Kulturkolumne »Shkoyach!«

Hauptsache, richtig verbunden

Foto: Getty Images

Es war die härteste Nachrichtenwoche meines Lebens: Kamala Harris verlor die US-Wahl, Bibi Netanjahu feuerte seinen letzten fähigen Minister, und aus Amsterdam kamen Bilder von Jagden auf Israelis. Gerade deshalb muss ich Ihnen von einem ganz persönlichen Sieg erzählen. Man darf nie aufhören, an das Gute zu glauben! Auch nicht, wenn es um die Telekom geht!

Angefangen hatte der Feldzug des Bösen mit einem Türdrücker, der behauptete, im Namen der Telekom unterwegs zu sein. An jenem verfluchten Tag im Sommer klingelte er am Haus bei meiner Mutter in einer kleinen deutschen Stadt.

Meine Mutter ist Rentnerin, 84 Jahre alt und ein kommunikativer Mensch. Deshalb schöpfte sie keinen Verdacht, als der Türdrücker nett mit ihr plauderte, Einlass ins Haus verlangte, ihren Computer sehen wollte und ihr anschließend – angeblich im Namen der Telekom – einen neuen Telefonvertrag andrehte.

Aber meine Mutter hatte bereits einen Telefonvertrag bei 1&1. Unsere fünfstellige Telefonnummer kenne ich auswendig, seit ich zwölf Jahre alt bin.

Die neue, abscheuliche, neunstellige Nummer konnte sich niemand merken

Im September war meine Mutter wochenlang nicht über Festnetz zu erreichen. Dann alarmierte sie einen IT-Spezialisten, mit dessen Hilfe sie ihren Vertrag bei 1&1 reaktivierte. Daraufhin funktionierte das Festnetztelefon wieder. Allerdings nicht mit unserer guten, alten, vertrauten Nummer, sondern einer neuen, abscheulichen, neunstelligen Nummer, die sich niemand merken konnte, weder meine Mutter noch ihre Freunde oder ich.

In den Herbstferien besuchte ich meine Mutter und bat sie, mir ihre E-Mails zu zeigen. Tatsächlich hatte sie 1&1 aufgefordert, ihre alte Nummer zu »portieren«. 1&1 schrieb zurück, das sei innerhalb von 65 Tagen möglich, allerdings müsse sie die Kündigung des Telekom-Vertrags vorlegen.

Viermal telefonierte ich mit der Telekom, um eine schriftliche Bestätigung zu erwirken. Oder was man heute so telefonieren nennt, wenn man zuerst Maschinen anschreien muss, um zu Menschen durchzudringen. Zwischendrin landete ich bei der Störungsstelle, die meiner Mutter einen Techniker vorbeischickte.

»Alles, was mit T anfängt, kommt aus dem Reich des Bösen. Trump, Techniker, Telekom …«

Das geschah an jenem 5. November, als sich Donald Trumps Wahlsieg abzeichnete. Danach war meine Mutter weder unter der alten noch unter der neuen Nummer zu erreichen. Ich war fertig mit den Nerven: Alles, was mit T anfängt, kommt aus dem Reich des Bösen. Trump, Techniker, Telekom … Und ich hatte die Schurken direkt in unser Haus gelenkt! Zum Glück stellte sich im Laufe des Tages heraus, dass meine Mutter den Hörer nicht aufgelegt hatte. Oder hatte sie vielleicht telefoniert?

Sieben Stunden verbrachte ich in den Warteschleifen von 1&1

Der Kampf ging weiter. Sieben Stunden verbrachte ich in den Warteschleifen von 1&1. Bis ich endlich von der Festnetzabteilung und der DSL-Abteilung zur Portierungsabteilung durchgestellt wurde und eine Bestätigung per E-Mail erbetteln konnte.

Der IT-Spezialist programmierte den Router neu, und unser Traum wurde wahr: Die gute alte Telefonnummer aus den fünf bekannten Ziffern funktioniert wieder! Und sollte morgen die Welt untergehen, kann ich heute noch meine Mutter anrufen.

Genf

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