»The Ballad of Buster Scruggs«

Legenden über den Wilden Westen

Szene aus dem Episodenfilm »The Ballad of Buster Scruggs« Foto: dpa

Die Zeit des Episodenfilms ist ungefähr so vorbei wie die des Westerns, und trotzdem wird beides munter weiter gedreht. Joel und Ethan Coen verbinden in The Ballad of Buster Scruggs auch noch beides miteinander und betonen den Touch des Altmodischen weiter dadurch, dass sie jedes Kapitel wie eine Buchillustration beginnen lassen.

Man wähnt sich tief in den 50er-Jahren, erwartet Westernstimmung in altem Stil – um dann von der schrillen, postmodernen Komik der ersten Episode um einen Revolverhelden namens Buster Scruggs (Tim Blake Nelson) aufgeschreckt zu werden. Wer die Coens für große Komödienkünstler hält, wird hier gleich auf seine Kosten kommen. Andere müssen einfach durchhalten: Es wird danach nämlich besser.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

BANKRÄUBER Die zweite Erzählung mit James Franco in der Rolle eines glücklosen Bankräubers liefert den besseren Hinweis auf das, worauf es die Coens abgesehen haben: sich an einer kleinen Anthologie der unterschiedlichen Tonarten des Westerns zu versuchen.

Den besten Auftritt in dem Film hat Tom Waits. Er verkörpert einen erfahrenen alten Goldsucher.

Wenn die erste Geschichte einem musikalischen Cabaret mit Zirkuseinlage gleicht, ist die zweite eine schwarzhumorige Groteske, in der für Francos Bankräuber natürlich nichts so läuft wie geplant. So kurz das Stück ist, so eindrücklich ist Francos Auftritt: Man hat den Schauspieler lange nicht mehr so wenig manieriert und so uneitel spielen sehen. Und er darf den besten Gag des Films sprechen.

GOLD Den besten Auftritt in The Ballad of Buster Scruggs hat jedoch Tom Waits. Er verkörpert einen erfahrenen alten Goldsucher. Die längste Zeit der Episode sieht man nur ihn und wie er in seinem Tal herumwerkelt. Seine alten Augen bestimmen die geologische Verfasstheit der Landschaft, dann schürft er mit Plan vor sich hin und zählt eifrig die Goldstücke, die er findet. Sie weisen ihm den Weg zur Goldader oder, wie er das nennt, zu »Mr. Pocket«.

Nacht für Nacht bereitet er sein Zeltlager und spricht vor sich hin: »Morgen krieg ich dich, Mr. Pocket!«, während sich rundherum die Spuren seiner Grabungen häufen. Waits ist kauzig und fokussiert in der Rolle, ein Mann, der seine eigene Gesellschaft mehr schätzt als die der anderen, der sichtlich ein Leben voller enttäuschter Hoffnungen hinter sich hat, von denen er sich aber nicht hat kleinmachen lassen. Es ist ein meisterhaftes Kabinettstück des ökonomischen Erzählens.

Nacht für Nacht bereitet er sein Zeltlager und spricht vor sich hin: »Morgen krieg ich dich, Mr. Pocket!«

Die beste Episode des Films ist trotzdem noch eine andere: Zoe Kazan spielt darin eine junge Frau, die mit ihrem Bruder zusammen in einem Treck nach San Francisco zieht. Dann aber stirbt der Bruder unterwegs, ihre finanziellen Mittel versiegen, und der Mann, den sie zur Hilfe mit dem Wagen engagiert hat, will nicht weiter auf Pump für sie arbeiten.

Immer wieder muss sie die beiden »Guides«, die den Treck leiten, um Hilfe bitten. So oft, dass sich zwischen ihr und dem Jüngeren in größter Selbstverständlichkeit eine Beziehung entwickelt. Zum allerersten Mal, und das verdanken sie natürlich auch Zoe Kazan und ihrem Gegenüber Bill Heck, zeigen die Coens hier einen echten Sinn für »true romance«.

»The Ballad of Buster Scruggs« läuft beim Streamingsdienst Netflix.

Imanuels Interpreten (2)

Milcho Leviev, der Bossa Nova und die Kommunisten

Der Pianist: »Ich wusste, dass ich Bulgarien verdammt zügig verlassen musste«

von Imanuel Marcus  07.12.2024

Aufgegabelt

Unser Rezept der Woche: Süße Reiskugel

Rezepte und Leckeres

 07.12.2024

Kulturkolumne

Keine Juden – kein Jesus

Warum Noa Cohen die perfekte Jungfrau Maria ist

von Sophie Albers Ben Chamo  07.12.2024

Essay

Da fehlt doch was …

Warum die Hochschulforschung dringend mehr jüdische Gegenwart wagen sollte. Ein Plädoyer

von Dani Kranz  07.12.2024

Aussteiger

Neues vom »Grünen Prinzen«

Mosab Hassan Yousef aus Ramallah ist Sohn des Hamas-Gründers – und steht unverrückbar an der Seite Israels. Nun hat er sein neues Buch vorgelegt

von Philip Fabian  07.12.2024

Paris

Roman Polanski von Verleumdungsvorwurf freigesprochen

Auch die Forderung der Schauspielerin Charlotte Lewis nach Schadenersatz ist abgewiesen

 05.12.2024

Porträt

»Ich bin ein Mischkonzern«

Rachel Braunschweig ist eine der erfolgreichsten Schweizer Schauspielerinnen und hat auch jenseits von Theaterbühne und Filmrollen viel zu sagen

von Nicole Dreyfus  05.12.2024

Los Angeles

Bob Dylan über Timothée Chalamet: »Timmy ist ein brillanter Schauspieler«

Chalamet soll Bob Dylan in einer neuen Biografie spielen. Den Singer-Songwriter scheint das zu freuen

 05.12.2024

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 05.12.2024