuen »Kreta-Krimis«. Sie ist froh, dass man sich endlich für ihre Religion interessiert. Und verbirgt in ihrer Heimatstadt dennoch lieber die Halskette mit dem Davidstern

von Christof Bock  04.03.2025 10:59 Uhr

Die Schauspielerin Naomi Krauss (57) ist früher nie auf ihr Jüdischsein angesprochen worden, bemerkt jetzt aber ein wachsendes Interesse. »Es war damals kein Thema«, sagte die 1989 nach Berlin gezogene Künstlerin.

»Das hat man gar nicht gefragt, das hat hier niemanden interessiert. Und damals war ich auch ein bisschen traurig, dass so viele Filme zu jüdischen Themen gedreht wurden und ich nicht dabei war«, so die Schauspielerin. Aber dann habe sich das mit der Zeit verändert. »Irgendwann wurde ich angefragt, selbst für die allerkleinsten Auftritte.«

Diesen Umschwung habe sie toll gefunden, sagte die gebürtige Schweizerin, die das Publikum etwa aus der Netflix-Komödie »Faraway« oder zahlreichen Auftritten bei »Tatort« und »Polizeiruf 110« kennt. »Und jetzt merke ich, das Thema ist virulent. Man ist interessierter und auch die Fragen in Interviews werden anders gestellt. Man spricht mich auf meine Herkunft an.« Krauss spielt im »Kreta-Krimi« der ARD die griechische Polizeimajorin Eleni Theodoraki. Der Pilotfilm »Tod in der Bucht« läuft am 6. März um 20.15 Uhr im Ersten.

Lesen Sie auch

Stimmung gegenüber Juden aggressiver

Krauss nimmt aber zugleich wahr, dass die Stimmung gegenüber Juden in der Hauptstadt teilweise aggressiv geworden ist. »Den offensiv getragenen Davidstern habe ich meiner Tochter verboten und ich verstecke ihn auch«, erläuterte Krauss. »In meinem Wikipedia-Artikel werde ich auf meinen ausdrücklichen Wunsch als »schweizerisch-israelische Schauspielerin« vorgestellt. Nach dem 7. Oktober 2023 habe ich das fast bereut. Ich hatte Angst. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Inzwischen habe ich mich beruhigt.« Im Oktober 2023 begann nach einem Überfall der Hamas der Gaza-Krieg.

Die Ermordung oder Vertreibung von Juden und Andersdenkenden während der Nazi-Zeit hat nach Wahrnehmung von Krauss eine Lücke in der deutschen Kultur hinterlassen - sowohl in der Theater- als auch in der Filmwelt. »Die nach Amerika fliehen konnten, haben dort unter anderem die Kunstszene in Hollywood aufgebaut«, so Krauss. »Dadurch ist hier ein großes Vakuum entstanden. Dieses wieder zu füllen, braucht natürlich seine Zeit.«

Krauss, in der Schweiz und Israel aufgewachsen, will durch ihre Kunst zur Verständigung in der Gesellschaft beitragen: »Dass die Leute sich identifizieren können oder sich inspiriert fühlen oder dass ich vielleicht sogar helfen kann.« Ihre Anliegen seien Menschlichkeit und Gerechtigkeit. »Dafür werde ich immer kämpfen, angefangen in meiner eigenen kleinen Welt.«

Biografie

Schauspieler Berkel: In der Synagoge sind mir die Tränen geflossen 

Er ging in die Kirche und war Messdiener - erst spät kam sein Interesse für das Judentum, berichtet Schauspieler Christian Berkel

von Leticia Witte  11.07.2025

TV-Tipp

Der Mythos Jeff Bridges: Arte feiert den »Dude«

Der Weg zum Erfolg war für Jeff Bridges steinig - auch weil der Schauspieler sich gegen die Erfordernisse des Business sträubte, wie eine Arte-Doku zeigt. Bis er eine entscheidende Rolle bekam, die alles veränderte

von Manfred Riepe  11.07.2025

Thüringen

Yiddish Summer startet mit Open-Air-Konzert

Vergangenes Jahr nahmen rund 12.000 Menschen an den mehr als 100 Veranstaltungen teil

 11.07.2025

Musik

Nach Eklat: Hamburg, Stuttgart und Köln sagen Bob-Vylan-Auftritte ab

Nach dem Eklat bei einem britischen Festival mit israelfeindlichen und antisemitischen Aussagen sind mehrere geplante Auftritte des Punk-Duos Bob Vylan in Deutschland abgesagt worden

 10.07.2025

Agententhriller

Wie drei Juden James Bond formten

Ohne Harry Saltzman, Richard Maibaum und Lewis Gilbert wäre Agent 007 möglicherweise nie ins Kino gekommen

von Imanuel Marcus  11.07.2025 Aktualisiert

Kulturkolumne

Bilder, die bleiben

Rudi Weissensteins Foto-Archiv: Was die Druckwelle in Tel Aviv nicht zerstören konnte

von Laura Cazés  10.07.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  10.07.2025

Ethik

Der Weg zum Glück

Nichts ist so flüchtig wie der Zustand großer Zufriedenheit. Doch es gibt Möglichkeiten, ihn trotzdem immer wieder zu erreichen – und Verhaltensweisen, die das Glück geradezu unmöglich machen

von Shimon Lang  10.07.2025

Essay

Das Jewish-Hollywood-Paradox

Viele Stars mit jüdischen Wurzeln fühlen sich unter Druck: Sie distanzieren sich nicht nur von Israel und seiner Regierung, sondern auch von ihrem Judentum. Wie konnte es so weit kommen?

von Jana Talke  10.07.2025