Amsterdam

Hier wurde Gewissensfreiheit garantiert

Königin Beatrix in der Portugiesischen Synagoge in Amsterdam, 2011 Foto: Ruud van Zwet, 2011. Joods Historisch Museum

An der Wand des dunklen Raumes der Ausstellung Juden und das Haus Oranien im Jüdisch-Historischen Museum in Amsterdam hängen riesige Porträts der niederländischen Statthalter seit dem 16. Jahrhundert sowie der Oberhäupter des niederländischen Königshauses Oranien-Nassau. Fast wie ein Schutzwall wirkt die Aneinanderreihung ihrer Gesichter. Sie sind Teil der 400 Jahre andauernden gemeinsamen Geschichte mit den jüdischen Gemeinden des Landes.

Da die Oranier für die Juden im 17. Jahrhundert für Freiheit, religiöse Toleranz und Schutz standen, wanderten viele Juden nach Holland ein. Manche von ihnen wurden als Bankiers zu den Geldgebern oder als Diplomaten zu einflussreichen Beratern der Vertreter des Königshauses, das in dieser Zeit seine gerade erlangte Weltmacht mit kostspieligen Kriegen zu sichern suchte.

loyalität Die Zuwendung der jüdischen Gemeinde zum Königshaus wuchs über die Jahrhunderte. Persönliche Zeichen der Loyalität, aber auch offizielle Gesten zeugen davon. Unter den Exponaten in der Mitte des Raumes befinden sich Dankesschreiben der jüdischen Gemeinde auf orangefarbenem Papier und speziell für das Königshaus formulierte Gebete.

Als sich die sozialistische und damit anti-royalistische Bewegung formierte, schlossen sich ihr zwar viele Juden an. Doch wegen der antisemitischen Stimmung in Deutschland blieb die jüdische Gemeinde den Oraniern doch treu, denn sie versprach sich von ihnen bis hinein in die Zeiten des Holocaust weiterhin Schutz.

Die Ausstellung in Amsterdam ist recht klassisch kuratiert. Lose Trennwände separieren die einzelnen historischen Phasen, Informationstafeln auf Niederländisch und Englisch befinden sich neben Exponaten des jüdischen Lebens in Verbindung zum Königshaus.

Da sind Ölbilder, Vasen, Urkunden, religiöse Utensilien wie Tora-Röcke oder Tora-Hüllen, auf die das Oranier-Wappen gestickt ist. Zu sehen ist auch eines der zwei Sofas, die normalerweise in der Portugiesischen Synagoge nebenan stehen und auf denen traditionellerweise das Oberhaupt des Königshauses Platz nimmt, wenn es dort an einer Veranstaltung teilnimmt oder an einem Hohen Feiertag anwesend ist. Mediale Komponenten der Ausstellung sind Hörstationen mit Aussagen von Zeitzeugen sowie Radioansprachen und historische Filmaufnahmen.

königin Zu sehen ist dabei auch die Rede von Königin Beatrix in der Knesset, in der sie die Niederlande, insbesondere Amsterdam, als einen sicheren und attraktiven Ort für Juden bezeichnete, die vor Verfolgung flohen. Schon im 16. Jahrhundert, im langen Krieg gegen die Spanier, hatte ihr Vorfahr William von Oranien sich für die Gewissens- und Religionsfreiheit eingesetzt. 1579 wurde dieses Prinzip in der Utrechter Union festgehalten, einer Erklärung, die mehrere niederländische Provinzen unterzeichneten.

Zu einer Zeit, als in Europa überall absolutistische Herrscher an der Macht waren und die Verfolgung religiöser Minderheiten zur Tagesordnung gehörte, vertrat die niederländische Republik einen einzigartigen Standpunkt: Sie garantierte Gewissensfreiheit. Die Sicherheit, die damit für sowohl sefardische als auch aschkenasische Juden einherging, ermöglichte es diesen, sich vor allem im 17. Jahrhundert in den Niederlanden niederzulassen. Sie bauten gute Kontakte zum Staat auf. Diese Beziehung schwankte zwar im Laufe der Zeit, blieb aber dennoch eine stabile Basis für die Sicherheit und den Schutz der jüdischen Gemeinde, solange die Oranier an der Macht waren.

Die Ausstellung ist noch bis zum 30. September zu sehen.

Film

Spannend, sinnlich, anspruchsvoll: »Der Medicus 2«

Nach zwölf Jahren kommt nun die Fortsetzung des Weltbestsellers ins Kino

von Peter Claus  25.12.2025

ANU-Museum Tel Aviv

Jüdische Kultobjekte unterm Hammer

Stan Lees Autogramm, Herzls Foto, das Programm von Bernsteins erstem Israel-Konzert und viele andere Originale werden in diesen Tagen versteigert

von Sabine Brandes  25.12.2025

Menschenrechte

Die andere Geschichte Russlands

»Wir möchten, dass Menschen Zugang zu unseren Dokumenten bekommen«, sagt Irina Scherbakowa über das Archiv der von Moskau verbotenen Organisation Memorial

 25.12.2025

Rezension

Großer Stilist und streitbarer Linker

Hermann L. Gremliza gehört zu den Publizisten, die Irrtümer einräumen konnten. Seine gesammelten Schriften sind höchst lesenswert

von Martin Krauß  25.12.2025

Glastonbury-Skandal

Keine Anklage gegen Bob-Vylan-Musiker

Es lägen »unzureichende« Beweise für eine »realistische Aussicht auf eine Verurteilung« vor, so die Polizei

 24.12.2025

Israel

Pe’er Tasi führt die Song-Jahrescharts an

Zum Jahresende wurde die Liste der meistgespielten Songs 2025 veröffentlicht. Eyal Golan ist wieder der meistgespielte Interpret

 23.12.2025

Israelischer Punk

»Edith Piaf hat allen den Stinkefinger gezeigt«

Yifat Balassiano und Talia Ishai von der israelischen Band »HaZeevot« über Musik und Feminismus

von Katrin Richter  23.12.2025

Los Angeles

Barry Manilow teilt Lungenkrebs-Diagnose

Nach wochenlanger Bronchitis finden Ärzte einen »krebsartigen Fleck« in seiner Lunge, erzählt der jüdische Sänger, Pianist, Komponist und Produzent

 23.12.2025

Hollywood

Timothée Chalamet – der neue Leonardo DiCaprio?

Er gilt aktuell als einer der gefragtesten Schauspieler. Seine Karriere weckt Erinnerungen an den Durchbruch des berühmten Hollywood-Stars, der ihm einen wegweisenden Rat mitgab

von Sabrina Szameitat  22.12.2025