Centrum Judaicum

Lebensspuren

Der International Tracing Service (ITS) in Bad Arolsen und die Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum haben am vergangenen Freitag eine Pädagogische Handreichung über die Kartei der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, die zum Archivbestand des ITS gehört, vorgestellt.

Die Broschüre mit dem Titel »Karteikarten und Menschen – Fenster in die Vergangenheit« enthält fünf Schicksale jüdischer Kinder und Jugendlicher aus Berlin, die die Schoa überlebt haben. Hermann Simon, Direktor der Stiftung Neue Synagoge, betont: »Der nur teilweise überlieferte Bestand im Archiv des ITS ist für Forschung, Lehre und vor allem die pädagogische Arbeit von entscheidender Bedeutung.«

In einer Kooperation zwischen dem ITS, dem Centrum Judaicum und der Freien Universität Berlin entstand die Handreichung, um die Öffentlichkeit und Wissenschaftler auf diesen einzigartigen Fundus aufmerksam zu machen und einen ersten Zugang zu ermöglichen. Unterstützt wurde das Projekt von der Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten des Landes Berlin. Das pädagogische Material wird nun an Pädagogen der universitären, schulischen und außerschulischen Bildung, Lehramtsstudenten, Mitarbeiter von Gedenkstätten, Museen und Bildungseinrichtungen versandt.

Karteikarten Etwa 32.000 Karteikarten aus dem Bestand der »Reichsvereinigung« befinden sich insgesamt im Archivbestand des ITS, erklärte Susanne Urban, Leiterin Forschung und Bildung beim ITS, bei der Präsentation im Centrum Judaicum.

Darunter ist auch eine Karte zu Hermann Simons Vater Heinrich Simon – in der Broschüre auf Seite vier abgebildet. Das Material solle in Zukunft noch in weiteren Forschungsprojekten ausgewertet werden, so Urban. Es gebe Aufschluss über Aspekte des Nationalsozialismus, die sich bis heute nicht in Schulbüchern finden. »Der ITS möchte gemeinsam mit dem Centrum Judaicum dieses Potenzial nutzen und Aktivitäten bündeln beziehungsweise koordinieren.«

Im Januar 1939 wurde auf Anordnung Hermann Görings die »Reichsvereinigung der Juden« in Deutschland gegründet. Diese war eine Zwangsorganisation, der sämtliche im »Altreich« lebenden deutschen und staatenlosen Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen als Juden galten, angehören mussten. Sie war für alle Lebensbereiche der Juden zuständig. Zugleich diente sie als Verbindungsstelle zwischen Staat und jüdischer Bevölkerung, über die die Arbeit der jüdischen Einrichtungen überwacht sowie die antisemitischen Diskriminierungsmaßnahmen bekannt gemacht wurden.

Im Vorwort der Broschüre heißt es: »Es handelt sich nicht nur um Zehntausende Kärtchen, sondern um Zehntausende Lebensspuren. Es wurden z. B. Schüler registriert oder die Auswanderung von Juden festgehalten, ebenso Sterbefälle oder sogar die sogenannte ›Evakuierung‹, d.h. die Deportation. Obwohl es nur die Reste dieser Karteien sind, ist hier eine wertvolle Quelle für die Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland nach 1933 vorhanden.« ja

www.its-arolsen.org

Genetik

Liegt es in der Familie?

Eierstockkrebs ist schwer zu erkennen. Warum ein Blick auf den Stammbaum nützen kann

von Nicole Dreyfus  23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Stefan Wimmer  23.11.2025

Aufgegabelt

Linsenpfannkuchen von König David

Rezept der Woche

von Jalil Dabit, Oz Ben David  22.11.2025

TV-Tipp

TV-Premiere: So entstand Claude Lanzmanns epochaler Film »Shoah«

Eine sehenswerte Arte-Dokumentation erinnert an die bedrückenden Dreharbeiten zu Claude Lanzmanns Holocaust-Film, der vor 40 Jahren in die Kinos kam

von Manfred Riepe  21.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  21.11.2025

TV-Kritik

Allzu glatt

»Denken ist gefährlich«, so heißt eine neue Doku über Hannah Arendt auf Deutsch. Aber Fernsehen, könnte man ergänzen, macht es bequem - zu bequem. Der Film erklärt mehr als dass er zu begeistern vermag

von Ulrich Kriest  21.11.2025