Anita Rée

Herrenporträts und Frauenbilder

Eins von insgesamt 200 Bildern in der Hamburger Ausstellung von Anita Rée: »Selbstbildnis« (1930) Foto: dpa

Das Werk der Hamburger Malerin Anita Rée (1885–1933) wird seit dieser Woche erstmals in einer großen Museumsausstellung gezeigt: Die Retrospektive in der Hamburger Kunsthalle präsentiert gut 200 Werke impressionistischer Freilichtmalerei, mediterrane Landschaftsbilder und moderne Bildnisse. Neben Gemälden sind Zeichnungen, bemalte Wandschränke, Postkarten mit Collagen und ein Marionettentheater mit Figuren zu sehen.

Die Menge an Werken sei notwendig, um die Bandbreite der Künstlerin zu zeigen, sagte Kunsthallen-Direktor Christoph Martin Vogtherr bei der Präsentation der Ausstellung vergangene Woche. Die Schau ist bis zum 4. Februar 2018 zu sehen und basiert auf einem Forschungsprojekt zur Maltechnik Rées.

Zugehörigkeit Die Künstlerin mit südamerikanischen Wurzeln greift mit ihren Bildern häufig die Frage nach Identität und Zugehörigkeit auf und wird häufig als Malerin zwischen Tradition und Moderne charakterisiert. Rée stammte aus einer alteingesessenen jüdischen Kaufmannsfamilie aus Hamburg.

Ihre Eltern konvertierten zum Protestantismus, Rée und ihre Schwester wurden evangelisch-lutherisch getauft. Doch bereits kurz nach der Machtübernahme Hitlers wurde die Künstlerin von den Nationalsozialisten verfemt. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie zurückgezogen auf Sylt, wo sie sich 1933 das Leben nahm.

Rée habe in mehrfacher Hinsicht zwischen den Welten gelebt, sagt Kuratorin Karin Schick. »Uns war es aber wichtig, sie nicht als Opfer zu zeigen, sondern als aktive und selbstbewusste Künstlerin.« Sie sei eine regionale Künstlerin mit übernationalem Anspruch gewesen. Im Winter 1912/13 besuchte sie die private Malschule von Arthur Sieblist in Paris, ab 1922 lebte sie für drei Jahre im süditalienischen Positano.

Nach ihrer Rückkehr nach Hamburg habe sich Rée künstlerisch breit entwickelt und sei dann eine gefeierte Künstlerin gewesen. Rée sei eine höhere Tochter und konnte sich aufgrund ihrer Herkunft ein wichtiges Netzwerk aufbauen, so Schick.

themen Die frühesten Bilder der Ausstellung stammen aus dem Jahr 1913. Die Objekte werden chronologisch in elf Sälen präsentiert und sind nach Themen sortiert wie etwa »Sehnsuchtsorte«, »Herrenporträts und Frauenbilder«, »Vertraute Fremde« und »Sylt: Letzte Werke«. Der Raum »Selbst« zeigt ausschließlich Selbstbildnisse, darunter eines von 1930, das auch Titelbild der Ausstellung ist. Die Künstlerin ist darauf als Akt zu sehen mit verschlossenem, melancholischen Blick in einem, so Schick, »verrückten Licht«. Häufig sei dieses Bild als Vorankündigung des Todes interpretiert worden.

Unter der Überschrift »Ferne Paradiese« sind neben farbenfrohen Gemälden von Fabelwesen, die stilistisch an Höhlenmalerei erinnern, mehrere Schränke ausgestellt, auf die Rée mit feinem Pinselstrich bunte Papageien oder Affen gemalt hat. Im Sylt-Saal gibt es vor allem schlichte Landschaftsmalereien in gedämpften Farbtönen von Dünen und Aquarelle von Schafherden und Leuchttürmen.

Zum Ende der Ausstellung soll das überarbeitete Werkverzeichnis, das gemeinsam mit der Kunsthistorikerin Maike Bruhns erarbeitet wurde, veröffentlicht werden. epd/ja

www.hamburger-kunsthalle.de

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  30.11.2025

Fernsehen

Abschied von »Alfons«

Orange Trainingsjacke, Püschelmikro und Deutsch mit französischem Akzent: Der Kabarettist Alfons hat am 16. Dezember seine letzte Sendung beim Saarländischen Rundfunk

 30.11.2025 Aktualisiert

Gerechtigkeit

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz 

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz Jahrzehnte nach Ende des NS-Regimes hoffen Erben der Opfer immer noch auf Rückgabe von damals geraubten Kunstwerken. Zum 1. Dezember starten Schiedsgerichte. Aber ein angekündigter Schritt fehlt noch

von Verena Schmitt-Roschmann  30.11.2025

Berlin

Späte Gerechtigkeit? Neue Schiedsgerichte zur NS-Raubkunst

Jahrzehnte nach Ende der Nazi-Zeit kämpfen Erben jüdischer Opfer immer noch um die Rückgabe geraubter Kunstwerke. Ab dem 1. Dezember soll es leichter werden, die Streitfälle zu klären. Funktioniert das?

von Cordula Dieckmann, Dorothea Hülsmeier, Verena Schmitt-Roschmann  29.11.2025

Interview

»Es ist sehr viel Zeit verloren gegangen«

Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, zieht eine Bilanz seiner Arbeit an der Spitze der »Beratenden Kommission NS-Raubgut«, die jetzt abgewickelt und durch Schiedsgerichte ersetzt wird

von Michael Thaidigsmann  29.11.2025

Hollywood

Die »göttliche Miss M.«

Die Schauspielerin und Sängerin Bette Midler dreht mit 80 weiter auf

von Barbara Munker  28.11.2025

Literatur

»Wo es Worte gibt, ist Hoffnung«

Die israelische Schriftstellerin Ayelet Gundar-Goshen über arabische Handwerker, jüdische Mütter und ihr jüngstes Buch

von Ayala Goldmann  28.11.2025

Projektion

Rachsüchtig?

Aus welchen Quellen sich die Idee »jüdischer Vergeltung« speist. Eine literarische Analyse

von Sebastian Schirrmeister  28.11.2025

Kultur

André Heller fühlte sich jahrzehntelang fremd

Der Wiener André Heller ist bekannt für Projekte wie »Flic Flac«, »Begnadete Körper« und poetische Feuerwerke. Auch als Sänger feierte er Erfolge, trotzdem konnte er sich selbst lange nicht leiden

von Barbara Just  28.11.2025