Dresden

Ikonische Bilder

Die Lebensgeschichte des Fotografen Fred Stein ist kaum bekannt. Seine Bilder dagegen schon: Ein Schwarz-Weiß-Porträt von Albert Einstein aus dem Jahr 1946 ist wohl das bekannteste Werk des gebürtigen Dresdners. Was nur wenige wissen: Der große Physiker hatte dem Fotografen dafür nur zehn Minuten Zeit eingeräumt.

Einstein und Stein hatten nicht nur ähnliche Namen, sondern auch weitere Gemeinsamkeiten: Beide waren deutsche Juden, die vor den Nationalsozialisten ins Ausland flüchten mussten und in Amerika berühmt wurden.

Fred Stein wurde 1909 als Sohn eines Rabbiners in Dresden geboren. Schon früh opponierte der Jurist und Sozialist gegen die NS-Herrschaft. Als Rechtsanwalt wurde er nicht zugelassen. Weil die SS ihm nachstellte, floh Stein 1933 mit seiner Frau Liselotte nach Paris, wo er sich als Fotograf betätigte.

Mit der Leica, die er und seine Frau als gemeinsames Hochzeitsgeschenk gekauft hatten, ging er auf die Straße, um Szenen des Pariser Stadtlebens festzuhalten. Auch als Porträtfotograf machte Stein sich schnell einen Namen und lernte so einige der führenden Persönlichkeiten Europas kennen.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Als Deutschland 1939 Frankreich den Krieg erklärte, wurde er in ein Internierungslager für feindliche Ausländer in der Nähe von Paris gesteckt. Doch ihm gelang die Flucht nach Südfrankreich. In Marseille traf er seine Frau und seine Tochter wieder. Im Mai 1941 gingen die drei an Bord eines der letzten Schiffe, die Frankreich noch verlassen konnte. An Bord waren auch Steins Leica-Kamera und einige Negative seiner Bilder.

Die Familie ließ sich in New York nieder, wo Fred Stein Schriftsteller, Künstler, Wissenschaftler, Politiker und Philosophen traf und fotografierte, darunter auch Exilanten wie Hannah Arendt, die Stein gleich mehrfach porträtierte. Außerdem lief er durch die Straßen der Metropole und dokumentierte das pulsierende Leben der Stadt. Stein legte großen Wert auf Authentizität: Er fotografierte mit natürlichem Licht und vermied aufwendige Inszenierungen und dramatische Effekte. Seine Bilder retuschierte er nicht.

1967 starb Fred Stein im Alter von nur 58 Jahren. Er hatte es zu einiger Bekanntheit gebracht; seine Porträts und Reportagen waren in Zeitungen, Magazinen und Büchern auf der ganzen Welt erschienen. Noch zu Lebzeiten hatte Stein Ausstellungen mit seinen Bildern gemacht. Doch erst posthum wurden diese so richtig berühmt: Nicht nur das Einstein-Porträt, sondern auch viele andere Stein-Fotos sind heute ein wichtiger Teil der 200-jährigen Geschichte der Fotografie.

In seiner Geburtsstadt Dresden findet diese Woche die Deutschlandpremiere des Films »Out of Exile: The Photography of Fred Stein« (USA, 2021) statt. Produziert und gefilmt hat die Dokumentation Steins Sohn Peter, dem auch daran gelegen war, nicht nur die Leidensgeschichte seines Vaters, sondern auch dessen humorvolle Seite zu zeigen. Zu sehen ist der Film am Dienstag dieser Woche im Dresdner Programmkino Ost.

Bei der Deutschlandpremiere wird auch Peter Stein anwesend sein, der im Anschluss an die Filmvorführung Rede und Antwort stehen wird. Weitere Vorstellungen an gleicher Stelle sind für den 13. und den 27. Dezember geplant. mth

Erinnerungskultur

»Algorithmus als Chance«

Susanne Siegert über ihren TikTok-Kanal zur Schoa und den Versuch, Gedenken neu zu denken

von Therese Klein  07.11.2025

Erinnerung

Stimmen, die bleiben

Die Filmemacherin Loretta Walz hat mit Überlebenden des KZ Ravensbrück gesprochen – um ihre Erzählungen für die Zukunft zu bewahren

von Sören Kittel  07.11.2025

New York

Kanye West bittet Rabbi um Vergebung

Der gefallene Rapstar Kanye West hat sich bei einem umstrittenen Rabbiner für seine antisemitischen Ausfälle entschuldigt

 07.11.2025

Rezension

Mischung aus Angst, alptraumhaften Erinnerungen und Langeweile

Das Doku-Drama »Nürnberg 45« fängt die Vielschichtigkeit der Nürnberger Prozesse ein, erzählt weitgehend unbekannte Geschichten und ist unbedingt sehenswert

von Maria Ossowski  07.11.2025

Interview

Schauspieler Jonathan Berlin über seine Rolle als Schoa-Überlebender und Mengele-Straßen

Schauspieler Jonathan Berlin will Straßen, die in seiner Heimat Günzburg nach Verwandten des KZ-Arztes Mengele benannt sind, in »Ernst-Michel-Straße« umbenennen. Er spielt in der ARD die Rolle des Auschwitz-Überlebenden

von Jan Freitag  07.11.2025

Paris

Beethoven, Beifall und Bengalos

Bei einem Konzert des Israel Philharmonic unter Leitung von Lahav Shani kam es in der Pariser Philharmonie zu schweren Zwischenfällen. Doch das Orchester will sich nicht einschüchtern lassen - und bekommt Solidarität von prominenter Seite

von Michael Thaidigsmann  07.11.2025

TV-Tipp

Ein Überlebenskünstler zwischen Hallodri und Held

»Der Passfälscher« ist eine wahre und sehenswerte Geschichte des Juden Cioma Schönhaus, der 1942 noch immer in Berlin lebt

von Michael Ranze  07.11.2025

Provenienzforschung

Alltagsgegenstände aus jüdischem Besitz »noch überall« in Haushalten

Ein Sessel, ein Kaffeeservice, ein Leuchter: Nach Einschätzung einer Expertin sind Alltagsgegenstände aus NS-Enteignungen noch in vielen Haushalten vorhanden. Die Provenienzforscherin mahnt zu einem bewussten Umgang

von Nina Schmedding  07.11.2025

Interview

»Mascha Kaléko hätte für Deutschland eine Brücke sein können«

In seinem neuen Buch widmet sich der Literaturkritiker Volker Weidermann Mascha Kalékos erster Deutschlandreise nach dem Krieg. Ein Gespräch über verlorene Heimat und die blinden Flecken der deutschen Nachkriegsliteratur

von Nicole Dreyfus  07.11.2025