Sehen!

Liebe in Zeiten des Korea-Krieges

Vor allem Logan Lerman und Sarah Gadon als Marcus und Olivia tragen zur Intensität dieses ruhigen und klugen Films bei. Foto: Alison Cohen Rosa

Am Anfang steht der Tod: Wie auch in Philip Roths gleichnamiger, stark biografisch geprägter Romanvorlage Empörung wissen wir als Publikum bereits ab der zweiten Szene, dass der Protagonist sterben muss. Daraus macht auch der Film von James Schamus, der heute in den Kinos anläuft, kein Geheimnis. Seine hilflose Empörung kann Marcus ebenso wenig retten wie sein intellektueller Scharfsinn.

Aber wie die kausale Kette einzelner Ereignisse und Verwicklungen aufgefädelt ist, wie eins fast zwingend zum anderen führt, erzählen uns die folgenden 111 Minuten: Marcus wächst Anfang der 50er-Jahre in Newark als Sohn eines Metzgers in einer jüdischen Familie auf. Dank guter Schulnoten und Stipendium muss er nicht in den Korea-Krieg, sondern darf aufs College gehen. Dort kann er studieren und der vermeintlich paranoiden Angst seines Vaters entkommen.

Freiheit Doch im College warten nicht die große Freiheit, sondern soziale Enge, obligatorische Gottesdienstbesuche und ein Zimmer mit zwei jüdischen Kommilitonen. Der einzige Lichtblick ist die attraktive Olivia Hutton. Mit ihr beginnt er eine verwirrende erste Liebesbeziehung. Sie mussten sich finden, so erzählt es der Film, zwei sensible Unangepasste in einem erzkonservativen Umfeld, in dem Freiheit eine Illusion ist. Ebenso zwingend muss ihre Liebe in dieser Atmosphäre von Repression scheitern.

James Schamus lässt den Schauspielern in seinem Film in kammerspielartigen Sequenzen viel Raum. Vor allem Logan Lerman und Sarah Gadon als Marcus und Olivia tragen zur Intensität dieses ruhigen und klugen Films bei. Ohne dass die McCarthy-Ära explizit benannt werden muss, werden die erdrückende Enge, die Paranoia und Überwachung dieser Zeit spürbar. In den zentralen Szenen von Empörung lehnt sich Marcus zunehmend verzweifelt gegen die inquisitorischen Fragen von Dean Coadwell (Tracy Letts) auf. Seiner sozialen Rolle als Jude kann der junge Atheist auch hier nicht entkommen – diese Szenen von Empörung werden im Gedächtnis bleiben.

Ansonsten gibt Schamus immer wieder dem gesprochenen Wort den Vorzug vor den Bildern, und so wird allzu vieles in Empörung gesagt, anstatt es visuell umzusetzen. Dennoch ist dieser Film ein Muss – allein schon wegen des überragenden Drehbuchs und der beeindruckenden Leistungen der jungen Schauspieler.

Musik

»Piano Man« verlässt die Bühne: Letztes Billy-Joel-Konzert

Eine Ära geht zuende: Billy Joel spielt nach zehn Jahren vorerst das letzte Mal »Piano Man« im New Yorker Madison Square Garden. Zum Abschied kam ein Überraschungsgast.

von Benno Schwinghammer  26.07.2024

Zahl der Woche

16 Sportarten

Fun Facts und Wissenswertes

 26.07.2024

Lesen!

Ein gehörloser Junge und die Soldaten

Ilya Kaminsky wurde in Odessa geboren. In »Republik der Taubheit« erzählt er von einem Aufstand der Puppenspieler

von Katrin Diehl  25.07.2024

Ruth Weiss

»Meine Gedanken sind im Nahen Osten«

Am 26. Juli wird die Schriftstellerin und Journalistin 100 Jahre alt. Ein Gespräch über ihre Kindheit in Südafrika, Israel und den Einsatz für Frauenrechte

von Katrin Richter  25.07.2024

Streaming

In geheimer Mission gegen deutsche U-Boote

Die neue Action-Spionagekomödie von Guy Ritchie erinnert an »Inglourious Basterds«

von Patrick Heidmann  25.07.2024

Bayreuth

Das Haus in der Wahnfriedstraße

Die Debatten um Richard Wagners Judenhass gehen in eine neue Runde. Nun steht sein antisemitischer Schwiegersohn Houston Stewart Chamberlain im Fokus

von Axel Brüggemann  25.07.2024

Sehen!

»Die Ermittlung«

Der Kinofilm stellt den Aussagen der Zeugen die Ausflüchte der Angeklagten gegenüber

von Ayala Goldmann  25.07.2024

Kommentar

Der »Spiegel« schreibt am eigentlichen Thema vorbei

In seiner Berichterstattung über das Abraham-Geiger-Kolleg konstruiert das Magazin eine Konfliktlinie

von Rebecca Seidler  25.07.2024 Aktualisiert

Literatur

Dieses Buch ist miserabel. Lesen Sie dieses Buch!

Eine etwas andere Kurzrezension von Ferdinand von Schirachs Erzählband »Nachmittage«

von Philipp Peyman Engel  24.07.2024 Aktualisiert