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Haschisch und Kabbala

Das öffentliche Gezerre um den Suhrkamp-Verlag geht weiter. Wehmütig denkt man da an die guten alten Zeiten unter Siegfried Unseld zurück. Eine Ausstellung im Deutschen Literaturarchiv Marbach (DLA) mit dem schönen Titel Über Haschisch und Kabbala zeigt noch bis 3. März eine interessante Facette des legendären Verlegers. Das Material stammt aus dem Suhrkamp-Verlagsarchiv, das das DLA erworben hat.

Siegfried Unseld, 1933 Hitlerjunge, 1942 als Soldat eingezogen, seit 1959 Suhrkamp-Chef, wollte für sein Verlagsprogramm eine jüdische Sparte, und nahm Kontakt zu dem Kabbalaforscher Gershom Scholem in Jerusalem auf. Ausgerechnet Scholem, der den deutsch-jüdischen Assimilationsgedanken bereits in den frühen 20er-Jahren als Illusion bezeichnet hatte, wurde Autor bei Suhrkamp, zunächst einmal aber Unselds Privatexperte für das Judentum.

philosemitismus Daraus entstand ein wichtiger Teil dessen, was als »Suhrkamp-Kultur« die alte Bundesrepublik geistig mitprägte. Unseld, fasziniert vom Fremden des Judentums, was man »bisweilen auch als unbeholfenen Philosemitismus« bezeichnen kann (so Liliane Weissberg im unbedingt lesenswerten Marbacher Magazin 140), stellte bei der Wahl von Autoren und Texten für Suhrkamp fortan die Intellektualität jüdischer Denker in den Mittelpunkt.

Neben Scholem kamen mit dessen Hilfe auch Walter Benjamin und Theodor W. Adorno ins Verlagsprogramm. Scholem trug die Pläne des deutschen Verlegers ambitioniert mit, nahm dessen Freundschaft an, schrieb Briefe und grüßte mit Karten aus dem Urlaub.

Über Haschisch und Kabbala. Gershom Scholem, Siegfried Unseld und das Werk von Walter Benjamin. Deutsches Literaturarchiv Marbach, bis 5. März. Das gleichnamige »Marbacher Magazin 140« kostet 9 €.

www.dla-marbach.de

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