Sehen!

Klezmer-Projekt im Kino

Was tut man nicht alles für die Liebe. Da verguckt sich Leandro, ein »mittelmäßiger Kameramann«, wie er beschrieben wird, auf einer Hochzeit, die er filmt, in die Klezmer-Klarinettistin Paloma. Und um mit ihr Zeit verbringen zu können, erzählt er, er arbeite an einem Dokumentarfilm über Klezmer-Musik.

Wie im Film, der ein Stück weit eine Art Reenactment (Nachstellung) ist, wollte das jüdische Regie-Duo Leandro Koch und Paloma Schachmann einen Dokumentarfilm über Klezmer machen, und auch Koch interessierte sich zunächst mehr für seine Kollegin als für die Musik. Ganz bewusst lassen sie in ihrem in der Berlinale-Sektion Encounters als bestes Erstlingswerk ausgezeichneten filmischen Hybrid The Klezmer Project die Grenzen zwischen Fiktion und Dokumentation verschwimmen.

Im Film begeben sie sich von Buenos Aires aus auf Spurensuche ins Dreiländereck Ukraine-Rumänien-Moldau. Sie treffen verschiedene Musikerinnen und Musiker und bieten ihnen eine Bühne, um ihre Werke zu spielen und die Geschichten verschollener Klezmer-Melodien zu erzählen. Überliefert wurden viele Melodien von Roma, die vor dem Zweiten Weltkrieg in jüdischen Nachbarschaften lebten.

Der Film reflektiert verspielt seine Gemachtheit, indem er hinter die Kulissen blicken lässt.

Der Film reflektiert verspielt seine Gemachtheit, indem er hinter die Kulissen blicken lässt. Einmal etwa sitzt ein alter Mann auf einer Bank – und mit einem Schnitt wird klar, dass ihm das, was er sagt, eingeflüstert wird. Ein anderes Mal entpuppen sich die gezeigten Bilder als Film, den sich jemand auf einer Leinwand anschaut.

Historisch gespiegelt wird dieses semifiktionale Mashup aus filmischer Selbstreflexion, musikkultureller Forschung und Roadmovie durch die Geschichte des Totengräbers Yankel und seiner Vergötterten Taibele, die eine Off-Erzählerin auf Jiddisch vorträgt. Es ist die Geschichte einer komplizierten Liebe, denn, so erfahren wir, da Yankel weder reich noch ein Gelehrter war, sei es für ihn schwierig, um die Hand Taibeles, der Tochter des Rabbis im Schtetl, anzuhalten.

Die Liebe für das Experiment und das Interesse am Kuriosen sind The Klezmer Project fest eingeschrieben. Hier legen sich verschiedene, für sich genommen interessante Schichten übereinander und eröffnen einen Raum für Fragen zur Überlieferung von Kultur – aller Schrecken zum Trotz. Doch kann die Kühnheit nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Film in vielen Momenten sperrig und bemüht wirkt und an etlichen Stellen auseinanderfällt.

Der Film läuft ab dem 30. Mai im Kino.

München

Fritz-Neuland-Gedächtnispreis gegen Antisemitismus erstmals verliehen

Als Anwalt stand Fritz Neuland in der NS-Zeit anderen Juden bei. In München wird ein nach ihm benannter Preis erstmals verliehen: an Polizisten und Juristen, die sich gegen Antisemitismus einsetzen

von Barbara Just  30.06.2025

Forschung

Digitales Archiv zu jüdischen Autoren in der NS-Zeit

Das Portal umfasst den Angaben zufolge derzeit rund eine Million gespeicherte Informationen

 30.06.2025

Medien

»Ostküsten-Geldadel«: Kontroverse um Holger Friedrich

Der Verleger der »Berliner Zeitung« irritiert mit seiner Wortwahl in Bezug auf den jüdischen Weltbühne-Gründer-Enkel Nicholas Jacobsohn. Kritiker sehen darin einen antisemitischen Code

von Ralf Balke  30.06.2025

Berlin

Mehr Bundesmittel für Jüdisches Museum

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer betonte, sichtbares jüdisches Leben gehöre zur Mitte der Gesellschaft

 30.06.2025

Großbritannien

Nach Anti-Israel-Eklat bei Glastonbury: BBC gibt Fehler zu

Ein Musiker wünscht während einer BBC-Übertragung dem israelischen Militär von der Festival-Bühne aus den Tod. Die Sendung läuft weiter. Erst auf wachsenden Druck hin entschuldigt sich die BBC

 30.06.2025

Glastonbury-Festival

Anti-Israel-Parolen: Britischer Premier fordert Erklärung

Ein Musiker beim Glastonbury-Festival in England fordert die Menge dazu auf, Israels Militär den Tod zu wünschen. Der Vorfall zieht weite Kreise

 30.06.2025

Essay

Die nützlichen Idioten der Hamas

Maxim Biller und der Eklat um seinen gelöschten Text bei der »ZEIT«: Ein Gast-Kommentar von »WELT«-Herausgeber Ulf Poschardt

von Ulf Poschardt  29.06.2025

Glastonbury

Polizei prüft Videos der Festival-Auftritte auf strafrechtliche Relevanz

Festival-Organisatoren: Parolen von Bob Vylan hätten eine Grenze überschritten

 29.06.2025

Literatur

Österreicherin Natascha Gangl gewinnt Bachmann-Preis 2025

Ihr poetischer Text »DA STA« begibt sich auf die Suche nach den versteckten Spuren eines NS-Verbrechens

 29.06.2025