Wuligers Woche

Heute kommt kein Weihnachtsmann

Für Juden sind die Weihnachtstage eher fad. Foto: Thinkstock

Und was machen Sie so an Weihnachten? Ich meine jetzt nicht die christlichen Leser. Die haben volles Programm: Gänsebraten, Baum, Geschenke. Und die ganz christlichen gehen anschließend noch um Mitternacht in die Kirche. Aber für Juden sind die Weihnachtstage eher fad.

Das Radio lässt man besser ausgeschaltet. »Noel, Noel, born is the King of Israel« ist keine zionistische Hymne. Und dass »White Christmas« oder »Rudolph, the Red-Nosed Reindeer« mit Irving Berlin und Johnny Marks jüdische Komponisten haben, macht die Lieder auch nicht besser.

glotze In der Glotze sieht es ähnlich flau aus. Dort laufen, wie alle Jahre wieder, die üblichen saisonalen Wiederholungen: Die Feuerzangenbowle, Santa Clause und Der kleine Lord. Ein bisschen mediale Frischware haben die Sender auch im Angebot. Weihnachten in Bethlehem etwa, präsentiert von Markus Lanz beim ZDF am 24. Dezember.

Falls keine palästinensischen »Tage des Zorns« dazwischen funken und die Weisen aus dem Morgenland statt Myrrhe Molotowcocktails mitbringen. Zu Ehren von Christi Geburt werden die Unruhen aber wahrscheinlich kurzzeitig ausgesetzt. Zumal die Araber dem deutschen öffentlich-rechtlichen Fernsehen noch eine Gegenleistung für seine ihnen stets wohlgesonnene Berichterstattung schulden.

Am ersten Feiertag kommt dann bei ARD und ZDF die Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten. Mal schauen, ob aus aktuellem Anlass seine Redenschreiber ihm noch einen markigen Satz gegen Judenhass hineingeschrieben haben: »Für Antisemitismus ist in Deutschland kein Platz« oder so ähnlich.

leipziger allerlei Das ist allerdings empirisch widerlegbar. Möglicherweise kommt deshalb stattdessen eine entschiedene Verurteilung von »Antisemitismus und jede Form von Diskriminierung und Fremdenhass«. Dieses gutmenschliche Leipziger Allerlei heißt übrigens, in normale Sprache übersetzt: Habt euch nicht so, ihr Juden. Anderen Menschen geht es auch schlecht.

Nicht vergessen sollte man in jedem Fall, Lebensmittel und Getränke für drei Tage einzukaufen. Notfalls hat zwar Döner-Ömers Schnellimbiss um die Ecke auch an Weihnachten auf. Aber dort prangt seit Kurzem an der Wand ein großes Bild des Felsendoms in Jerusalem. Man muss kein Türkisch können, um zu ahnen, dass der Schriftzug darüber wahrscheinlich nicht bedeutet »Juden herzlich willkommen«. Aus ähnlichen Gründen fällt dieses Jahr besser auch der Besuch der Multikulti-Weihnachtsdisko im interkulturellen Begegnungszentrum flach.

Wie kriegt man die Zeit vom 24. bis 26. Dezember also einigermaßen herum? Man kann ein gutes Buch lesen. Panikattacken und andere Angststörungen loswerden steht gerade auf der Bestsellerliste. Nächste Ausfahrt Zukunft klingt auch interessant. Schön sind auch immer Gesellschaftsspiele im Familienkreis. In diesem Jahr wird in jüdischen Haushalten vor allem »Ich packe meinen Koffer« gespielt. Oder »Reise nach Jerusalem«. Frohe Feiertage!

Musik

»Piano Man« verlässt die Bühne: Letztes Billy-Joel-Konzert

Eine Ära geht zuende: Billy Joel spielt nach zehn Jahren vorerst das letzte Mal »Piano Man« im New Yorker Madison Square Garden. Zum Abschied kam ein Überraschungsgast.

von Benno Schwinghammer  26.07.2024

Zahl der Woche

16 Sportarten

Fun Facts und Wissenswertes

 26.07.2024

Lesen!

Ein gehörloser Junge und die Soldaten

Ilya Kaminsky wurde in Odessa geboren. In »Republik der Taubheit« erzählt er von einem Aufstand der Puppenspieler

von Katrin Diehl  25.07.2024

Ruth Weiss

»Meine Gedanken sind im Nahen Osten«

Am 26. Juli wird die Schriftstellerin und Journalistin 100 Jahre alt. Ein Gespräch über ihre Kindheit in Südafrika, Israel und den Einsatz für Frauenrechte

von Katrin Richter  25.07.2024

Streaming

In geheimer Mission gegen deutsche U-Boote

Die neue Action-Spionagekomödie von Guy Ritchie erinnert an »Inglourious Basterds«

von Patrick Heidmann  25.07.2024

Bayreuth

Das Haus in der Wahnfriedstraße

Die Debatten um Richard Wagners Judenhass gehen in eine neue Runde. Nun steht sein antisemitischer Schwiegersohn Houston Stewart Chamberlain im Fokus

von Axel Brüggemann  25.07.2024

Sehen!

»Die Ermittlung«

Der Kinofilm stellt den Aussagen der Zeugen die Ausflüchte der Angeklagten gegenüber

von Ayala Goldmann  25.07.2024

Kommentar

Der »Spiegel« schreibt am eigentlichen Thema vorbei

In seiner Berichterstattung über das Abraham-Geiger-Kolleg konstruiert das Magazin eine Konfliktlinie

von Rebecca Seidler  25.07.2024 Aktualisiert

Literatur

Dieses Buch ist miserabel. Lesen Sie dieses Buch!

Eine etwas andere Kurzrezension von Ferdinand von Schirachs Erzählband »Nachmittage«

von Philipp Peyman Engel  24.07.2024 Aktualisiert