Gratulation

Lieber Ilja Richter!

Gesicht der 70er-Jahre: Ilja Richter Foto: cinetext

Möglicherweise nervt es Sie ein bisschen, wenn ich jetzt auch schon wieder mit »Disco« komme. Ihre ZDF-Sendung wurde schließlich schon vor 30 Jahren eingestellt. In der Zwischenzeit haben Sie sich als Schauspieler, Regisseur, Rezitator, Synchronsprecher, Buchautor und Zeitungskolumnist profiliert, wurden mit renommierten Preisen wie dem Curt-Goetz-Ring ausgezeichnet. Ihre Haare sind kürzer und grauer geworden. An diesem Samstag werden Sie 60.

70er-Jahre Und dennoch: Kommt unter uns Älteren die Rede auf Sie, dauert es keine fünf Sekunden, bis mindestens einer Ihren Erkennungsspruch von damals zitiert: »Licht aus! Whoom! Spot an! Jaaa …!«

Das wird womöglich noch auf Ihrem Grabstein stehen. »Disco« bleibt für alle Zeiten an Ihnen hängen. Aus der Nummer kommen Sie nicht mehr raus. Wir, die wir heute 50 Jahre und älter sind, lassen Sie auch nicht. Denn für diese Generation verkörpern Sie die besten Zeiten ihres Lebens: jene Jahre, als wir im Wirtschaftswunder groß Gewordenen voll blindem Optimismus die Welt neu zu erfinden glaubten. In Frieden und Wohlstand aufgewachsen, glaubten wir, ach was, waren wir uns sicher, dass alles noch besser werden würde – reicher, sozial gerechter und nicht zuletzt sexuell befreiter. Wir waren schließlich die Generation Pille, die Sachen ausprobieren konnte, die ihre Eltern sich nie getraut hatten.

Für dieses Lebensgefühl stand auch die Musik, die wir aus Ihrer Sendung kannten. Zugegebenermaßen war dabei auch ziemlich viel Schmalz aus dem In- und Ausland vertreten: Sylvia’s Mother von Dr. Hook & The Medicine Show, Er gehört zu mir von Marianne Rosenberg (mit der Sie selbst liiert waren), Albert Hammonds It Never Rains In Southern California, Juliane Werding mit Am Tag als Conny Kramer starb. Aber bekanntlich ist der Kitsch von gestern die kulturelle Ikone von heute. Und noch die größten Soft-Pop- und Schlagerverächter von damals singen oder summen unwillkürlich mit, wenn sie diese und andere Titel hören.

schlager Dass Sie diesem Teil Ihrer Altersgenossen als kleinbürgerlicher Schlagerfuzzi galten – allein schon, weil Sie in der Sendung stets mit Krawatte auftraten, bääh, wie spießig – das hat Sie damals ein wenig gekränkt. Diese vermeintlich politisch Bewussten hatten doch keine Ahnung von Ihnen. Wussten die vielleicht, dass Ihre jüdische Mutter nur mit viel Glück und falschen Papieren die Schoa überlebt hatte? Dass Ihr Vater als kommunistischer Widerstandskämpfer im KZ gesessen hatte? Oder dass Sie Ihren Vornamen zu Ehren Ilja Ehrenburgs, des großen sowjetischen Schriftstellers, trugen?

Und auch, wenn ich meine, dass es etwas übertrieben war, als Sie 2011 in einem Interview mit dieser Zeitung behaupteten, »mit ›Disco‹ das bürgerlich-jüdische Unterhaltungskabarett wiederbelebt« zu haben: Glückwünsche zum Geburtstag haben Sie auch von uns verdient. Masel Tov und bis 120 – die Hälfte haben Sie ja schon geschafft!

Schweiz

Bührle-Sammlung behält Gauguin-Bild nach Vergleich mit Erben

Nach der Flucht aus Nazi-Deutschland mussten viele Juden Kunstbesitz unter Wert verkaufen, um ihr Leben zu finanzieren. Das hat bis heute Auswirkungen auf Kunstsammlungen - etwa in Zürich

von Christiane Oelrich  25.06.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  24.06.2025

Kolumne

Diasporajuden, löscht die Warn-App!

Was das jüdische Volk jetzt wirklich braucht: Wenigstens einer pro Familie sollte durchschlafen

von Ayala Goldmann  24.06.2025

Berlin

Ehrung für zwei Meister: »The Simon and Garfunkel Story« auf 18 deutschen Bühnen

Selbst Art Garfunkel selbst kennt die Show. Was hält er davon?

von Imanuel Marcus  24.06.2025

Berlin

»Manchmal war ich einfach nur erschöpft«

Schon als Kind war Scarlett Johansson von »Jurassic Park« begeistert. Nun erfüllt sich ihr Traum, selbst Teil des Franchise zu sein – doch die Dreharbeiten waren anstrengender als gedacht

 23.06.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Reif, reifer, Reifeprüfung: Warum ich jedes Jahr Abitur mache

von Nicole Dreyfus  22.06.2025

Lesen!

Menahem Pressler

Ein Jugendbuch schildert das Jahrhundertleben des jüdischen Pianisten

von Maria Ossowski  22.06.2025

Aufgegabelt

Schoko-Babka

Rezepte und Leckeres

 22.06.2025

Literatur

Die Kunst, das Opfer und die Ministerin

In seinem Schlüsselroman nimmt Jonathan Guggenberger den Antisemitismus im Kulturbetrieb aufs Korn

von Ralf Balke  22.06.2025