Jazz

Indisch-israelische Improvisationen

»Die Zeit anhalten«: Oded Tzur Foto: Enja

Jazz

Indisch-israelische Improvisationen

Der Tel Aviver Saxofonist Oded Tzur legt mit »Like a Great River« sein Debütalbum vor

von Jonathan Scheiner  07.07.2015 20:34 Uhr

Das Reservoir an jungen Israelis, die nicht nur einen ureigenen Ton gefunden haben, sondern auch international in der ersten Liga des Jazz spielen, scheint unerschöpflich. Jüngstes Beispiel ist der Saxofonist Oded Tzur, von dem man bis dato kaum Notiz genommen hatte. Doch nun liegt mit Like a Great River sein Debütalbum vor – und man ist ein wenig ratlos, wie sich eine derartige Virtuosität so gut verstecken konnte, als käme sie aus dem Nichts.

Das Album umfasst gerade einmal fünf Songs. Zwei davon sind weniger als drei Minuten lang, wovon ein Stück eine Improvisation darstellt, die am Tag der Studioaufnahme in New York mitgeschnitten wurde. Die übrigen drei Songs sind mehr als zehn Minuten lang und weisen damit schon darauf hin, worum es im Kern geht: um ein ausgedehntes Zusammenspiel von vier hochbegabten Musikern.

unaufgeregt Als Spielgefährten hat sich Oded Tzur den griechischen Bassisten Petros Klampanis ausgewählt und ihm zwei israelische Musiker zur Seite gestellt, die aufs Beste aufeinander abgestimmt sind: den Pianisten Shai Maestro und den Schlagzeuger Ziv Ravitz. Das Zusammenspiel der Musiker rollt wie von selbst dahin. Tzurs Kompositionen sind in einem auffallend ruhigen, unaufgeregten Ton gehalten, wie ein großer Fluss eben, wie es der Albumtitel nahelegt.

Like a Great River ist jedoch kein weiteres Jazzalbum »Made in Israel« in dem Sinne, dass die Musiker einer israelischen Klangfarbe folgten, weil sie von den Klängen ihrer Heimat beeinflusst wurden. Vielmehr sind Oded Tzurs Kompositionen in der Melodik Indiens verwurzelt. Und das ist keine Attitüde eines Avantgardisten, sondern betrifft die Mikrotonalität seines Spiels. Auf dem »westlichen« Saxofon jedenfalls ist diese schwer zu spielen. Kein Wunder, dass Tzur ausgerechnet den Flötisten Hariprasad Chaurasia als Vorbild nennt. Der Inder ist Jazz-Fans spätestens seit der wegweisenden Fusion-Band Shakti und seinen Ost-West-Grenzgängen mit Jan Garbarek bekannt.

Ganz zufällig ist diese Verehrung natürlich nicht, denn Oded Tzur hat ab 2007 am Rotterdamer Konservatorium studiert, wo Chaurasia künstlerischer Leiter der Abteilung für klassische nordindische Musik war. Nur folgerichtig hat der Meister das Kompliment postwendend zurückgegeben: »Wenn jemand einen Vorhang vor Oded zuziehen würde, könnte man nicht sagen, welches Instrument er gerade spielt«.

Fundraising Seltsamerweise stieß Oded Tzur mit seiner Musik zunächst auf taube Ohren. Der Saxofonist musste sein Debütalbum selbst finanzieren. Das Fundraising via »Kickstarter« war am Ende aber erfolgreich, und er konnte sich einen Tag im New Yorker Avatar-Studio leisten.

Das Album erscheint nun auf dessen Münchner Label Yellow Bird/ Enja. Wer die Band live sehen will, muss noch ein wenig warten oder am 25. August zum Record-Release-Konzert nach New York reisen – in die Wahlheimat von Oded Tzur, Shai Maestro und vieler anderer Jazzmusiker aus Israel.

Oded Tzur: »Like a Great River«. Yellow Bird/Enja 2015
www.jazzrecords.com

Computerspiel

Lenny Kravitz wird James-Bond-Bösewicht

Als fieser Schurke will der Musiker im kommenden Jahr dem Agenten 007 das Leben schwer machen – allerdings nicht auf der Kinoleinwand

 12.12.2025

Berlin

Jüdisches Museum bekommt zusätzliche Förderung

Das Jüdische Museum in Berlin gehört zu den Publikumsmagneten. Im kommenden Jahr feiert es sein 25. Jubiläum und bekommt dafür zusätzliche Mittel vom Bund

 12.12.2025

Aufgegabelt

Latkes aus Dillgürkchen

Rezepte und Leckeres

 12.12.2025

Kulturkolumne

Lieber Chanukka als Weihnachtsstress?

Warum Juden es auch nicht besser haben – was sich spätestens an Pessach zeigen wird

von Maria Ossowski  12.12.2025

Kommerz

Geld oder Schokolade?

Der Brauch, an den Feiertagen um Münzen zu spielen, hat wenig mit den Makkabäern oder dem traditionellen Chanukkagelt zu tun. Der Ursprung liegt woanders

von Ayala Goldmann  12.12.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Singend durch Paris oder Warum unser Chanukka-Song der beste ist

von Nicole Dreyfus  12.12.2025

Literatur

Deutsch-Hebräischer Übersetzerpreis für Helene Seidler

Die Schriftstellerin wurde für die Übersetzung des Romans »Unter Freunden stirbt man nicht« von Noa Yedlin ausgezeichnet

 12.12.2025

Zürich

Protest gegen ESC-Teilnahme Israels: Nemo gibt Pokal zurück

Mit der Zulassung Israels verrate der Gesangswettbewerb seine Werte von »Einheit, Inklusion und Würde für aller Menschen«, so Nemo

 12.12.2025

Meinung

Nemo unverbesserlich

Nemo gibt mit Rückgabe der ESC-Siegertrophäe auch Haltung ab. Statt Rückgrat zu zeigen, schwimmt das Schweizer Gesangswunder von 2024 im postkolonialen Strom mit

von Nicole Dreyfus  12.12.2025