In dem wunderbaren Film Der Rosenkrieg von 1989 spielen Michael Douglas und Kathleen Turner ein Paar, dessen Ehe gescheitert ist. Doch statt halbwegs zivilisiert auseinanderzugehen, liefern Mann und Frau sich über Monate eine von Hassliebe getriebene Schlacht, die immer weiter eskaliert, bis schließlich beide wortwörtlich tot am Boden liegen.
Tuvia Tenenbom und Volkhard Knigge sind kein Paar, soweit man weiß. Aber das Verhältnis zwischen dem New Yorker Theatermacher und Buchautor (Allein unter Deutschen) auf der einen und dem Leiter der Gedenkstätte Buchenwald auf der anderen Seite hat etwas von einer symbiotischen Beziehung: Man kann nicht miteinander und man kann nicht ohne einander. Seit Monaten liefern Tenenbom und Knigge sich eine öffentliche Schlammschlacht, die kein Ende nehmen will.
Existenzrecht Es begann mit Tenenboms Buch. Dort sollte ein Passus über ein Gespräch mit Knigge stehen, aus dem für Tenenbom hervorging, dass der Gedenkstättenleiter ein verkappter Antisemit sei. Ein Indiz: Knigge trug bei dem Gespräch ein T-Shirt des Jerusalemer »Uganda Club«, eines linken Treffs, dessen Name sich ironisch auf einen Plan im 19. Jahrhundert bezieht, die Juden statt in Eretz Israel in Afrika anzusiedeln. Für Tenenbom ein klarer Beweis, dass Knigge Israels Existenzrecht infrage stelle. Der verweigerte daraufhin die Autorisierung seines Interviews für die deutsche Ausgabe des Buchs.
So bringt man einen Tuvia Tenenbom natürlich nicht zum Schweigen. Im Gegenteil: Bei seiner Buchvorstellungstournee im Februar ritt der Autor lustvoll immer wieder auf dem Thema herum und forderte Knigges Abberufung von seinem Posten. Der Gedenkstättenchef seinerseits mobilisierte seine nicht wenigen Freunde in Wissenschaft und Medien, um Tenenbom als mindestens unseriös, wenn nicht gar als Lügner und Verleumder hinzustellen. Im Übrigen sei »nicht jeder, der die Regierung Israels für ihre Politik gegenüber den Palästinensern« kritisiere, ein Antisemit.
fixierung Damit hätte es gut sein können. Die Argumente, wenn man sie so nennen will, waren ausgetauscht. Die Öffentlichkeit konnte sich ihr Bild machen, sofern die Fehde sie denn interessierte. Doch libidinös Fixierte können nicht voneinander lassen. Knigges Persönlicher Referent kündigte vergangenen Freitag per Pressemitteilung an, dass »im Rahmen der Gedenkfeier aus Anlass des 68. Jahrestages der Befreiung am 14. April 2013 auf dem ehemaligen Appellplatz des KZ Buchenwald« eine Erklärung von Überlebendenverbänden verlesen werde.
Das Thema an diesem symbolträchtigen Tag und Ort? Nicht die Neonazimorde des NSU und/oder der wachsende Antisemitismus, sondern »kommerzieller Missbrauch und politische Instrumentalisierung von KZ-Gedenkstätten« in Gestalt von Knigges Intimfeind. »Seit Dezember 2012 hat Tuvia Tenenbom die Arbeit der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald ... immer wieder in einer Weise öffentlich angegriffen und diffamiert, die uns tief beunruhigt. ... Die Orte unseres Leidens und unseres Widerstands dürfen ... nicht missbraucht werden, so wie dies Herr Tenenbom tut.«
wortgefechte Harsche Worte, auf die Tenenbom sofort mit einer eigenen Presseerklärung reagierte und auf einen Schelm anderthalbe setzte. Volkhard Knigge »rekrutiert alte Buchenwaldüberlebende und missbraucht sie als Kampfhunde«, hieß es aus New York. Der Gedenkstättenchef »versteckt sich hinter ihnen in einer Art und Weise, wie sie den einstigen Sadisten von Buchenwald entspricht«. Und als Quintessenz Tenenboms ceterum censeo: Knigge möge abberufen werden, um »diesen schrecklichen Mann durch einen anständigen Menschen zu ersetzen«.
Soweit die aktuelle Gefechtslage. Als schamfähiger Beobachter möchte man den beiden zurufen: Es reicht! Als Journalist allerdings, der weiß, dass nichts so gern gelesen wird wie böser Klatsch und Tratsch, kann die Quintessenz nur lauten: Jungs, macht weiter so!