Bildband

Im Angesicht meiner Feinde

Rund 170.000 Juden lebten Anfang 1933 in Berlin: Prominente aus Politik, Kultur und Gesellschaft waren darunter, Unternehmer, Ärzte, Anwälte, Richter, aber auch viele kleine Geschäftsleute, Angestellte, Beamte und Arbeiter. Fast alle waren voll integriert in die Mehrheitsgesellschaft, verstanden sich als Deutsche. Damit war es mit dem 30. Januar schlagartig vorbei. Die Nazis setzten sofort ihr Programm der »Entjudung« der deutschen Gesellschaft konsequent um.

Es begann im April 1933 mit dem Boykott jüdischer Läden und der Entlassung aller Juden aus dem öffentlichen Dienst. Es folgten in diesem und den folgenden Jahren Zugangsbeschränkungen für Schulen und Universitäten, Berufsverbote, Entzug der Zulassung für Rechtsanwälte und Ärzte, »Arisierungen«. Das auf seine erfolgreiche Assimilation so stolze deutsche Judentum wurde systematisch ausgegrenzt und auf sich selbst zurückgeworfen.

selbstbehauptung Auch der 1901 in Lodz geborene Pressefotograf Abraham Pisarek durfte seit 1933 seinen Beruf nicht mehr ausüben. Einzig für jüdische Medien konnte er noch arbeiten. So entstanden von 1933 bis zur Zwangsauflösung aller noch existierenden jüdischen Institutionen im Reich 1941 Tausende von Bildern, in denen Pisarek festhielt, wie die Berliner Juden unter widrigsten Umständen dennoch versuchten, weiterzuleben.

Bei der Berliner Edition Braus ist Ende 2012 eine von Joachim Schlör herausgegebene Auswahl mit 109 dieser Fotos erschienen. Es sind Dokumente der Entrechtung und systematischen Diskriminierung. Aber – und das gibt den Bildern ihren besonderen Wert – es sind gleichzeitig auch und vor allem Zeugnisse des Selbstbehauptungswillens und des Kampfs um die Bewahrung der kollektiven und individuellen Würde »im Angesicht meiner Feinde« (Psalm 23).

Pisarek dokumentiert das religiöse, kulturelle und sportliche Leben, zeigt Schulen, soziale Einrichtungen und Familien. Ein Schwerpunkt liegt auf der Emigration. 110.000 Berliner Juden gelang nach 1933 die Auswanderung. Rund 55.000 konnten sich nicht retten und wurden ermordet. Nur ein Prozent überlebte in Berlin, unter ihnen Abraham Pisarek. Er arbeitete nach der Befreiung als Theaterfotograf im Osten der Stadt und starb 1983.

»Jüdisches Leben in Berlin 1933–1941. Fotografien von Abraham Pisarek«. Herausgegeben und mit einem Essay von Joachim Schlör. Edition Braus, Berlin 2012, 192 S., 109 Abb., 39,95 €

Roman

Unter den Dächern von Paris

Fast 100 Jahre nach ihrem Entstehen erscheint Sebastian Haffners berührende Liebesgeschichte

von Alexander Kluy  19.08.2025

Frankfurter Buchmesse

Das sind die Nominierten für den Deutschen Buchpreis

Mehr als 200 Romane wurden gesichtet, 20 landeten nun auf der Longlist, darunter »Russische Spezialitäten« von Dmitrij Kapitelman

 19.08.2025

Imanuels Interpreten (12)

Paula Abdul: Die Tänzerin

Die auch als Sängerin, Schauspielerin und Geschäftsfrau bekannte kalifornische Jüdin führt ein abwechslungsreiches Leben – Verbindungen zu Isaac Herzog, Sacha Baron Cohen und einem Cartoon-Kater inklusive

von Imanuel Marcus  19.08.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Grün, blau, lila und die Geschichte einer Kommode

von Nicole Dreyfus  18.08.2025

Studie

Schuld und Zuweisung

Esra Özyürek hat mit ihrem Buch einen weiteren Beitrag zur Debatte um Erinnerungskultur in der Einwanderungsgesellschaft geleistet. Neu ist daran wenig

von Monika Albrecht  18.08.2025

TV-Tipp

»Die Akte General« über NS-Verbrechen und die Nachkriegsjustiz

In der Nachkriegszeit verfolgte der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer NS-Verbrecher und initiierte die Auschwitz-Prozesse. Der Film von 2015, der nun im Fernsehen ausgestrahlt wird, setzt dem Nazi-Jäger ein facettenreiches Denkmal

 18.08.2025

Tel Aviv

Gal Gadot trifft Geiselfamilien

Die Darstellerin zeigt seit den Massakern und Geiselnahmen vom 7. Oktober 2023 und dem damit von der Hamas begonnenen Krieg Solidarität mit Israel und den Geiseln. Damit handelt sie sich auch Kritik ein

von Sara Lemel  18.08.2025

Fernsehen

»Die Fabelmans«: Steven Spielbergs Familiengeschichte als TV-Premiere

In »Die Fabelmans« erzählt der jüdische Star, wie er vom Film-begeisterten Sammy zu einem jungen Regisseur heranwuchs

von Rüdiger Suchsland  17.08.2025

Forum

Leserbriefe

Kommentare und Meinungen zu aktuellen Themen der Jüdischen Allgemeinen

 17.08.2025