Wuligers Woche

Kevin heißt jetzt Ben

Foto: Getty Images/iStockphoto

Falls Sie gerade ein Kind erwarten und es ein Junge sein sollte: Nennen Sie ihn bitte nicht Ben! Der Kleine könnte sonst später Probleme bekommen, seine Individualität zu entwickeln. Ben war nämlich, so eine Erhebung der Gesellschaft für deutsche Sprache, im vergangenen Jahr der beliebteste Jungenname in Deutschland. Ihr Sohn liefe Gefahr, in der Kita und der Schule nur einer unter vielen Bens zu sein. Und Variationsmöglichkeiten bietet der Name, außer Benny, auch kaum.

Zudem würden Sie das soziale Fortkommen ihres Nachwuchses gefährden. Ben wird in 15 Jahren wahrscheinlich das sein, was heute Kevin ist, der in den 90er-Jahren populärste deutsche Jungenname und inzwischen Synonym für Prolligkeit: kein Name, sondern eine Diagnose, assoziiert mit Leistungsschwäche oder Verhaltensauffälligkeit.

Beim Namen Leah – hebräisch für »Wildkuh« – wird die biblische Bedeutung den wenigsten Eltern bewusst sein.

JUDENTUM Woher Bens plötzliche Popularität kommt, ist unklar. Noch vor 20 Jahren rangierte er in der Namensgebung unter ferner liefen. Dass die Verbreitung sich einer massenhaften Hinwendung zum Judentum verdankt, kann wahrscheinlich ausgeschlossen werden. Zwar ist Ben – Kurzform von Benjamin, zu Deutsch »Glückskind« – in der Tora der jüngste Sohn von Jakob und Rachel. Aber bei der aktuellen Beliebtheit werden mutmaßlich eher Promis aus dem Showgeschäft Pate gestanden haben: Ben Affleck, Ben Kingsley, Ben Stiller, möglicherweise gar Ben Becker. Nur in seltenen Fällen hat Ben einen gewollt jüdischen Bezug, wie bei dem Oldenburger BDS-Ortsgruppenleiter Christoph Glanz, der sich auf Facebook »Christopher Ben Kushka« nennt.

Was Ben bei Jungen, ist bei Mädchen Lea mit und ohne h am Ende. Auch die erste Frau des Patriarchen Jakob rangiert in den Top Ten der aktuellen deutschen Namensgebung. Und auch hier wird die biblische Bedeutung – Leah, hebräisch für »Wildkuh« – den wenigsten Eltern bewusst sein. Die Linguistin Frauke Rüdebusch von der Gesellschaft für deutsche Sprache vermutet, dass der Name eher wegen seines schönen Klanges so beliebt ist.

Ich hatte einen Großonkel, der den damals im polnischen jüdischen Bürgertum beliebten Vornamen Adolf bekam.

»SCHANGTALL« Doch wie bei Ben könnte die neue Popularität zu Kollateralschäden führen. Lea droht durch die massenhafte Verbreitung die neue Chantal zu werden. Zwar leichter auszusprechen als »Schangtall«, aber unterschichtig konnotiert. Nicht, dass in 20 Jahren ein neuer Mario Barth ätzt: »Lea – was ist denn das für ein Name? Entweder die kommt aus’m Osten oder die macht Pornos.«

Und wie sollten Sie nun Ihr Kind nennen? Folgen Sie jedenfalls möglichst keinem aktuellen Trend. Das geht meistens schief. Ich hatte einen Großonkel, der, um 1910 in Warschau geboren, den damals im polnischen jüdischen Bürgertum beliebten Vornamen Adolf bekam. Aus verständlichen Gründen nannte er sich nach seiner Alija dann lieber Adash. Da ist mir mein eigener unverfänglicher Name lieber.

Obwohl, ich sehe gerade eine Vornamensliste von Messerstechern, die die saarländische AfD-Fraktion beim dortigen Innenministerium angefragt hatte. Auf Platz eins steht Michael.

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