Hommage

Mein Berlin, Teil 2

Die Eindrücke überschlagen sich: Niva Yosef in einem Berliner Café Foto: Stephan Pramme

Bevor ich mich in das Puppentheater an der Schönhauser Allee aufmache, halte ich kurz in einem kleinen Café – eigentlich ist es ein Blumenladen mit Kuchenecke. Und da ist sie, die philosophische Frage nach Sein oder Nichtsein: Welchen Kuchen soll ich nehmen? Alle sehen fantastisch aus. Und mit einem guten Stück Mango-Kuchen ausgestattet, tauche ich in eine ganz andere Welt ein: die des Theaters. Das Publikum wirkt kühl, aber elegant. Mit einem Glas Sekt in der Hand schaue ich mir Orpheus in der Unterwelt an. Die Puppen sehen aus, als kämen sie geradewegs aus der Hölle. Sie haben diesen wirren Blick, der mich in den Bann zieht. Ich verstehe sogar etwas von den deutschen Texten und gehe nach der Vorstellung mit einem guten Gefühl auf eine Party von »echten Berlinern«. Alle scheinen gern zu reisen: nach Israel, Portugal, Spanien.

Die Welt trifft sich in Berlin. Sogar in der Nähe meiner Wohnung. In einer kleinen Galerie, die einem israelischen Pärchen gehört, treffe ich eine israelische Band. Sie haben in Israel alles hinter sich gelassen, um ihr Glück im Herzen Europas zu suchen. »Wir sind hier her gekommen, um unsere Musik zu spielen – das ist bei uns zu Hause nicht so einfach, denn der Mainstream ist fast die einzige Musikszene. Für eine Underground-Band wie uns ist es schwer, in Israel aufzutreten. Dafür ist das Land einfach zu klein.« Ich kann ihn kaum stoppen, so schnell und aufgeregt erzählt er. Auch davon, dass sie vorerst doch wieder nach Israel müssen – denn die Visa sind abgelaufen.

Meine Eindrücke überschlagen sich. Der lebendige Friedrichshain, die schicken Unter den Linden, die Champs-Élysées von Berlin, das Brandenburger Tor, und nun steht das Denkmal für die ermordeten Juden Europas vor mir. Es ist sonnig über den grauen Steinen, Kinder spielen darauf. Mitten im Labyrinth fühle ich mich verloren, habe Angst vor der Geschichte, doch das Spiel der Kinder holt mich in die Gegenwart zurück. Berlin versteckt sich nicht vor seiner Vergangenheit. Und sogar rund um das Anne-Frank-Museum ist einer der lebendigsten der Hauptstadt. Wie schön zu sehen, dass so viele Eltern mit ihren Kindern in dieses Museum kommen, um nach dem kleinen jüdischen Mädchen zu fragen und von ihm zu lernen.

Berlin ist nicht nur voll von Geschichte, sondern auch von Geschichten. Jemand sollte sie irgendwann aufschreiben.

Teil 1: Ankunft im Sprachgwirr
prelive.juedische-allgemeine.de/article/view/id/8515

27. Januar

Der unbekannte Held von Auschwitz

Der »Berufsverbrecher« Otto Küsel rettete Hunderten das Leben. In Polen ist er ein Held, in Deutschland fast unbekannt. Das will Sebastian Christ mit einem Buch ändern, für das er 20 Jahre lang recherchiert hat

 24.01.2025

Kino

Hoffnung auf mehr »Harry und Sally«

Möglicherweise kehren Meg Ryan und Billy Crystal als Harry und Sally zurück. Zumindest sorgt ein Social-Media-Post derzeit für Glücksgefühle

von Sophie Albers Ben Chamo  24.01.2025

Medien

Michel Friedman ist neuer Herausgeber des »Aufbau«

Die Zeitschrift »Aufbau« erfindet sich mal wieder neu. Diesmal soll Michel Friedman das 90 Jahre alte Blatt modernisieren. Der Journalist und Autor hat viel vor

von Sophie Albers Ben Chamo  23.01.2025

Oscars

»Der Brutalist« und »A Complete Unknown« nominiert

Adrien Brody und Timothée Chalamet sind auch als »Beste Hauptdarsteller« nominiert

 23.01.2025

Kulturkolumne

Sprachnachrichten als Zeitzeugnisse

WhatsApps auf Jiddisch von Regina Steinitz aus Israel

von Maria Ossowski  23.01.2025

Kino

»The Brutalist« - Packendes Filmepos über die Gegenwart der Vergangenheit

In 70mm gedrehtes herausragendes Filmepos über einen dem Holocaust entronnenen Architekten, der in den USA mit einem gigantischen Bauwerk seinen Traumata zu entkommen hofft

von Rüdiger Suchsland  23.01.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  23.01.2025

Lebensmelodien

Musik ist die beste Rache

Am 27. Januar erinnert die UN-Vollversammlung mit Werken verfolgter jüdischer Komponisten an die Schoa – das Projekt entstand in Berlin-Schöneberg

von Ayala Goldmann  23.01.2025

Mel Gibson

»Make Hollywood Great Again«

US-Präsident Donald Trump hat den Regisseur und Schauspieler zu seinem »Sonderbotschafter« ernannt – zusammen mit Sylvester Stallone und Ron Voigt

von Sophie Albers Ben Chamo  23.01.2025