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»Kompass ohne Norden«

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»Kompass ohne Norden«

Neal Shustermans neuer Roman über seinen Sohn

von Katrin Diehl  10.11.2019 08:44 Uhr

Neal Shusterman saß gerade neben seinem Sohn Brendan und half ihm ein wenig bei dessen Vorbereitungen für ein Schulreferat. Thema: »Der Pazifische Ozean«. Dabei stolperte der Amerikaner über den Ausdruck des »Challengertiefs«, einer Stelle im Marianengraben, die sich rund 11.000 Meter unter dem Meeresspiegel befindet. »Challenger Deep«!

Neal Shusterman, Autor vieler erfolgreicher Jugendbücher, war sich sicher: Diesen Titel würde er irgendwann einmal einem seiner Bände verpassen.

Schizophrenie Dann wurde Brendan, sein Sohn, krank, litt als Teenager immer häufiger unter starken Angstattacken und Halluzinationen. Die Ärzte stellten eine Kombination aus Schizophrenie und bipolarer Störung fest. Brendans Verstand ging auf Reisen. »Dad«, sagte er einmal zu seinem Vater, »manchmal fühle ich mich wie jemand, der bis zum Grund des Ozeans gefallen ist, und ich schreie, aber niemand hört mich.« Brendan musste in die Psychiatrie.

Challenger Deep – so heißt nun das Buch, in dem Neal Shusterman zusammen mit seinem Sohn Brendan zurückreist in diese Zeit höchster Irritation und Verwirrung. Brendan wird im Buch zu Caden, der wie dieser häufig nicht mehr unterscheiden kann zwischen dem, was ihm sein Kopf vorspielt, und dem, was wirklich ist.

Attacke Shusterman ließ sich für das Buch von Brendan dessen Erfahrungswelt erklären, er versuchte, sie festzuhalten, zu fassen. Von Brendan, heute bald 30 Jahre alt und selten ohne lustigen Hut anzutreffen, stammen zudem die geheimnisvollen Zeichnungen, die den Text begleiten. Sie waren während seiner schizophrenen Attacken entstanden.

Ins Deutsche übersetzt wurde aus Challenger Deep der Titel Kompass ohne Norden. Jüngst wurde das Buch mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. »Gut wäre es«, sagte Shusterman bei der Preisverleihung auf der Frankfurter Buchmesse, »wenn sich beim Lesen die einen mit ihrem Leid nicht mehr so alleine fühlen, die anderen erfahren würden, wie es ist, so eine Krankheit zu haben.«

Science-Fiction Neal Shusterman, 1962 in New York in eine »warmherzige, mitfühlende und liebende jüdische Familie« hineingeboren, wie er selbst sagt, ist in der US-Jugendbuchszene ein mit vielen Ehrungen ausgestatteter »Star«. Er hat seine Fans, die voller Ungeduld auf die Fortsetzung seiner Science-Fiction-Geschichten warten.

Kompass ohne Norden schert aus dieser Welt zum Glück aus. Über Brendan heißt es an einer Stelle: »Hätte er in den Tagen der Bibel gelebt, hätte er vermutlich als Prophet gegolten.«

Neal Shusterman: »Kompass ohne Norden«. Hanser, München/Berlin 2018, 352 S., 19 €

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