Karl Kraus und Georg Jahoda

Karl Kraus und sein Korrektor

Karl Kraus und Georg Jahoda

Karl Kraus und sein Korrektor

Eine Beziehung zwischen Autor und Drucker

von Daniel Hoffmann  31.10.2023 15:08 Uhr

Wie spannend, geradezu aufregend die satz- und drucktechnische Realisierung der von 1899 bis 1936 erschienenen, berühmten österreichischen Zeitschrift »Die Fackel« gewesen ist, zeigt die in Briefen, Karten, Telegrammen und Zetteln dokumentierte und vom Herausgeber Friedrich Pfäfflin sachkundig kommentierte Darstellung der Beziehung zwischen Karl Kraus und seinem Drucker und Verleger Georg Jahoda über einen Zeitraum von 25 Jahren, von 1901 bis 1926.

In einem Vorspiel wird auch der erste Drucker Moriz Frisch und in einem Nachspiel Jahodas Sohn Martin als Drucker für die letzten zehn Jahre bis zu Krausʼ Tod 1936 behandelt. Pfäfflin hat jedes schriftliche Zeugnis dieser freundschaftlichen Beziehung mit einer eigenen Überschrift versehen, deren manchmal ironische oder amüsante Formulierung vermittelt, dass man sich hier keineswegs mit einer trockenen Angelegenheit befasst, sondern einer, die neben ihrer Ernsthaftigkeit auch eine Menge inspirierenden Esprit besitzt.

Die »täglichen Gefährdungen seiner Texte«, die der Herstellungsvorgang seiner Zeitschrift für Kraus bedeutete, griffen in das Herzstück seiner publizistischen Angriffe gegen die österreichische Presselandschaft ein, nämlich in die »Sorge für das Wort«, das es auf die Wahrheit der Sache hin zu fassen galt. Bei einem derartig peniblen Autor, wie Kraus es war, konnte ihm kein Mensch in seiner Fehlbarkeit genügen. Das wird immer wieder in der außerordentlichen Beziehung zwischen Kraus und seinem Drucker Jahoda deutlich.

Komik und feine Ironie

Die Bloßstellung von Fehlern durch Kraus hatte aber auch eine komische Seite, der Jahoda mit feiner Ironie zu antworten wusste. Die Umwandlung des »von allen Seiten her Durchdachten in ein Kunstwerk der Sprache« besaß für Kraus eine gefahrvolle Schwelle: den Druckvorgang, dem er sein Werk anvertrauen musste. Durch die Druckmaschine sah er es seiner peniblen Kontrolle entrissen.

Krausʼ Satz »Der Korrektor ist der Dichter« ergänzt Pfäfflin zu der Einsicht »Erst der Korrektor ist der Dichter«. Es ist die Crux des Autors Kraus, dass er sich erst im letzten Korrekturgang als Dichter hervortreten sah, durch den sein Werk ihm aber aus den Händen glitt und an das Publikum überging. Diese und weitere, auch anekdotische Einblicke in eine fruchtbare Zusammenarbeit zeigt Pfäfflins außergewöhnliches Buch.

»Karl Kraus und Georg Jahoda: Der Satiriker und sein Drucker und Verleger.« Briefe, Karten, Telegramme, Zettel. Herausgegeben von Friedrich Pfäfflin. Wallstein, Göttingen 2023, 360 S., 42 €

Rezension

Großer Stilist und streitbarer Linker

Hermann L. Gremliza gehört zu den Publizisten, die Irrtümer einräumen konnten. Seine gesammelten Schriften sind höchst lesenswert

von Martin Krauß  25.12.2025

Glastonbury-Skandal

Keine Anklage gegen Bob-Vylan-Musiker

Es lägen »unzureichende« Beweise für eine »realistische Aussicht auf eine Verurteilung« vor, so die Polizei

 24.12.2025

Israel

Pe’er Tasi führt die Song-Jahrescharts an

Zum Jahresende wurde die Liste der meistgespielten Songs 2025 veröffentlicht. Eyal Golan ist wieder der meistgespielte Interpret

 23.12.2025

Israelischer Punk

»Edith Piaf hat allen den Stinkefinger gezeigt«

Yifat Balassiano und Talia Ishai von der israelischen Band »HaZeevot« über Musik und Feminismus

von Katrin Richter  23.12.2025

Los Angeles

Barry Manilow teilt Lungenkrebs-Diagnose

Nach wochenlanger Bronchitis finden Ärzte einen »krebsartigen Fleck« in seiner Lunge, erzählt der jüdische Sänger, Pianist, Komponist und Produzent

 23.12.2025

Hollywood

Ist Timothée Chalamet der neue Leonardo DiCaprio?

Er gilt aktuell als einer der gefragtesten Schauspieler. Seine Karriere weckt Erinnerungen an den Durchbruch des berühmten Hollywood-Stars - der ihm einen wegweisenden Rat mitgab

von Sabrina Szameitat  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

Meinung

Der Missbrauch von Anne Frank und die Liebe zu toten Juden

In einem Potsdamer Museum stellt der Maler Costantino Ciervo das jüdische Mädchen mit einer Kufiya dar. So wird aus einem Schoa-Opfer eine universelle Mahnfigur, die vor allem eines leisten soll: die moralische Anklage Israels

von Daniel Neumann  21.12.2025

Film

Spannend, sinnlich, anspruchsvoll: »Der Medicus 2«

Nach zwölf Jahren kommt nun die Fortsetzung des Weltbestsellers ins Kino

von Peter Claus  21.12.2025