Podcast

»Ich setze auf Neugierde«

Sarah Borowik-Frank Foto: pr/Biberacher Filmfestspiele

Frau Borowik-Frank, Sie sind eine von fünf Finalistinnen beim Podcast-Wettbewerb »Originals gesucht!« Was macht Sie zum Original?
Ich denke, dass gar nicht mal so sehr ich als viel mehr mein Konzept ein Original ist, denn ich möchte Wissen über das jüdische Leben spielerisch vermitteln.

Gibt es da noch Nachholbedarf?
Aus der Bildungsarbeit weiß ich, dass es eklatante Wissenslücken gibt. Einige Menschen wissen nicht einmal, dass es Rabbinerinnen gibt, kennen Regina Jonas nicht, sind aber neugierig. Und an diese Neugier möchte ich mit meinem Podcast anknüpfen. Ich möchte etwas produzieren, worauf die Leute Bock haben.

Ihr Podcast heißt »Hustle Tov«. Wen möchten Sie damit ansprechen?
Eigentlich ist der Podcast aus dem Wunsch entstanden, mit anderen Jüdinnen und Juden nicht nur über Antisemitismus zu sprechen. Ich bin am Menschen interessiert, möchte mich mit Young oder Senior Professionals über ihre Jobs und ihre Ansichten unterhalten.

In einem Hörbeispiel geht es um Basics im Judentum. Welche Basics sind Ihnen wichtig?
Die Feiertage, die Bräuche, der Schabbat. Mich interessieren auch die Fragen drumherum. Also: Warum brauchen wir beispielsweise die Option, Klausuren an einem anderen Tag schreiben zu können, wenn diese am Schabbat stattfinden?

Sie haben das Attentat in Halle als Wendepunkt für sich persönlich bezeichnet.
Dieses Attentat tut mir weh und lässt mich immer noch erschaudern. Ich hoffe, dass das höchste Strafmaß verhängt wird. Wichtiger allerdings ist noch die Frage: Was lernt Deutschland daraus? Was lernt die Gesellschaft aus dieser Tat? Erst kürzlich habe ich mich mit jemandem unterhalten, der von diesem Attentat nichts wusste. So etwas macht mich sehr nachdenklich.

Sie nehmen mit dem Projekt »Youpedia« im Themenjahr »Neun Jahrhunderte Jüdischen Leben in Thüringen« teil.
Junge Schüler sollen dabei Kultur und Geschichte entdecken. Von Jugendliche für Jugendliche. Mit meinem Kollegen Frank Labitzke leite ich ein Projekt, in dem Jugendliche Reportagen, Skizzen und kleine Dokumentarfilme in einer Woche, in der es um jüdisches Leben in Deutschland geht, anfertigen.

Sie haben vorhin Rabbinerin Regina Jonas erwähnt. Was fasziniert Sie an dieser Frau?
Ich finde sie unglaublich mutig und großartig für eine Frau ihrer Zeit. Sie argumentierte halachisch, warum Frauen Rabbinerinnen werden können. Das hat mich sehr beeindruckt. Ein anderer Punkt ist: Sie hat, nachdem sie ins KZ Theresienstadt deportiert wurde, dort gepredigt. In den grausamsten Stunden hat sie mit ihren Predigten den Menschen versucht, etwas Hoffnung zu geben. Das imponiert mir sehr.

Sie kamen im sächsischen Zittau zur Welt. Für Sie wurde von einer privaten Initiative ein Baum gepflanzt, dessen Ort allerdings geheim bleiben soll. Wie geht es Ihnen damit?
Ich habe das mit dem Baum damals durch das Stadtarchiv erfahren. Ich war offenbar die erste Jüdin, die in dieser Stadt nach der Schoa geboren wurde. Für mich ist die Tatsache, dass ich nicht mit Freunden und Familie unter diesem Baum – es ist übrigens eine Eiche, soviel kann ich verraten – sitzen kann und ein Picknick darunter machen kann, eine Lesung für meine Großmutter oder ein Bild, sehr beklemmend. Es ist doch nur ein Baum. Und wenn er nicht sicher ist, nur weil er für mich als Jüdin steht, wie sicher sind dann erst die Juden hier?

Mit Sarah Borowik-Frank sprach Katrin Richter.

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  19.10.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Über Wurstmeldungen und andere existenzielle Fragen

von Katrin Richter  19.10.2025

Aufgegabelt

Maroni-Kuchen

Rezepte und Leckeres

von Nicole Dreyfus  19.10.2025

Sachbuch

Ärger am Skopusberg

Yfaat Weiss skizziert die wechselvolle Geschichte der israelischen Exklave in Ost-Jerusalem zwischen 1948 und 1967

von Ralf Balke  19.10.2025

Innovation

Rettung für den Kinneret

Zum ersten Mal weltweit wird entsalztes Wasser in einen Süßwassersee geleitet

von Sabine Brandes  19.10.2025

Sehen!

»Red Alert«

Die Serie will das Geschehen des 7. Oktober in filmische Bilder fassen – die erzählerische Kraft des Vierteilers liegt in der Hoffnung

von Christoph Schinke  19.10.2025

Israel

Warum ich meine gelbe Schleife nicht ablege

Noch immer konnten nicht alle Angehörigen von Geiseln Abschied von ihren Liebsten nehmen

von Sophie Albers Ben Chamo  17.10.2025

Berlin

Neue Nationalgalerie zeigt, wie Raubkunst erkannt wird

Von Salvador Dalí bis René Magritte: Die Neue Nationalgalerie zeigt 26 Werke von berühmten Surrealisten. Doch die Ausstellung hat einen weiteren Schwerpunkt

von Daniel Zander  17.10.2025

Theater

K. wie Kafka wie Kosky

Der Opernregisseur feiert den Schriftsteller auf Jiddisch – mit Musik und Gesang im Berliner Ensemble

von Christoph Schulte, Eva Lezzi  17.10.2025